Nächster Schritt zum Meistertitel Mit "Bayer-Dusel" - Leverkusen schlägt auch Mainz
Trotz einer der schwächsten Saisonleistungen hat Bayer Leverkusen in der Fußball-Bundesliga den nächsten Schritt zum Meistertitel gemacht. Beim 2:1 (1:1) am Freitagabend (23.02.2024) gegen den 1. FSV Mainz 05 brauchte Bayer reichlich Glück und eine Slapstickeinlage des Gästekeepers.
Neben dem Sieg feierte die Werkself auch einen Rekord: Es war das 33. Spiel in Serie ohne Niederlage, damit verbesserte der Spitzenreiter die Bestmarke der Bayern (32 von 2019 bis 2020).
"Wir müssen heute auch ehrlich zu uns sein, dass wir kein gutes Spiel gemacht haben", sagte Siegtorschütze Robert Andrich. "Aber am Ende beschweren wir uns nicht über die drei Punkte. Wir waren insgesamt zu ungeduldig und nicht genau genug." Seinem Tor sei "natürlich ein Torwartfehler" vorausgegangen, aber "ich bin froh, dass der Ball reingekullert ist."
Leverkusens Xhaka trifft erstmals - und mimt den Verletzten
Es war eine Partie ohne jede Anlaufphase. Schon nach zwei Minuten landete eine von Silvan Widmer abgefälschte Grimaldo-Flanke bei Granit Xhaka, der vom linken Strafraumeck eine Mischung aus Kracher und Bogenlampe abfeuerte. Hinter dem völlig überraschten Mainzer Keeper Robin Zentner senkte sich der Ball ins lange Eck - es war das erste Tor von Leitwolf Xhaka überhaupt im Leverkusen-Trikot.
Für einen kurzen Schreckmoment auch in der eigenen medizinischen Abteilung sorgte die Jubel-Choreo des Schweizers: Er griff sich an den hinteren Oberschenkel, hinkte theatralisch, so dass an der Seitenlinie bei Bayer sofort Hektik ausbrach. Dann aber lachte Xhaka, und Coach Xabi Alonso beruhigte die Physios - es war nur ein Scherz.
"Das war schon seit Wochen so abgemacht", erklärte Xhaka nach dem Spiel bei "DAZN": "Auch im Training, immer wenn ich das Tor treffe, tue ich so, als hätte ich was am Oberschenkel." Sein erstes Bundesligator seit 2015 habe er mit einer besonderen Geste feiern wollen, "ich habe so lange auf dieses Tor gewartet".
Mainzer Torschütze in Leverkusen ausgebildet
Geschockt wirkten die Mainzer vom Gegentor nicht, auch sie legten sofort wieder den Vorwärtsgang ein. Der Lohn folgte bereits in der 7. Minute, und gleich zwei Ex-Leverkusener waren beteiligt. Nadiem Amiri, der gerade erst in der Winterpause die Bayer-Bank gegen den FSV-Stammplatz eingetauscht hat, flankte aus dem Halbfeld, Widmer legte per Kopf für Dominik Kohr auf, der per Flugkopfball zum 1:1 vollendete.
Die Kopfballtechnik hat der Mittelfeldabräumer in Leverkusen gelernt: Kohr kommt aus der Bayer-Jugend und spielte mit zwei Zwischenstationen in Augsburg zwischen 2009 und 2019 zehn Jahre unterm Bayer-Kreuz.
Hofmann lehnt Mainzer Geschenk ab
In der Folge entwickelte sich ein eher einseitiges Spiel zugunsten der Gastgeber, die es aber in der letzten Linie immer wieder viel zu kompliziert und verspielt angingen. In der 40. Minute hätte Jonas Hofmann dennoch für die erneute Führung sorgen müssen, als Sepp van den Bergh nach einem verunglückten Rückpass ausrutschte und Hofmann völlig frei vor Zentner stand. Doch der Nationalspieler schloss zu hektisch und unplatziert ab, sodass der Schlussmann den Bock seiner Vorderleute ausbügeln konnte.
Pech hatten die Leverkusener dann kurz vor dem Pausenpfiff, als der frei in die Tiefe durchstartende Jeremy Frimpong an der Mittellinie klar von Philipp Mwene gefoult wurde. Schiedsrichter Timo Gerach übersah den Kontakt und ließ weiterspielen, was bei Frimpong und Xabi Alonso nachvollziehbaren Ärger auslöste - Gerach zeigte beiden die Gelbe Karte.
Mainz kommt stärker aus der Pause
In der Halbzeitpause schien Mainz-Coach Bo Henriksen die richtige Ansprache gefunden zu haben. Die 05er spielten ihre Angriffe nun konsequent bis zum Abschluss und hätten in Führung gehen müssen. Mwene köpfte eine Karim-Onisiwu-Flanke knapp neben den Pfosten (48.), zwei Minuten später klärte Jonathan Tah in höchster Not am eigenen Fünfmeterraum. In der 55. Minute spielte dann Edmond Tapsoba einen Horror-Fehlpass quer durch eigenen Strafraum, doch Jae-sung Lee verlor die Nerven und jagte den Ball freistehend über die Latte.
Alonso merkte, dass er gegensteuern musste und erhöhte mit der Einwechslung von Schick für den schwachen Hofmann die Strafraumpräsenz. Wie unzufrieden Leverkusen in dieser Phase mit sich und dem Spielverlauf war, zeigte Hofmanns Anschlussverhalten: Wütend knallte er seine Trainingsjacke gegen die Auswechselbank.
Bayer-Dusel - dank Zentner
Dass sich der Frust spielerisch entlud, konnte man in der Folge nicht behaupten. Leverkusen tat sich erstaunlich schwer, kam kaum noch zu Abschlüssen, fast schon bezeichnend war ein Verzweiflungsschuss von Robert Andrich aus knapp 30 Metern in der 68. Minute. Doch der Ertrag passt perfekt in die aktuelle Saison, in der der Tabellenführer nicht nur die Bayern abgehängt, sondern ihnen auch das Glücks-Gen abgejagt hat.
Spielentscheidend: Der Torwart-Fehler von Robin Zentner sorgte für Leverkusens Sieg
Zentner wollte die genau auf Mann platzierte Andrich-Rückgabe abfangen und war wohl schon in Gedanken beim Abwurf - so flutschte ihm die Kugel in Slapstickmanier durch die Finger und ins eigene Tor.
Ngankam sieht Rot
Dieser Rückschlag zeigte Wirkung bei den Mainzern. In der Folge wirkten sie zunehmend mutlos, haderten nachvollziehbarer Weise mit dem unverdienten Ergebnis. Ein fieser Tritt von Jessic Ngankam in der 80. Minute auf die Achillessehne von Xhaka war Ausdruck des Ärgers: Gerach gab erst Gelb, ließ sich aber nach einem ganz kurzen Blick auf den Videoschirm sofort umstimmen: Rot war in dieser Szene das einzig richtige Strafmaß.
Bayer nun gegen Köln, Mainz gegen Gladbach
Ngankam wird Mainz damit am Samstag in einer Woche (02.03.2024) um 15.30 Uhr (Live-Ticker bei sportschau.de und Ausschnitte in der Sportschau ab 18 Uhr) gegen Borussia Mönchengladbach fehlen. Leverkusen hat einen Tag später das Rhein-Derby gegen den 1. FC Köln vor der Brust.