Bob und Skeleton Neue Saison, aber alte Favoriten
Die deutschen Bobs sind wieder die Gejagten. Wenn in etwas mehr als drei Wochen der erste Weltcup ansteht, gilt es für den Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD) nicht weniger als sechs Trophäen aus dem vergangenen Winter zu verteidigen. Im Mittelpunkt wird dabei vermutlich wieder das ewige Duell zwischen Francesco Friedrich und Johannes Lochner stehen. Eine Neuerung gibt es im Zusammenspiel mit den Skeletonis, denn erstmals seit vielen Jahren werden nicht alle Wettkämpfe am selben Ort durchgeführt.
Zweierbob-, Viererbob- und Gesamtwertung bei den Männern, Monobob-, Zweierbob- und Gesamtwertung bei den Frauen: Diese Erfolge hat das deutsche Bob-Team in dieser Saison zu verteidigen. Francesco Friedrich sowie Laura Nolte und Lisa Buckwitz standen am Ende des Winters ganz oben auf dem Podest und wurden für ihre starken Leistungen geehrt. Nun, fast genau acht Monate nach dem letzten Rennen in Lake Placid, stehen die deutschen Eisrinnen-Spezialisten wieder bereit. Bereit für neue Erfolge.
"Wir sind im Groben ganz gut durchgekommen durch die Vorbereitung", fasste Bundestrainer René Spies die vergangenen Monate zusammen. Seine Teams habe er zu größten Teilen schon zusammen. Lediglich im Monobob der Frauen, wo sich Kim Kalicki und Maureen Zimmer noch um den letzten der drei Startplätze streiten, und im Vierer der Männer gebe es noch Klärungsbedarf. Dort habe Adam Ammour, der Überraschungs-Europameister im Zweier, aktuell die besten Karten im Kampf um den dritten großen Schlitten hinter Friedrich und Johannes Lochner.
Bundestrainer Rene Spies
Leichte Verstimmungen im Bob-Team beseitigt
Das Dauer-Duell zwischen Lochner und Friedrich war bereits vor den ersten Rennen in eine Extra-Runde gegangen. Lochner beklagte in einem Zeitungsinterview einen Abwerbeversuch seines Top-Anschiebers Georg Fleischhauer durch seinen sächsischen Rivalen und sprach vom Verstoß gegen eine "stillschweigende Vereinbarung". Die Wogen sind inzwischen wieder geglättet, wie beide auf der Saisoneröffnungspressekonferenz des BSD am Mittwoch (13.11.2024) in Winterberg erklärten.
Rekordweltmeister Friedrich erklärte noch einmal, er habe ein "Perspektivgespräch" geführt, für den Fall, dass Lochner seine Karriere beenden würde. Macht der aber nicht und damit bleibt Fleischhauer in dessen Schlitten. "So wie es ausgegangen ist, können wir einen Strich darunter machen", sagte Lochner. Das Thema ist durch, und Friedrich hat sich einen anderen Anschieber besorgt.
Mit Simon Wulff hat er nun einen extrem schnellen Sprinter in seinem Team. Der Dresdner lief in seinem letzten Rennen als Leichtathlet die 100 Meter in 10,06 Sekunden und damit die viertschnellste Zeit, die jemals ein Deutscher gelaufen ist. "Die Entscheidung, zu wechseln, war ja schon lange vor dem letzten Rennen klar", sagte Wulff, der seine Sprinterkarriere nach einer Verletzung aber anständig beenden wollte. Also hat er im Sommer, als er schon in der Vorbereitung auf das Bob-Abenteuer war, noch ein paar Rennen absolviert. Ein Umdenken und Verbleib in der Leichtathletik habe also nie zur Debatte gestanden.
Der Sprinter Simon Wulff bei den Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften U23
Blick geht schon weiter ins Jahr 2026
Neben den zahlreichen Erfolgen, die es für das deutsche Team zu wiederholen gilt, und der Weltmeisterschaft in Lake Placid geht der Blick aber auch schon weiter zu den Olympischen Spielen nach Italien. Die Bahn in Cortina d'Ampezzo ist zwar noch im Bau, dennoch laufen schon die Vorbereitungen bei den deutschen Piloten und Pilotinnen.
"Materialtechnisch testen wir diese Saison ein paar Sachen aus, um herauszufinden, was mit Blick auf Olympia gut klappt", erklärte Laura Nolte, die im Sommer auch ihr Bachelor-Studium der Wirtschaftspsychologie erfolgreich abgeschlossen hat. Lochner plant einen Besuch in den Dolomiten, um sich vor Ort einen Einblick zu verschaffen. Möglicherweise gebe es wie vor den Spielen 2022 in Peking auch wieder die Möglichkeit eines Simulators.
Um am Start noch weitere Zeit gutzumachen, wird aktuell an Spike-Platten aus dem 3D-Drucker getüftelt, die es den Aktiven ermöglicht, mit ihren aus dem Sommertraining gewohnten Schuhen auch im Winter an den Start zu gehen. Aktuell aber liegt die Konzentration auf dem Saisonstart im sächsischen Altenberg, wo am 7. und 8. Dezember die ersten internationalen Vergleiche vonstattengehen werden.
Skeletonis zunächst alleine in Asien
Schon deutlich früher starten die Skeletonis in ihren ersten Weltcup. Nachdem es jahrelang Tradition war, dass sie ihre Wettkämpfe zur selben Zeit am selben Ort mit dem Bob-Zirkus austragen, hat der Wettkampfkalender in diesem Jahr nur noch sechs Überschneidungen. Den Start in Fernost absolvieren die Skeletonis alleine. Dass dies eine Emanzipation vom Bobsport ist, glaubt Bundestrainer Christian Baude nicht. Die Gründe seien eher pragmatischer Natur. Es geht um Geld.
"Der Transport der Bobkisten nach Asien ist sehr teuer. Da ist es bei uns um einiges günstiger, wenn man es selbst im Flugzeug mitnimmt", so Baude. Los geht es für seine Teams schon am kommenden Wochenende mit zwei Rennen auf der Olympiabahn von 2018 in Pyeongchang, bevor es eine Woche später ins Yanqing National Sliding Center, dem Austragungsort der Olympiaentscheidungen 2022, geht.
Baude freut sich darauf, endlich mal "ein Rennen am Wochenende zu haben", weil sonst die Skeletonis meist Donnerstags und Freitags zum Einsatz kommen. Ein Umstand, den schon viele der Aktiven kritisiert haben. Wie groß aber die Resonanz in der Heimat sein wird, sei aufgrund des Zeitunterschieds fraglich.
Grotheer siegt im Trainingsanzug
Für den BSD wird dort ein achtköpfiges Team an den Start gehen. Neben Einzel-Weltmeister Christopher Grotheer wurden bei den Männern Axel Jungk, Felix Keisinger und Lukas Nydegger nominiert. Bei den Frauen haben sich Hannah Neise, Jacqueline Pfeifer, Susanne Kreher und Corinna Leipold in den vier Selektionen der Saisonvorbereitung die Startplätze erkämpft. Nicht mehr dabei sein wird Rekordweltmeisterin Tina Hermann, die vor wenigen Wochen ihr Karriereende bekannt gegeben hatte.
Hannah Neise und Christopher Grotheer gewannen im Februar gemeinsam den WM-Titel im Mixed.
Ihr Rücktritt wird nicht einfach zu kompensieren sein, glaubt Baude: "Sie wird uns fehlen, ich hätte gerne mit ihr bis Olympia weitergemacht." Mit Blick auf die Winterspiele 2026 müsse deswegen auch im Nachwuchsbereich nachgelegt werden, fordert er. Aber auch die jetzigen Athleten und Athletinnen haben mehrfach ihre Stärken unter Beweis gestellt. Die beiden Asien-Cups in Pyeongchang am vergangenen Wochenende nutze das deutsche Team als erweitertes Training.
Obwohl nur mit Trainingsmaterial an den Start gegangen, gewann Grotheer beide Rennen und zeigte damit seine Frühform. Überbewerten wollte der aktuelle Weltmeister dies aber nicht: "Ein bisschen Glück braucht man immer. Aber ich hatte auch eine sehr, sehr gute Vorbereitung und mal keine Verletzung im September." Das Saisonhighlight in diesem Jahr findet mit der WM Anfang März in Lake Placid statt. Und mit der Bahn in den USA hat Grotheer noch eine Rechnung offen. Im vergangenen Jahr verletzte er sich dort im ersten Durchgang und verlor so noch die Weltcup-Gesamtwertung an den Briten Matt Weston.