Skiflug-Premiere der Frauen Skispringerinnen sind bereit - mit Vorfreude zum "Monsterbakken"
Die Top-Skispringerinnen blicken voller Erwartung auf das erste Skifliegen der Frauen in der Geschichte. Doch es gibt auch Zweifel - eine Athletin sagt: "Für mich ist es zu gefährlich."
Es ist die größte Skiflugschanze der Welt. Der Vikersundbakken trägt den Spitznamen Monsterbakken. 134 Meter Anlauflänge, 36 Grad Neigung, ein K-Punkt von 200 Metern und eine Hillsize von 240 Metern. Der Schanzenrekord liegt bei 253,5 Metern. Und genau hier wird am Sonntag der ersten Frauen-Skiflug-Wettbewerb der Geschichte stattfinden.
"Traum" oder "Meilenstein" - diese Wörter fallen immer wieder, wenn die Sportlerinnen oder ihre Trainer über das spektakuläre Event sprechen. "Skifliegen ist das Größte, was man im Skispringen machen kann. Wir haben jetzt so lange gewartet", sagte Althaus der Deutschen Presse-Agentur. Das Debüt in der Königsdisziplin ist der nächste logische Entwicklungsschritt auf dem Weg zur sportlichen Gleichberechtigung.
"Wir sind ready" - Skispringerinnen vor historischer Premiere
"Wir freuen uns einfach riesig", bestätigte Althaus auch im Sportschau-Interview nach ihrem 15. Weltcup-Sieg in Lillehammer und wiegelte Fragen nach der Möglichkeit ab, beim Skifliegen in der Wertung der Raw-Air-Tour noch einmal ganz nach vorne zu kommen. Es wird klar: Am Sonntag geht es nicht um Weltcup-Punkte, um einzelne Leistungen. Hier geht es um etwas Größeres.
Und auch Eva Pinkelnig, Gesamtweltcupsiegerin aus Österreich, kann den historischen Wettkampf kaum erwarten: "Ich bin ready. Ich freue mich riesig", sagte sie nach dem Springen in Lillehammer: "Am Anlaufturm habe ich mit der Katharina (Althaus, Anmerkung d. Red.) noch vor dem Wettkampf darüber geredet und wir haben beide gesagt: Wir sind ready."
Kein Druck auf Athletinnen - Start "kein Muss"
Auch DSV-Athletin Anna Rupprecht betonte die historische Tragweite des Skifliegens am Sonntag: "Wie oft hat man schon so eine Chance im Leben? Wir wissen alle nicht, ob das irgendwann wieder stattfindet." Als 14. der Raw-Air-Rangliste qualifizierte sie sich knapp für den Wettbewerb auf dem Vikersundbakken. Druck, trotz Bedenken beim Skifliegen teilzunehmen, gäbe es allerdings nicht: "Überhaupt nicht. Das wird von den Trainern und der FIS entspannt aufgenommen. Es ist echt kein Muss."
"Medizinische und moralische Argumente" - Innauer gegen Start
Etwas weniger euphorisch als seine Athletinnen gibt sich Bundestrainer Maximilian Mechler: "Insgesamt freuen wir uns. Wir hoffen, dass die Bedingungen gut sind, dass man da zumindest keine Sorgen haben muss." Eine spezielle Vorbereitung gäbe es im Vorfeld allerdings nicht. Schon lange genug steht dieser Termin fest, es wurde schon viel darüber gesprochen. Und längst nicht bei allen überwiegt die Vorfreude - sondern die Sorge um das Wohl der Athletinnen.
So etwa Ex-Skispringer Toni Innauer, der zwölf Jahre lang für das ZDF als Experte arbeitete. In einem offenen Brief hatte er die Entscheidung, dass nun auch Frauen im Skifliegen antreten, kritisiert: "Der relevante Unterschied zu ihren männlichen Sportkollegen liegt nicht so sehr in der sportlichen Leistungsfähigkeit, sondern in den zu erwartenden Problemen bei einem typischen Skiflugsturz, wie ihn Daniel Andre Tande oder Thomas Morgenstern in jüngster Zeit erlebt hatten", wird Innauer zitiert. Er sieht demzufolge "wichtige biomechanische, medizinische und ethisch moralische Argumente", die gegen eine Einführung sprechen.
"Für mich zu gefährlich" - Österreicherin verzichtet auf Skifliegen
Um die Athletinnen zu schützen, sollen bei der Premiere nur die besten 15 starten - genauer die besten 14, denn die Österreicherin Julia Mühlbauer verzichtet freiwillig auf die Teilnahme bei der Skiflug-Premiere. Eine Bandscheiben-Verletzung im Herbst hatte ihre Vorbereitung beeinträchtigt und noch fühlt sie sich nicht bereit für den großen Flug: "Es ist für mich zu gefährlich, mein Flug-System ist zu instabil. Man kann es nicht vergleichen mit Skispringen von einer Großschanze", sagte sie.
Dennoch bedauerte sie den Fakt, dass sie nicht starten wird: "Es wäre natürlich schon gut für die Gesellschaft, für die Weiterentwicklung des Damen-Skispringens, dass die 15 Athletinnen, die dürfen, auch wirklich starten. Aber jede muss das für sich selbst entscheiden. Wenn man unvorbereitet ist, ist es einfach zu gefährlich", so die 18-Jährige, die knapp über der Altersgrenze für das Skifliegen liegt.
"Einfach los" - Das Mittel gegen "Nervenflattern"
Rupprecht wollte sich nicht damit befassen, dass auch in ihr kurz vor dem Absprung derartige Zweifel aufkeimen könnten: "Daran darf man gar nicht denken. Man wird wahrscheinlich übel nervös werden." Aber letzten Endes hat sie auch dafür ein Mittel: "Einfach sofort losfahren, sobald der Trainer abwinkt. Es wird alles automatisiert ablaufen. Und man wird eher einen vorsichtigen Sprung machen."
Und auch Althaus gab zuletzt zu, sie werde "Nervenflattern" haben, doch mit Sorgen schaut sie nicht auf den Sonntag. "Ich weiß, dass mein System ziemlich stabil ist. Deswegen mache ich mir da gar keinen Kopf", sagte Althaus. "Auch die Trainer von den Männern und die Männer selbst haben alle zu mir gesagt, sie sehen da gar kein Problem, mich fliegen zu sehen. Sie wissen alle, dass ich das kann."
So bleibt zu hoffen, dass die äußeren Bedingungen günstig sind und die Skiflug-Premiere vom Vikersundbakken als historischer und erfolgreicher Tag in die Geschichte des Frauen-Skispringens eingehen wird.