Alpine Ski-WM Kanadische Sensation in Méribel - Dürr holt Bronze
Sensation beim WM-Slalom in Méribel: Die Siegerin Laurence St-Germain aus Kanada hatte niemand auf dem Schirm. Lena Dürr holte nach mutiger Fahrt die ersehnte Medaille für den deutschen Skiverband. Top-Favoritin Mikaela Shiffrin blieb nach Führung im ersten Durchgang nur Silber.
Lena Dürr, die mit 57 Hundertstel Sekunden Vorsprung auf die bis dahin führende Norwegerin Mina Fuerst Holtman in den zweiten Durchgang gegangen war, legte eine aufregende Fahrt hin. Zu Beginn enorm stark und stabil, verlor sie im zweiten Teil ein wenig an Tempo und Geschmeidigkeit - aber es reichte: Mit zwei Hundertstel Sekunden blieb sie im Ziel vor der Norwegerin. Das reichte für die Bronzemedaille.
"Ich bin so froh, dass ich es geschafft habe", jubelte Lena Dürr im Ziel. Am ARD-Mikrofon strahlte sie: "Es hat endlich gereicht. Das Rennen war so schwierig. Ich bin so glücklich!"
Laurence St-Germain - mutig zum Sieg
Die ganz große Überraschung gelang aber der jungen Kanadierin Laurence St-Germain. Nach dem ersten Durchgang schon völlig überraschend auf Rang drei liegend, griff die Nordamerikanerin im zweiten Durchgang so richtig an. Sie ging volles Risiko und lag im Ziel fast sieben Zehntel Sekunden vor der Deutschen, die direkt vor ihr gestartet war.
Es folgte die nach dem ersten Lauf Zweitplatzierte Wendy Holdener. Die Schweizerin - mit 19 Hundertstel Sekunden Rückstand auf Rang eins ins Rennen gegangen - wollte den Sieg. Und sie riskierte zuviel: fädelte ein, schied aus.
Shiffrin - zaudernd nur auf den Silberrang
Ein Patzer, der offensichtlich auch Mikaela Shiffrin nicht unbeeindruckt ließ. Die US-Amerikanerin, normalerweise mental enorm stabil, zögerte und zauderte. Und sie hatte ihren satten Vorsprung auf die junge Kanadierin schon bald eingebüßt.
Schon im Mittelteil wurde deutlich: Mit dieser Fahrt würde Shiffrin nach Gold im Riesenslalom nicht wieder ganz vorn landen können. Und so war es auch: 57 Hundertstel Sekunden Rückstand im Ziel waren deftig, sie platzierte sich so gerade eben noch vor Dürr auf dem Silberrang. Es war nur eine der ganz großen Überraschungen dieses WM-Slaloms.
Aicher fällt weiter zurück
Zuvor hatten die Nebendarstellerinnen die Schlagzeilen gemacht: Die nach dem ersten Durchgang auf Rang 13 gelegene Emma Aicher kam im zweiten Durchgang ganz gut ins Rennen, ließ es dann aber an der nötigen Aggressivität vermissen. Die junge Deutsche zog im Ziel ein langes Gesicht, nachdem sie weiter zurückgefallen war.
Ein Debakel erlebte die Titelverteidigerin Katharina Liensberger. Die Österreicherin, nach dem ersten Lauf noch 14., erlebte im zweiten Durchgang ein regelrechtes Debakel, rutschte noch weiter nach hinten und blieb komplett chancenlos. Überhaupt war auch dieser Tag für die Österreicherinnen ein Tag zum Vergessen. Keine landete unter den besten zehn.
Shiffrin vor Holdener nach dem ersten Durchgang
Zwei Tage nach ihrem WM-Triumph im Riesenslalom war Mikaela Shiffrin gleich mit der Startnummer eins in den ersten Slalom-Durchgang gegangen. Die US-Dominatorin legte auf der Piste Roc de Fer in Méribel eine feine, fehlerfreie Fahrt hin und setzte auf dem wenig schwierigen Kurs eine echte Richtzeit.
Wie gut ihr der erste Lauf gelungen war, zeigte sich gleich bei den nächsten Starterinnen. Ana Bucik aus Slowenien, eine aufstrebende junge Athletin, hatte als nächste Läuferin gleich einmal eine satte Sekunde Rückstand. Und auch die Kroatin Leona Popovic - eigentlich auch als Geheimfavoritin gehandelt - kam mit über einer Sekunde Rückstand ins Ziel.
Lena Dürr verhalten im ersten Durchgang
"Opfer" der zu diesem Zeitpunkt noch überragenden US-Amerikanerin war auch die Deutsche Lena Dürr. Mit Nummer sechs ins Rennen gegangen, lieferte die 31-Jährige eine ganz passable Fahrt ab, ihr fehlte aber eine Spur Draufgängertum. Mit 0,92 Sekunden Rückstand kam sie als zunächst Dritte ins Ziel. Schüttelte dort aber mit dem Kopf. Der deutsche Techniktrainer Markus Lenz meinte am ARD-Mikrofon: "Sie sollte im zweiten Durchgang etwas lockerer werden und angreifen. Dann ist noch vieles drin."
"Es gibt hier und da noch einige Reserven bei mir", meinte Dürr später gegenüber der ARD. "Der Rückstand ist mir eigentlich zu groß. Aber es gibt noch eine Chance", fand sie. Mikaela Shiffrin hingegen war so richtig gut drauf: "Das sind tolle Tage hier. Ich genieße sie einfach. Nur noch ein Lauf", meinte sie lächelnd.
Aicher passabel, Hilzinger und Filser enttäuscht
Einzige Läuferin, die Shiffrin zumindest ein klein wenig Paroli bieten konnnte, war Wendy Holdener. Die Schweizerin zeigte jene Aggressivität im Hang, die auf diesem Kurs offenbar zwingend nötig ist, um vorn landen zu könnnen. Lediglich 19 Hundertstel Sekunden Rückstand auf Shiffrin ließen für den zweiten Durchgang so einiges erhoffen.
Mit rund eineinhalb Sekunden Rückstand auf Rang eins fuhr die Deutsche Emma Aicher auf den vorübergehenden Platz 13 - dabei hatte sie zwei dicke Patzer in ihrem Lauf. Schlechter lief es für die gleich nach Aicher ins Rennen gegangene Jessica Hilzinger. Die 25-Jährige kam überhaupt nicht zurecht und fuhr ins hintere Feld.
Die letzte deutsche Starterin, Andrea Filser, die bei der WM bislang auch noch nicht so richtig funktionierte, brachte auch diesmal nicht genügend Zug auf den Ski und fuhr von Anfang an hinterher. Im Ziel landete auch sie weit abgeschlagen.