Skispringen Sven Hannawald über DSV-Springer, Favoriten und neue Regeln
Am Wochenende springen die DSV-Adler in Lillehammer in die neue Weltcup-Saison. Auf der Schanze in Norwegen sieht der Sportschau-Experte Sven Hannawald die üblichen Verdächtigen im Favoritenkreis: den Österreicher Stefan Kraft, den Japaner Ryoyu Kobayashi – und Andreas Wellinger.
"Der hat Selbstvertrauen und kommt mit seinem Material super zurecht", sagt Hannawald über Wellinger. Der 29-Jährige ist die klare Nummer eins im DSV-Team - und die größte Hoffnung auf den ersten deutschen Sieg bei der Vierschanzentournee seit 2002. Damals hatte Hannawald selbst Deutschland begeistert und einen Skisprung-Hype ausgelöst: Er war der erste Athlet, dem es gelang, alle vier Springen der Tournee zu gewinnen.
Hannawald hofft, dass ihn in dieser Saison einer der DSV-Adler ablöst: "Ich wünsche es ihnen sehnlichst, weil ich weiß, wie es sich anfühlt, als Deutscher die Vierschanzentournee zu gewinnen."
Zum erweiterten Favoritenkreis zählt er aber auch andere Deutsche: Philipp Raimund etwa oder Pius Paschke. Letzterer habe in der Sommersaison gute Leistungen gezeigt, so Hannawald. Vergangene Saison war bei ihm der Knoten geplatzt - er feierte in Ruka sein erstes Weltcup-Podest, in Engelberg gar seinen ersten Sieg. In dieser Saison soll nun Stabilität her. "Ich gehe davon aus, dass Pius sich weiterentwickelt hat. Er macht einen souveränen Eindruck", sagt Hannawald.
Adrian Tittel schnuppert Weltcup-Luft
Paschke ist mit 34 Jahren der älteste und erfahrenste DSV-Adler. Der Jüngste im Weltcup-Team ist der 20-jährige Adrian Tittel. Er ist das neue Gesicht in der ersten Mannschaft. Bei der Junioren-WM Anfang des Jahres gewann der Athlet von der SG Nickelhütte drei Medaillen. Jetzt will er erstmals im Weltcup-Zirkus mitmischen. In Lillehammer hat er die erste Chance.
"Er ist sehr motiviert. Du merkst ihm an, dass er vorwärtskommen möchte", sagt Hannawald, der sich an seine ersten Weltcup-Sprünge erinnern kann: "Ich war aufgeregt. Da vergisst man vor Aufregung dann auch mal, worum es beim Skispringen geht. Aber ich habe oft das Gefühl, dass die junge Generation damit cooler umgeht."
Hannawald: "Bin völliger Befürworter der Regeländerung"
Auch Markus Eisenbichler ist zurück: Nach seiner schwachen Vorsaison hat er sich zurück ins Weltcup-Team gekämpft. "Gott sei Dank hat Markus einen neuen Weg mit den Trainern gefunden." Zuletzt machte der 33-jährige Eisenbichler Schlagzeilen, weil er eine Regeländerung der FIS scharf kritisierte.
Fortan gibt es für unsaubere Landungen mehr Punkte Abzug. Statt bisher zwei Punkte, die Athleten für einen missratenen Telemark einkassieren, drohen jetzt drei Zähler Abzug von den Juroren. "Das finde ich total bescheuert, ganz ehrlich, was sich die FIS da wieder hat einfallen lassen", so äußerte sich Eisenbichler zur Neuerung.
Hannawald ist da anderer Meinung: "Ich bin völliger Befürworter des neuen Ansatzes." Beim Skispringen dürfe es nicht nur um Weite gehen, "es muss auch um das stilistisch Schöne und um eine saubere Landung gehen".
Hannawald: "Eine Chance für Techniker"
"Wenn einer wie ein Hubschrauber ums Eck kommt und trotzdem noch weit springt, da muss ich sagen: Skispringen ist für mich etwas anderes. Und diese Sieger wird es so nicht mehr geben. Das find ich gut."
Hannawald - der selbst für seine feinen Landungen bekannt war - sieht in der Regeländerung eine Chance, damit Athleten an ihrer Landung arbeiten, einen stärkeren Fokus auf saubere Technik legen.
"Wenn einer wie ein Hubschrauber ums Eck kommt und trotzdem noch weit springt, da muss ich sagen: Skispringen ist für mich etwas anderes."
Neben "technisch schöneren" Siegen dürfen sich die Zuschauer in dieser Saison auch auf die WM im norwegischen Trondheim freuen. Bei der Jagd um die Medaillen zählt Wellinger zu den Top-Favoriten. Bis dahin kann er in Lillehammer die Basis legen.