Nordische Ski-WM DSV-Teamkoch in Planica: Medaillen gehen durch den Magen
Um Hochleistungen zu bringen, müssen Profisportler nicht nur hart trainieren, sondern auch richtig essen. Dafür ist beim Deutschen Skiverband (DSV) seit fast drei Jahrzehnten unter anderem Heiko Götz zuständig. Auch bei der Nordischen Ski-WM in Planica ist er wieder mit vor Ort und sorgt für das leibliche Wohl der Sportler und Betreuer.
Es ist kurz nach halb zehn im Teamhotel der deutschen Mannschaft in Tarvisio. Seit gut dreieinhalb Stunden steht Heiko Götz in der großen Küche im Untergeschoss und werkelt. Knapp 80 Eier hat der 53-Jährige bereits verarbeitet und zwölf Kilo Brot gebacken, um die 64-köpfige Delegation des DSV aus den Bereichen Skispringen und Langlauf sowie die Angestellten des Hotels zu versorgen.
Auf dem Herd köchelt seit den frühen Morgenstunden ein 30-Liter-Topf Rinderkraftbrühe - alles Natur und ohne chemische Keule versteht sich. Dahinter liegen für den Nachmittag vorbereitete Eierkuchen - knapp 50 Stück. Damit alles frisch ist und er keine Fertigprodukte verwenden muss, steht er "lieber mal eine Stunde früher auf", wie Götz erklärt. Sein Arbeitstag geht meist von 6 Uhr in der Früh bis in die Abendstunden.
Exakte Abstimmung für jeden Athleten
Bei der Erstellung des Speiseplans muss Götz natürlich auf die unterschiedlichen Ansprüche der Sportarten eingehen. Essentielle pflanzliche Proteine sind für alle Sportler die Grundlage, dann wird im Baukastensystem das richtige Menü zusammengestellt mit der entsprechenden Menge an Kohlehydraten oder Fleisch. Dies geschieht alles in enger Absprache mit den Ernährungsberatern des Deutschen Skiverbandes (DSV). "Wir erstellen die Komponenten und der Ernährungsberater berechnet die einzelnen Elemente", so Götz, der Mitte der 1990er-Jahre Ökotrophologie - eine Kombination aus Ernährungswissenschaft und Haushaltswissenschaft - studierte und dieses Wissen nun in seine Arbeit einfließen lässt.
Vor dem Wettkampf haben die Sportler ihre eigenen Rituale, drei Stunden vor dem Wettkampf wird nach den persönlichen Vorgaben gegessen. Dann stehen die ausgerechneten Komponenten auf dem Plan. Nach den Wettbewerben gibt es dann auch mal Dinge, "die glücklich machen".
Techniker mögen es etwas deftiger
Doch nicht nur die Athleten wollen versorgt werden, auch die Techniker haben Hunger. Da darf es dann gerne schon mal etwas deftiger werden, erklärt Götz. "Eine gute Thüringer Bratwurst, eine schöne Leberkäs-Semmel oder auch mal ein Chili con Carne - die müssen nicht mehr um Medaillen laufen. Die müssen die Ski schnell machen und da muss man glücklich sein", erzählt er und übergibt eine Kühlbox mit der aktuellen Ration an eine DSV-Mitarbeiterin, die sich damit auf den Weg ins 16 Kilometer entfernte Planica macht.
Für eine Medaille darf es auch teurer sein
Um die ganzen Mengen an Nahrungsmitteln verarbeiten zu können, musste im Vorfeld natürlich gut geplant werden, schließlich ist die Logistik ein Thema für sich. "Wir haben einen Bio-Bauern vor Ort, bei dem wir unser frisches Gemüse kaufen", sagt Götz. Bereits im Oktober habe er die Qualität des Fleisches getestet und mögliche Zulieferbetriebe angeschaut, der ausgewählte liegt nun lediglich drei Kilometer vom Teamhotel entfernt: "Vielleicht kostet das am Ende mal ein bisschen mehr als wenn man das in einem Supermarkt kauft, aber die Qualität ist besser. Aber wenn man sieht, wie viele Medaillen es in der ersten Woche schon gab, dann fallen die 30 bis 40 Euro pro Person mehr nicht auf." Einige Produkte, wie die Thüringer Bratwürste, werden aber aus der Heimat mitgebracht.
Seit fast drei Jahrzehnten beim DSV
Seit 1994 ist Götz für den DSV tätig. Angefangen hat alles bei den Biathleten, mit den damaligen Topstars Sven Fischer, Ricco Groß oder Uschi Disl hat er auch heute noch freundschaftlichen Kontakt. Mit den ehemaligen Trainern Gerald Hönig oder Uwe Müssiggang geht er ab und zu noch Golf spielen. Von den aktuell Aktiven kennt er Andreas Wellinger schon seit Kindesbeinen. Inzwischen habe er sechs Olympische Spiele mitgemacht und war bei so ziemlich jeder WM dabei, erklärt Götz.
2016 wechselte Götz innerhalb des DSV in den nordischen Bereich und ist seitdem für die Langläufer zuständig, somit kennt er entsprechende Wünsche schon ganz genau. Ob selbstgemachte Gnocchi, Pasta, verschiedene Anti-Pasti-Variationen oder gebackene Aubergine mit Blauschimmelkäse - die Liste ist lang und vielfältig. Das stellen Götz und seine Hilfsköche jeden Tag frisch her. Ebenfalls weit oben stehen Steaks, die keinesfalls ein Problem in der Ernährung eines Spitzensportlers darstellen.
Es kommt dann eben auf die Art des Fleisches und die Menge an, aber da wissen die Athleten bestens Bescheid, was verträglich ist, erklärt Götz. Aber es gibt auch Ausnahmen: "Am Ruhetag darf auch mal ein bisschen gesündigt werden. Dann machen wir auch mal Hamburger oder Kaiserschmarn, damit die Sportler wieder zu Kraft kommen." Und manchmal gibt es auch noch weitere Sonderwünsche. Nach einem langen, kräftezehrenden Rennen wird auch mal ein Pizza angefragt, der Bitte kommt Götz dann selbstverständlich nach. Nach dem Mixed-Team-Gold stand Schnitzel auf der Speisekarte: "Das hab ich fast schon inhaliert", erklärt Karl Geiger am nächsten Morgen.
Wenn es Medaillen gibt, wird auch mal ein Bier angefragt
Während Götz in seinem Reich schafft, geht an ihm vorbei, was die von ihm Bekochten auf den Schanzen und in den Loipen leisten. Einen Fernseher gibt es nicht in der Küche und er hätte auch gar nicht die Zeit dafür. "Erst wenn sie am Abend reinmarschieren und alle jubeln, dann bekomme ich es mit. Oder wenn vielleicht mal das ein oder andere Bier bestellt wird", sagt er lachend. Eine besondere Belohnung, wenn es dann mit einer Medaille geklappt hat, will Götz nicht: "Die Freundlichkeit und der familiäre Zusammenhalt machen mich schon glücklich. Da brauche ich keine Geschenke", gibt sich Götz zufrieden, während er ein Rührei zubereitet.
Und wie sieht es mit seiner eigenen Ernährung aus? "Es muss ja alles probiert werden, weil die Qualität stimmen muss. Da hat man am Abend eigentlich nicht mehr viel Hunger", sagt er. Dennoch werde im Team gemeinsam gegessen: "Verhungern muss ich nicht." Mit den Athleten werde dann am Abend auch mal gemeinsam ein Bier oder ein Rotwein getrunken. "Das schadet ja keinem", lacht Götz. Dann muss er los, schnell die Treppe rauf in den Frühstücksraum des Teams. Einer der Athleten wartet dort schon auf sein Frühstücksei.