Rechenmodelle Die Milliarde des DFL-Investors und die Stelle nach dem Komma
Die DFL hofft, durch den Einstieg eines Investors eine Milliarde Euro zu erlösen. Bei den möglichen Verhandlungen würde es um jede Stelle nach dem Komma gehen, wie eine Modellrechnung zeigt.
Selbst bei konservativer Rechnung würde der Investor nach der beabsichtigten Laufzeit von 20 Jahren mehr als 1,7 Milliarden Euro erhalten haben. Steigern sich die Erlöse der Deutschen Fußball Liga (DFL) aus ihren Vermarktungsrechten wie erhofft, könnten die Einnahmen des Investors aus dem Geschäft mit der DFL auf mehr als 2,9 Milliarden Euro wachsen. Jedem Klub würde dann rechnerisch deutlich mehr als eine Million Euro pro Jahr entgehen.
Es sind noch Rechnungen mit Variablen, und noch ist die DFL dem Einstieg eines Investors auch nur einen Schritt näher gekommen. Am Dienstag (14.11.2023) sprachen sich Präsidium und Aufsichtsrat des Dachverbandes der 36 Profiklubs aus Bundesliga und 2. Liga dafür aus, am 11. Dezember bei einer Versammlung über eine "strategische Vermarktungspartnerschaft" abstimmen zu lassen. Nach Informationen der Sportschau würde den beiden Geschäftsführern Marc Lenz und Steffen Merkel mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit das Mandat erteilt, konkret mit möglichen Investoren zu verhandeln und den Deal dann auch abzuschließen.
Szenarien aus geheimem Papier der DFL
Dabei geht es um eine abgespeckte Version des gescheiterten Vorschlags aus dem Mai 2023. Was der mögliche Deal der Liga und seinen Vereinen bringen und kosten würde, hängt von einigen Variablen ab. Anhand von Szenarien, die von der DFL selbst entworfen wurden, lassen sich jeodch Modellrechnungen erstellen, aus denen die Dimensionen erkennbar werden.
Den Rechnungen liegen Zahlen zugrunde, die aus einem geheimen Papier der DFL vom gescheiterten Vorschlag aus dem Mai 2023 stammen, das der Sportschau vorliegt. Dargestellt werden darin ein konservatives Szenario und ein für die Liga optimales Szenario. Das konservative Szenario zeigt die erwartete Entwicklung der Medienerlöse auf, ohne dass ein Investor einsteigt. Im optimalen Szenario wird von einer signifikanten Steigerung der Erlöse dank eines Investors ausgegangen.
Modellrechnungen für die abgespeckte Version
Periode | Erlöse* | bei 6 % | bei 7,5 % | bei 9 % |
---|---|---|---|---|
2024/25 | 1392 | 83,5 | 104,4 | 125,3 |
25/26 bis 28/29 | 5568 | 334,1 | 417,6 | 501,1 |
29/30 bis 32/33 | 5986 | 359,2 | 449 | 538,7 |
33/34 bis 36/37 | 6435 | 386,1 | 482,6 | 579,2 |
37/38 bis 40/41 | 6918 | 415,1 | 518,9 | 622,6 |
41/42 bis 43/44 | 5578 | 334,7 | 418,4 | 502 |
Summe | 31877 | 1913 | 2391 | 2869 |
* in Mio. Euro, Zahlen teilweise gerundet |
Erklärungen:
"Periode" bezieht sich auf den Zeitraum, für den die Medienrechte vergeben werden. Die aktuelle Periode läuft nur noch in der kommenden Saison. Die folgenden Perioden umfassen je vier Spielzeiten. Aufgrund der Laufzeit von 20 Jahren umfasst die letzte angegebene Periode "41/42 bis 43/44" nur drei Spielzeiten.
"Erlöse" umfassen die Einnahmen aus dem Verkauf von Rechten, zum größten Teil aus den Medienrechten national und international. Die Summe von 1,392 Milliarden Euro stammt aus einem DFL-Papier. Für die Rechteperiode 25/26 bis 28/29 geht die Modellrechnung davon aus, dass die Erlöse gleich bleiben. So ergibt sich: 1,392 Mrd. Euro x 4 = 5,568 Mrd. Euro.
"Bei x %" gibt an, wie viel Geld bei der jeweiligen Verzinsung von 6, 7,5 und 9 Prozent jährlich an den Investor ausgeschüttet würde.
Das "Optimale Szenario" geht von einem Wachstum der Rechteerlöse aus, das die DFL in einem Papier selbst skizzierte, und zwar von 7,5 Prozent. Da dies für die kommende Rechteperiode als zu optimistisch gelten dürfte, ist das Wachstum der Erlöse erst ab der Rechteperiode 2029/30 bis 2032/33 eingerechnet.
Fazit der ersten Modellrechnung:
An den Ergebnissen wird deutlich, dass jeder Prozentpunkt Ausschüttung mehr an den Investor die Einnahmen der Klubs mindert. Würden bei sechs Prozent Abführung nach 20 Jahren nur gut 1,9 Milliarden Euro an den Investor geflossen sein, wären es bei neun Prozent nahezu 2,9 Milliarden. Auf ein Jahr gerechnet würde jeder Verein fast 1,4 Millionen Euro weniger bekommen. Bei der Erlösseite zeigt sich, dass ein jeweiliges Wachstum von 7,5 Prozent für die Rechteperioden ab der Saison 2029/30 aber auch zu deutlich höheren Einnahmen des Investors führen würde. Auf eine Saison gerechnet würden die Erlöse in diesem Modell auf jährlich 1,86 Milliarden Euro steigen. Das wäre etwa eine halbe Milliarde mehr als in der Saison 2024/2025, dem vorgesehenen Zeitpunkt für den Einstiegs eines Investors.
Periode | Erlöse* | bei 6 % | bei 7,5 % | bei 9 % |
---|---|---|---|---|
2024/25 | 1392 | 83,5 | 104,4 | 125,3 |
25/26 bis 28/29 | 5568 | 334,1 | 417,6 | 501,1 |
29/30 bis 32/33 | 5724 | 343,4 | 429,3 | 515,2 |
33/34 bis 36/37 | 5884 | 353 | 441,3 | 529,6 |
37/38 bis 40/41 | 6049 | 362,9 | 453,7 | 544,4 |
41/42 bis 43/44 | 4664 | 279,8 | 349,8 | 419,8 |
Summe | 29281 | 1757 | 2196 | 2635 |
* in Mio. Euro, Zahlen teilweise gerundet |
Erklärungen:
"Periode", "Erlöse" und "Bei x %" wie oben.
Das "Konservative Szenario" geht von einem Wachstum von 2,8 Prozent aus, das die DFL in einem Papier selbst skizzierte. Dabei nahm die Liga an, dass kein Investor einsteigt. Das wäre bei erfolgreichem Vertragsabschluss nicht der Fall. Für die Modellrechnung wird die Zahl trotzdem als Grundlage genommen, um den Fall eines geringeren Wachstums als von der DFL erhofft durchzuspielen. Da für die kommende Rechteperiode - wie oben - angenommen wird, dass die Erlöse gleich bleiben, ist das Wachstum von 2,8 Prozent erst ab der Rechteperiode 2029/30 bis 2032/33 eingerechnet.
Fazit der zweiten Modellrechnung:
Bei moderatem Wachstum wären die Erlöse der DFL in der letzten Periode der Laufzeit des Investorendeals zwischen 2041 und 2044 pro Saison nur um gut 150 Millionen Euro höher als am Ausgangspunkt in der Saison 2024/25. Entsprechend niedriger wäre auch die Rendite für den Investor. Trotzdem würde es 439 Millionen Euro mehr ausmachen, wenn der Investor mit 7,5 statt nur 6 Prozent an den Erlösen beteiligt wäre - dann würde er am Ende 2,196 Milliarden Euro haben statt 1,757 Milliarden. Bei nochmals 1,5 Prozentpunkten mehr wären es entsprechend weitere 439 Millionen.
Investor soll am Verkauf der Medienrechte beteiligt werden
Das geheime Papier der DFL bildete die Grundlage für den letztlich am 24. Mai 2023 gescheiterten Versuch, einen Investor ins Boot zu holen. Das Modell sah damals wie auch heute vor, die Rechtevermarktung in einer noch zu gründenden Tochterfirma "MediaCo GmbH & Co. KGaA" zu bündeln. An den Erlösen dieser Firma, getrieben hauptsächlich durch der Verkauf der audiovisuellen Medienrechte (einfach: Fernsehrechte), sollte der Investor 20 Jahre lang jährlich mit 12,5 Prozent beteiligt werden. Dafür wollte die DFL bis zu zwei Milliarden Euro einsammeln. Nach 20 Jahren sollen die Rechte an die DFL zurückgehen, es soll der DFL zufolge keinen dauerhaften Verkauf von Anteilen geben.
Bei der abgespeckten Version des Investorendeals, die ab der Saison 2024/25 zum Tragen kommen könnte, soll der Investor nur noch 800 Millionen bis eine Milliarde Euro zahlen. Wie die Sportschau aus Vereinskreisen erfuhr, allerdings nicht auf einen Schlag, sondern in Raten. Die Modellrechnungen oben gehen wie beim gescheiterten Versuch wieder von einer Laufzeit von 20 Jahren aus. Verhandlungssache wäre die Erlösbeteiligung, die der DFL in der Spanne von sechs bis neun Prozent vorschwebt.
Schwierige Prognose beim Verkauf der Rechte
Äußerst schwierig zu prognostizieren sind die Erlöse beim Verkauf der Fernsehrechte, sowohl auf dem nationalen und auch dem internationalen Markt. Noch in der ersten Jahreshälfte 2024 werden voraussichtlich die Rechte für die vier Spielzeiten ab der Saison 2025/26 vergeben. Manche Experten gehen von einem Rückgang der Erlöse aus, manche erwarten eine leichte Steigerung. Die Modellrechnung der Sportschau nimmt an, dass die in dem geheimen Papier für die Saison 2022/23 aufgeführte Summe von 1,392 Milliarden Euro für die vier Spielzeiten lange dauernde Rechteperiode bis 2029 gleich bleiben wird. Für die Zeit danach wird jeweils von einer Steigerung von 7,5 Prozent ausgegangen, wie es die DFL für das optimale Szenario vorsieht. Zum Vergleich wird auch das konservative Szenario durchgerechnet, das von 2,8 Prozent Erlössteigerung ausgeht.
Bei dem potenziellen Investor dürfte es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um ein Private-Equity-Unternehmen handeln, also eine Beteiligungsgesellschaft. Die Erfahrungen in der Branche zeigen, dass solche Unternehmen ihre Beteiligungen vor dem Ende der Laufzeit wieder verkaufen. Bei dem im Mai gescheiterten Versuch hätte der Investor dazu nach acht Jahren die Möglichkeit gehabt. Die DFL hätte ein Rückkaufrecht gehabt. Nach Informationen der Sportschau sind solche Regelungen auch für den möglicherweise anstehenden Deal wieder vorgesehen.
Modellrechnung für die im Mai geplatzte Version
Periode | Erlöse* | bei 12,5 % |
---|---|---|
2024/25 | 1392 | 174 |
25/26 bis 28/29 | 5568 | 696 |
29/30 bis 32/33 | 5986 | 748,3 |
33/34 bis 36/37 | 6435 | 804,4 |
37/38 bis 40/41 | 6918 | 864,8 |
41/42 bis 43/44 | 5578 | 697,3 |
Summe | 31877 | 3984,8 |
* in Mio. Euro, Zahlen teilweise gerundet |
Erklärungen:
"Periode" und "Erlöse" wie oben.
Das "Optimale Szenario" geht von den Rahmendaten des Modells aus, für das es am 24. Mai in einer Vollversammlung der DFL keine Mehrheit gab: 12,5 Prozent Ausschüttung jährlich an einen Investor, der dafür allerdings auch zwei Milliarden Euro an die Liga zahlen sollte. Bei den "Erlösen" wird davon ausgegangen, dass sie wie von der DFL erhofft um 7,5 Prozent pro Periode steigen. Da dies für die kommende Rechteperiode als zu optimistisch gelten dürfte, ist das Wachstum erst ab der Rechteperiode 2029/30 bis 2032/33 eingerechnet.
Fazit:
Viele Punkte müssen noch verhandelt werden, sollte sich am 11. Dezember eine Zwei-Drittel-Mehrheit unter den Klubs finden. Aus den Rechnungen ergeben sich Renditen für den Investor von bis zu 12,9 Prozent. Das gilt in Branchenkreisen als Untergrenze von dem, was Private-Equity-Unternehmen haben wollen.
Wie von Kritikern schon beim gescheiterten Versuch im Mai angeführt, gäbe es auch andere Finanzierungsmöglichkeiten, etwa einen klassischen Kredit. Die Belastungen, die einem Konstrukt wie der DFL in dem Fall entstehen würden, sind kaum seriös vorherzusagen. Aufgrund der zuletzt gestiegenen Zinsen wäre die Aufnahme von Fremdkapital aber sicher auch deutlich teurer als zu Beginn des Jahrzehnts.