Alpine Ski-WM Alexander Schmid: Mit wenig Schlaf und großer Konstanz zu WM-Gold
Der Allgäuer Alexander Schmid beschert Deutschlands Ski-Männern den ersten goldenen WM-Tag seit 1989. Für den 28-Jährigen ist es der Höhepunkt einer stetigen Entwicklung.
Als Alexander Schmid das letzte Mal im Starthaus stand, erhoben sich alle Zuschauer im Stadion und schwenkten ihren Frankreich-Fahnen. Fast so, als wollten sie dem stärksten Fahrer des Mittwochs (15.02.2023) in Méribel bereits vorab ihre Ehre erweisen.
Es stand zwar das Grande Finale im Parallel-Event der Männer bei der Ski-WM in Courchevel/Méribel an, die Spannung war also eigentlich groß, doch Schmid hatte für den Lauf schon eine halbe Sekunde Vorsprung. Er stand daher oben und wusste selbst, "ich muss nichts Besonderes machen - einfach locker drauf los", sagte er der Sportschau.
Jubelnd inmitten der Teamkollegen
Der Allgäuer Schmid traf auf den Österreicher Dominik Raschner. Und ging es genau so an: locker drauf los – und dem Gegner überhaupt keine Chance lassen. Im Ziel jubelte er nach insgesamt acht souveränen Fahrten über Gold, in jedem seiner Läufe war Schmid als Erster im Ziel.
Sein Teamkollege Linus Straßer sprang ihm noch im Zielraum in die Arme, Schmid grinste dabei übers ganze Gesicht. Später umarmte ihn auch die Kollegin Lena Dürr - ein Stück großes Glück im Team des Deutschen Skiverbandes (DSV) samt gemeinsamen Jubelfoto auf dem Siegerpodest.
"Wir sind nicht so viele, die da vorne mitfahren. Und das hilft mir und der Lena auch, wenn der Alex gut ist. Wir sind ein Team, wir machen das zusammen", sagte Straßer, der sich unten als Zuschauer in Frankreich noch nervöser als Schmid am Start gefühlt habe.
Erster deutscher WM-Titel seit 1989
Nicht nur für Schmid war es ein besonderer Erfolg, es ist auch der erste deutsche WM-Titel bei den Männern seit 1989, als der wie Schmid in Oberstdorf geborene Hansjörg Tauscher Gold in der Abfahrt von Vail holte. Nach der medaillenlosen ersten Woche sei das "für alle, die hier beteiligt sind, schon viel wert", betonte DSV-Alpinvorstand Wolfgang Maier: "Wir gehören ja nicht zu den Topfavoriten, wir sind aber immer für eine Überraschung gut." Ein Stück weit erlöste Schmids Gold den DSV letztlich auch von Debatten ums Warten auf eine Medaille, die sonst Richtung Abschlusswochenende vermutlich größer geworden wären.
Nach Team-Silber bei Olympia in Peking und Team-Bronze bei der WM 2021 schaffte Schmid selbst seinen ersten großen Einzelerfolg. Vielleicht auch – weil er diesmal eine ungewohnte Vorbereitung hatte: "Ich muss ganz ehrlich sagen, ich habe nicht so gut geschlafen nach dem Tag gestern. Das war einfach ein sehr stressiger Tag. Dann habe ich mir gedacht, heute kann es nur besser werden, das war in dem Fall gar kein schlechtes Omen."
Bei der WM 2021 schon im Halbfinale
Es brachte ihm, so vermutete er es selbst, neue Lockerheit. Lockerheit, die vielleicht auch mal im entscheidenden Moment seiner Karriere gefehlt hat: Bei der WM 2021 in Cortina d’Ampezzo scheiterte er im Halbfinale des Parallel-Events und wurde Vierter – nun blieb er cool.
Für Schmid ist dieser Februartag der vorläufige Höhepunkt einer stetigen Entwicklung. Immer wichtiger wurde er in seinem Skirennfahrerleben für den DSV. 2014 startete er zum ersten Mal im Weltcup, anfangs stand er im Techniker-Bereich noch im Schatten von Felix Neureuther oder Stefan Luitz. Aber nach und nach trat er ins Licht, nicht mit diesem einem einzigen goldenen Moment, sondern mit unbändiger Konstanz bis dahin.
Stetiger Aufstieg im Weltcup
Der 28-Jährige gilt schließlich seit Jahren als der vielleicht talentierteste Skifahrer im deutschen Verband. Doch Verletzungen und eine Viruserkrankung machten ihm immer wieder zu schaffen. Seitdem er diese nun überwunden hat, sammelte er schon zwei dritte Plätze im Weltcup bei Parallel-Events (Straßer: "In dieser Disziplin ist der Alex für mich der schnellste Mann") und einen vor etwas mehr als einem Jahr im Riesenslalom.
Einen Weltcupsieg hat er übrigens noch nicht vorzuweisen – dafür aber nun diesen WM-Titel. Am Freitag hat Schmid schon die nächste Chance auf eine Medaille in Frankreich (ab 10 Uhr im Sportschau-Livestream), schließlich zählt er nun erst recht zum Favoritenkreis nach diesem Gold-Coup.
Schmid widmet WM-Titel Bruder Manuel
Den Schmid wiederum einem anderen verletzten DSV-Fahrer widmet: seinem Bruder Manuel, der in den Speed-Diszpilinen Abfahrt und Super-G startet. Technik-Spezialist Alexander dachte an ihn, weil er selbst nicht wisse, ob sein Bruder überhaupt noch einmal die Chance haben werde, an einer WM teilzunehmen. Im März 2021 hatte Manuel Schmid sein bislang letztes Weltcup-Rennen bestritten. Wann und ob der 30-Jährige in den Weltcup zurückkehren kann, ist unklar.
Anders sieht es beim jüngeren Bruder Alexander aus, der dort gerade zur absoluten Weltspitze zählt. "Der Konstanteste hat gewonnen", sagte selbst Österreichs sportlicher Leiter Herbert Mandl und gab damit die Meinung aller Umstehenden am Mittwoch wieder. Dieser Tag war Alexander Schmids Gold-Tag.