Was macht den Unterschied im Pokal? Auch Regionalligisten trainieren wie die Profis
Ab und an gibt es Überraschungen und sogar Sensationen, aber in der Regel setzen sich Bundesligisten und Zweitligisten im DFB-Pokal gegen Regionalligisten durch. Was genau macht die Qualitätsunterschiede aus?
Der FC 08 Villingen ist hartnäckig. Zum zwölften Mal wird der Fußballklub aus dem Schwarzwald am Samstag (18.08.2024) versuchen, die zweite Runde des DFB-Pokals zu erreichen. Bislang gelang ihm das nie.
Fünfmal kam das schnelle Aus zwischen 1969 und 1979, die weiteren Versuche starteten die Villinger im aktuellen Jahrhundert. Dreimal schafften sie es in die Verlängerung, aber sowohl der FC Hansa Rostock als auch der FC St. Pauli und Fortuna Düsseldorf setzen sich durch. Beim zwölften Versuch müsste der 1. FC Heidenheim aus dem Weg geräumt werden, ein Bundesligist und Teilnehmer am Europapokal.
Der naheliegendste Grund: "Geld"
So sehr die Überraschungen und Sensationen den Reiz des Wettbewerbs ausmachen, sie kommen selten vor. Die Qualitätsunterschiede sind zu groß, und bei der Suche nach den Gründen nennt Christian Hock zuerst den naheliegendsten: "Geld".
Hock ist Geschäftsführer der Offenbacher Kickers, die zusammen mit dem FC 08 Villingen in der Regionalliga Südwest spielen und seit mehr als einem Jahrzehnt verzweifelt versuchen, wieder in die 3. Liga aufzusteigen, die offiziell als unterste Profiliga gilt.
Christian Hock
Faktisch sind auch die Spieler der Kickers Profis. "Wir haben ein paar, die studieren oder eine Ausbildung machen", sagt Hock, aber der überwiegende Teil des Kaders werde alleine für das Fußballspielen bezahlt. Entsprechend häufig wird auch trainiert. "Da gibt es keine Unterschiede zu den Klubs aus der 2. Liga oder Bundesliga", so Hock im Gespräch mit der Sportschau.
Am Tag nach dem Spiel steht bei den Kickers ein Regenerationstraining und das sogenannte Spielersatztraining für die Spieler an, die gar nicht oder nur kurz zum Einsatz kamen. Zwei Tage nach einem Spiel ist frei, an den anderen Tagen ist mindestens eine Einheit angesetzt.
Vielleicht sogar mehr Trainingsminuten als Spieler von Bayern und Dortmund
Da es viel weniger englische Wochen als für Bundesligaprofis gibt, die im Europapokal vertreten sind, dürften die Offenbacher Profis wie viele andere Regionalliga- und vermutlich auch Oberligaspieler auf mehr Trainingsminuten im Jahr kommen als ihre meistens viel besser bezahlten Kollegen.
Der OFC, Pokalsieger von 1970, spielt am Montag (19.08.2024) in der ersten Runde gegen den 1. FC Magdeburg. Zwei Ligen trennen die beiden Klubs - und etwa zehn Millionen Euro. Bei etwa 2,5 Millionen liegt der Etat des OFC laut Hock, der des Zweitligisten nach Medienberichten bei etwa zwölf Millionen.
"Das macht sich in der Qualität der Spieler bemerkbar", sagt Hock. So einfach sei das.
Christian Hock, 54 Jahre alt, spielte von der Oberliga bis zur Bundesliga (Borussia Mönchengladbach) in allen Ligen, meistens in der 2. Liga beim 1. FSV Mainz 05 - 237-mal. Als Trainer und Manager (überwiegend SV Wehen Wiesbaden) kam er auch in vielen Ligen herum, beim Pokalgegner aus Magdeburg war er von 2022 bis 2023 Sportkoordinator.
Schwieriger Weg aus der Regionalliga nach oben
"Die Qualität in der Regionalliga wird teilweise unterschätzt", sagt er. Die Offenbacher Kickers sind ein gutes Beispiel dafür, wie schwierig es ist, ihr nach oben zu entfliehen. Rot-Weiss Essen nahm häufig Anlauf, auch Alemannia Aachen. Rot-Weiß Erfurt steckt seit sechs Jahren in der vierten Liga fest, rutschte zwischenzeitlich sogar noch tiefer ab. Erfurts Erzrivale Carl Zeiss Jena, Pokalgegner von Meister und Titelverteidiger Bayer Leverkusen, startet den auch schon wieder fünften Versuch.
"Als Spieler in der Regionalliga kann es sich niemand mehr erlauben, große Defizite zu haben", sagt Hock. Ein brillanter Techniker, der mehr als 13 Sekunden für 100 Meter braucht, muss einige Klassen tiefer spielen, genau wie der sprintstarke Außen, dem der Ball bei der Annahme einen Meter vom Fuß springt.
Trotz der guten Ausbildung von Spielern, oft in Nachwuchsleistungszentren höherklassiger Klubs, gewinnen Regionalligisten aber doch nur selten gegen Mannschaften aus dem Bereich der DFL. In der vergangenen Saison schaffte es der FC 08 Homburg allerdings sogar zweimal. In der ersten Runde warf er den Bundesligisten SV Darmstadt 98 raus, in der zweiten den Zweitligisten SpVgg Greuther Fürth.
"Technisch gute Ausbildung, Zweikampfführung und Passschärfe"
Die Homburger waren eine von 18 Mannschaften aus der Regionalliga oder tieferen Klassen, in dieser Saison sind es 16 Vereine, die es wie der 1. FC Phönix Lübeck mit Borussia Dortmund, der FC 08 Villingen mit Heidenheim und der VfV 06 Hildesheim mit der SV Elversberg aufnehmen.
Die "individuelle Qualität der Spieler", die eben Geld koste, mache in der Regel den Unterschied zugunsten des Favoriten aus, so Hock, "und die zeigt sich vor allem in der technisch guten Ausbildung, der Zweikampfführung und der Passschärfe".