ELF-Klubs mit Problemen Das schwierige Geschäft mit Football in Europa
Das enorme Interesse an American Football in Europa endlich zu nutzen, ist das Ziel der European League of Football (ELF). Doch schon in ihrem dritten Jahr gerät die Privatinitiative ins Wanken.
Zum Start seines Engagements bei den Leipzig Kings klang der neue Mitbesitzer Moritz Heisler noch euphorisch: "American Football erlebt in Deutschland einen nie dagewesenen Hype, und die Leipzig Kings haben in der Premierensaison 2021 gezeigt, dass hier etwas Großes wächst."
Es klingt ja auch logisch: Das große Zuschauerinteresse an der US-Liga NFL in Deutschland und Europa muss doch irgendwie nutzbar sein. Das sah auch TV-Experte Patrick Esume so, als er Ende 2020 die semiprofessionelle ELF gründete. Die Liga startete mit acht Mannschaften, darunter sechs aus Deutschland. 2022 waren es zwölf Teams aus fünf Ländern, 2023 anfangs 17 Teams aus neun Nationen. Das mittelfristige Ziel: 24 Mannschaften aus 15 Ländern.
Tops und Flops bei Zuschauerzahlen
Die Tendenz stimmt also, auch die Zuschauerzahlen entwickelten sich mancherorts positiv. Den Rekordwert erzielten die Hamburg Sea Devils mit 32.500 Zuschauern im Volksparkstadion bei der 22:27-Niederlage gegen Rhein Fire aus Düsseldorf.
Doch teilweise macht sich auch Ernüchterung breit. Trotz positiver Tendenzen liegt der Zuschauerschnitt in Barcelona, Fehervar, Mailand und Prag unter 2.000. Die Istanbul Rams kamen 2022 gar nur auf 432 Zuschauer pro Spiel - und zogen die Reißleine. Istanbul meldete sich vor der Saison 2023 nach nur einem Jahr ab.
Große Finanzierungslücke in Leipzig
Mitte Juli folgte dann der Ausstieg der Leipzig Kings. Der Hauptsponsor sprang ab, Schulden häuften sich an - und am 12. Juli folgte die Mitteilung: "Leider müssen wir nach unermüdlicher Arbeit in den letzten 14 Tagen den Spielbetrieb der Leipzig Kings für die Saison 2023 abmelden."
Die Finanzierungslücke von 550.000 Euro war zu groß, die zeitlichen Fristen zu knapp. Von der Anfangseuphorie ist wenig übrig, auch in Leipzig blieb der Zuschauerandrang unter den Erwartungen. Im Schnitt kamen deutlich weniger als 3.000 Fans zu den Heimspielen.
Der Kings-Rückzug beunruhigt auch die Konkurrenz. "Das ist schwierig für Leipzig, das ist schwierig für die Liga, das ist schwierig für uns alle", sagte Martin Wagner, Gesellschafter von Rhein Fire in Düsseldorf, der "Rheinischen Post": "Ich kann nur hoffen, dass künftig vor einer Lizenzvergabe genauer geprüft wird."
Sorgenkind Prague Lions
Keine zwei Wochen nach dem Leipzig-Rückzug steht sogar der nächste ELF-Klub vor dem Aus: Wegen eines Spielerstreiks konnte Neuling Prague Lions nicht zur Partie bei den Fehervar Enthroners antreten. Grund für den Streik sollen ausstehende Gehälter sein.
"Die einschneidenden Veränderungen im Verlauf der Woche in unserem Mitarbeiterstab und Management haben uns bedauerlicherweise daran gehindert, nach Ungarn zu reisen und unsere Verpflichtungen zu erfüllen", teilten die Lions auf der ELF-Homepage mit: "Wir nehmen die Vorgänge sehr ernst und arbeiten unermüdlich daran, wieder in die Spur zu kommen und den Spielbetrieb für den Rest der Saison wieder aufnehmen zu können."
Ob die Lions tatsächlich weiterspielen können, ist unklar. Der Zuschauerschnitt von 1.121 macht wenig Hoffnung auf volle Kassen. In Prag sind auch die Black Panthers zu Hause, die in Österreichs AFL antreten und in diesem Jahr bis in Halbfinale vorgedrungen sind.
Alle bisherigen Versuche gescheitert
Die ELF ist eine private Initiative nach Franchise-System, die Teams sind also Unternehmen und Lizenznehmer der Liga. Sie ist der nächste Versuch, American Football in Deutschland und Europa zu professionalisieren. Die Bundesliga, genauer gesagt die German Football League vom American Football Verband Deutschland, ist eine Amateurliga.
Die bisherigen Versuche scheiterten - die Football League of Europe (1993-1995) und auch die NFL Europe (1995 -2007 mit Unterbrechungen und unterschiedlichen Namen und Konzepten).
NFL setzt auf einzelne Spiele in Europa
Die amerikanische NFL hat sich seitdem von dem Gedanken verabschiedet, eine Liga mit europäischen Teams zu etablieren. Stattdessen konzentriert sie sich auf NFL-Spiele in Europa. Die "London Games" sind seither etabliert, die Deutschland-Premiere am 13. November 2022 in München war ein voller Erfolg vor 67.000 Zuschauern.
Dieses Potenzial will auch die ELF nutzen, durch seine TV-Kooperationen unter anderem mit ProSieben Maxx, wo ELF-Commissioner Patrick Esume selbst kommentiert, hatte sie gute Startvoraussetzungen. Doch auch im dritten Jahr sind die Einschaltquoten mäßig. Eine riesige Begeisterung für die NFL bedeutet eben nicht zwangsläufig, dass auch eine europäische Liga die Massen anzieht.