Olympia und NBA-Karrieren Der WM-Triumph als Startschuss für Team und Spieler
Nach dem WM-Titel ist vor Olympia: Deutschlands Basketballer stehen vor spannenden Zeiten, im Nationalteam und in der NBA.
Der Rausch hält noch an, ausgelöst durch eine traumhafte WM mit sensationellem Ende gegen Serbien. Er wird am Dienstag noch einmal angefacht, wenn die frisch gekürten Weltmeister um 8.50 Uhr in Frankfurt am Main landen und sich dann von den Fans feiern lassen werden. Und danach? Dieser WM-Titel hat das Potenzial, vieles im deutschen Basketball nachhaltig zu verändern.
Für Bundestrainer Gordon Herbert, als Vater des Erfolges gefeiert, ist der nächste Schritt klar: Olympia 2024 in Paris. Es ist der finale Akt des Drei-Jahres-Planes, den der Kanadier bei seinem Amtsantritt Ende 2021 ausgegeben hatte. Mit Bronze bei der Heim-EM 2022 und jetzt WM-Gold läuft der Plan besser, als es sich Herbert wohl selbst erträumt hat.
Plötzlich Gold-Kandidat bei Olympia
Plötzlich ist sein eingeschworenes Team eine Medaillen-Hoffnung für Paris. Wie unverhofft das kommt, zeigt ein Blick auf die Sportförderung in Deutschland. Sie richtet sich nach der Potenzialanalyse PotAS, mit deren Hilfe die Medaillenchancen in den olympischen Sportarten prognostiziert werden. Basketball landete bei der Analyse im Zeitraum 2019-2021 auf dem letzten Platz, besonders das Kaderpotenzial wurde sehr schlecht bewertet.
Reicht es nun vielleicht sogar zu Olympia-Gold? Es wäre noch einmal eine immense Steigerung, besonders die USA dürften dort mit namhafteren NBA-Stars schwerer zu schlagen sein als im WM-Halbfinale. Olympische Basketballturniere haben in Amerika einen höheren Stellenwert als Weltmeisterschaften, bei 20 Ausgaben gewannen die Amerikaner 16 Mal Gold.
Vertrag mit Herbert früh verlängert
So will sich Herbert auch noch nicht auf ein genaues Ziel festlegen. "Sicher eine Medaille, wie immer, wenn wir irgendwo antreten. Aber welche genau - darüber mache ich mir in ein paar Monaten Gedanken." Erst am 22. Februar 2024 wird Deutschlands Nationalteam wieder zusammenkommen, dann beginnt die Qualifikation für die EM 2025, wahrscheinlich mit einem Heimspiel gegen Montenegro. Die NBA-Profis werden fehlen, sie befinden sich dann mitten in der Saison.
Qualifiziert sich Deutschland für die Europameisterschaft 2025 in Lettland, Finnland, Zypern und Polen, dann soll dort Herbert noch an der Seitenlinie stehen. Der Deutsche Basketball Bund (DBB) hatte schon vor der WM den Vertrag des Bundestrainers um ein Jahr bis nach der EM verlängert.
Auch Junioren-Nationalteams überzeugen
Herberts Weltmeisterteam wird nun schon als goldene Generation gefeiert, der Blick in die Zukunft lässt hoffen. "Die Mannschaft ist gerade erst an ihrem Leistungshöhepunkt angekommen, insofern werden wir sicher noch drei, vier oder fünf Jahre ganz viel Freude an ihr haben", sagte Dirk Bauermann im Deutschlandfunk.
Der ehemalige Bundestrainer ist seit Januar 2023 DBB-Koordinator für den männlichen Jugendbereich. "Auch da sind wir auf einem guten Weg. Die U20 ist Sechster bei der EM geworden, die U18 hat eine Bronzemedaille gewonnen als erste U18 überhaupt und die U16 hat sich für die WM in der Türkei qualifiziert."
"Was Dirk Nowitzki früher war, ist Dennis jetzt"
Der Final-Triumph von Manila könnte also erst der Startschuss gewesen sein, auch für die Protagonisten. Kapitän Schröder hat bewiesen, dass er ein Team zu einem großen Titel führen kann - das gibt ihm neues Selbstvertrauen und hebt seinen Status bei seinem neuen NBA-Team Toronto Raptors.
"Was Dirk Nowitzki früher war, ist Dennis jetzt", sagte Herbert. "Er hat seine Identität gefunden, hat übernommen, ist MVP geworden." Schröder wird am Freitag 30 Jahre alt - gut möglich, dass seine ohnehin schon starke NBA-Karriere jetzt nochmal richtig Fahrt aufnimmt.
Obst und Bonga mit NBA-Potenzial
Auch Daniel Theis spielte sich zurück in den Fokus. Bei den Indiana Pacers hatte er eine üble Saison mit kaum Spielzeit erlebt, jetzt überzeugte er nicht zuletzt gegen die USA. Kaum vorstellbar, dass der 31-Jährige ein weiteres Jahr auf der Bank versauert.
Die NBA-Späher dürften nach dem Halbfinale mindestens auch die Namen Andreas Obst und Isaac Bonga notiert haben. Shooter Obst überragte gegen die USA mit 24 Punkten, darunter ein immens wichtiger Dreier in der Schlussphase. Und Bonga zerschmetterte die US-Hoffnungen in der Crunch Time mit einem Monsterblock. Obst (27) und Bonga (23) stehen beim FC Bayern unter Vertrag, für Bonga wäre es der zweite Anlauf in Nordamerika.
Mehr NBA-Spieler als je zuvor
Und dann ist da noch Franz Wagner, neben Schröder der zweite große Star. Mit seinen 22 Jahren spielt er bei den Orlando Magic schon eine herausragende Rolle, er dürfte den deutschen Basketball noch über Jahre prägen - mit seinem älteren Bruder Moritz (26) an der Seite.
Manch US-Basketball-Experte mag die Weltmeisterschaft immer noch geringschätzen, aber die Ausgabe 2023 hat noch einmal untermauert: Andere Länder, vor allem aus Europa, haben aufgeholt, mit einem B-Team werden die USA wohl keinen WM-Titel mehr gewinnen können. 55 NBA-Profis waren dabei, verteilt auf viele Länder, mehr als je zuvor.