Neuer Nationaltrainer Brasiliens Dorival Júnior - Hoffnungsträger der schwächelnden "Seleção"
Wirren im Verband, zu wenig Punkte in der WM-Qualifikation: Mit Dorival Júnior erhält nun ein in Europa weitgehend unbeschriebenes Blatt die Chance, Brasilien als Nationaltrainer wieder in die Spur zu bringen.
Die nächste Fußball-Weltmeisterschaft wird die erste mit 48 Mannschaften sein. Etwa ein Viertel aller Mitgliedsverbände des Weltverbandes FIFA wird somit 2026 in den USA, Mexiko und Kanada vertreten sein. Noch deutlich höher ist der Anteil an südamerikanischen Verbänden. Statt der bisher garantierten fünf Startplätze gibt es bald sogar sechs für die nur zehn Verbände. Wer die Qualifikation im Ligasystem als Siebter abschließt, darf sogar noch an einem Playoffturnier teilnehmen.
Die Regularien könnten noch wichtig sein für einen Verband, der sich um die Qualifikation selten scherte, weil er vom Selbstverständnis her ein dauerhafter Titelanwärter für die Endrunde ist. Brasilien ist schließlich Brasilien, der Rekordweltmeister mit schon fünf Sternen auf dem Trikot.
Aktuell ist es um die "Seleção" allerdings schlecht bestellt, denn von den bisher sechs Partien in der Qualifikation verlor sie drei und gewann nur zwei. Sie belegt den sechsten Platz. Für Fernando Diniz, der ohnehin nur interimsmäßig als Nationaltrainer berufen worden war, muss daher klar gewesen sein, dass er den Job nicht lange behalten würde. Immerhin schaffte er es vom (europäischen) Sommer 2023 bis in den Winter und ins Jahr 2024. Nun ist seine Zeit vorbei, am Donnerstag (11.01.2024) bestätigte der brasilianische Verband, dass Diniz freigestellt und Dorival Júnior als neuer Nationaltrainer berufen wurde.
Diese Aufgabe hatte zuvor schon der FC São Paulo erledigt, denn der teilte offiziell mit, dass Dorival Júnior nicht mehr länger sein Trainer sei, weil er künftig Nationaltrainer sein werde. Júnior, 61 Jahre alt, habe darum gebeten, aus dem Vertrag entlassen zu werden, weil er sich "einen Lebenstraum erfüllen" wolle. Diesem Wunsch sei stattgegeben worden, so der FC São Paulo.
Um den brasilianischen Fußballverband ist es derzeit vermutlich noch ein bisschen schlechter bestellt als um die "Seleção". Jedenfalls ist häufig von "Chaos" zu lesen, wenn über die "Confederação Brasileira de Futebol" (CBF) berichtet wird.
Das hängt vor allem mit Ednaldo Rodrigues zusammen. Der Präsident der CBF war im Dezember 2023 zunächst von einem Gericht als Präsident suspendiert worden, weil es Unregelmäßigkeiten bei seiner Wahl gegeben haben soll.
Weihnachtsgrüße mit Drohung
Die FIFA verband ihre Weihnachtsgrüße daher mit der Drohung, die CBF von den Wettbewerben auszuschließen, denn der Fußballverband verbittet sich - offiziell und bisweilen selektiv - die Einmischung von allen, die nicht zur sogenannten Familie gehören.
Ein anderes Gericht gab dann nach Weihnachten per Einstweiliger Verfügung bekannt, dass Ednaldo Rodrigues wieder Präsident sein darf. Ein Problem war damit für den Funktionär gelöst. Ein anderes großes war nach wie vor vorhanden, denn Carlo Ancelotti entschied sich, auch in der kommenden Saison Real Madrid trainieren zu wollen.
Zuvor hatte es geheißen, dass der 64 Jahre alte Italiener ab (europäischem) Sommer 2024 die "Seleção" übernehmen werde.
Vorbehaltlich der offiziellen Verkündung wird das aber nun Dorival Júnior tun, der mit Ancelotti gemein hat, dass er als Trainer schon mal die wichtigste Vereinstrophäe auf seinem Heimatkontinent gewann.
Jede Menge Traditionsklubs
Júnior führte Flamengo, einen Traditionsklub aus der Hauptstadt Rio de Janeiro, 2022 zum Triumph in der Copa Libertadores, dem südamerikanischen Äquivalent der europäischen Champions League.
Anders als Carlo Ancelotti arbeitete Dorival Júnior bislang nur in seinem Heimatland. Seine Vita ist gefüllt mit dem Wirken bei Traditionsklubs, sei es als Spieler bei Palmeiras, Grêmio und Botafogo und auch als Trainer bei Cruzeiro, Vasco da Gama, dem FC Santos, Fluminense und, und, und.
Die einschlägigen Quellen führen 25 Trainerstationen seit 2002 auf und so ergibt sich schon rein mathematisch der Verdacht, dass Dorival Júnior es nirgendwo sehr lange aushielt. Erfolge hat er trotzdem aufzuweisen, nicht nur den Gewinn der Copa Libertadores, sondern auch nationale Meisterschaften und Pokale.
Nun dürfte er bald auch offiziell den Auftrag erhalten, Brasilien 2026 zum Weltmeister zu machen. Es dürfte die letzte Chance für den dann 34 Jahre alten Neymar sein. Mit dem exzentrischen Superstar arbeitete Dorival Júnior 2010 bereits beim FC Santos zusammen. Es heißt, der Trainer habe dem damaligen Jungstar verweigert, einen Elfmeter zu schießen. Neymar habe ihn daraufhin wütend angebrüllt.