Biathlon "Genuss mit Gelb" - Preuß stärkt WM- und Weltcuphoffnungen
Franziska Preuß ist in der Form ihres Lebens - so schnell und schießstark wie nie. Dass die Frau in Gelb auch mental gewachsen ist, zeigt ihr Ruhpolding-Comeback nach der emotionalen Achterbahnfahrt von Oberhof. Nun winkt ihre erste WM-Einzelmedaille und der Gesamt-Weltcup. Was sind die Gründe für die Formstärke?
Diese letzten 2,5 Kilometer auf der Biathlon-Strecke in Ruhpolding waren aus deutscher Sicht der perfekte Abschluss eines denkwürdigen und emotionalen Heim-Weltcups. Denkwürdig, weil das Wochenende überstahlt wurde von der tränenreichen Abschiedsankündigung von Johannes Thingnes Bö. Perfekt aus deutscher Sicht, weil Franziska Preuß auf der letzten Runde des Massenstarts am Sonntag (19.01.2025) eindrucksvoll ihre derzeitige Topform als Weltcupspitzenreiterin unter Beweis stellte. Die 30-Jährige feierte ein Comeback, das große Hoffnungen auf den Gesamt-Weltcup und die WM macht.
"Es war schon zäh"
Dabei musste Preuß nach ihrem zweiten Platz zum Ruhpolding-Abschluss erstmal durchschnaufen: "Es war schon zäh auf der Schlussrunde", gestand Preuß am Sportschau-Mikrofon. Doch Preuß überholte die beiden nach dem Schießen vor ihr liegenden Jeanne Richard aus Frankreich und Dorothea Wierer aus Italien und bejubelte Rang zwei – ihren dritten Podestplatz im dritten Rennen von Ruhpolding.
Angefressen nach Oberhof
Preuß feierte in ihrem Heimstadion und auf ihren Heimstrecken ein Comeback zur richtigen Zeit. In der Vorwoche in Oberhof hatte die Frau in Gelb mit neun Schießfehlern in drei Rennen noch ungewohnte Schwächen am Schießstand gezeigt. Und auch auf der Strecke war sie ein Stück entfernt von der tollen Form des ersten Trimesters – im verregneten Sprint und der Verfolgung hatte sie nur die 17.- sowie 8.-beste Laufzeit. Sorgen waren zu hören, Preuß könne nach der Overperformance des Saisonstarts in ein Formtief fallen. So wie es der Bayerin in den vergangenen Jahren und begleitet von diversen Infekten immer wieder geschah.
"Die ersten Kilometer von Oberhof war ich nicht gut gelaunt. Das war eine emotionale Achterbahnfahrt", gestand Preuß später in der Sportschau. Und fand gleich im ersten Rennen von Ruhpolding die richtige Antwort: Als Zweite im Einzel lief sie gleich wieder aufs Podest. "Da ist heute ein Felsbrocken runtergefallen", sprach sie anschließend über den Druck, mit dem sie die Ruhpolding-Tage angegangen war. Tags darauf führte sie die Staffel zu einem überlegenen Sieg und feierte schließlich im Massenstart noch einmal Rang zwei.
Ruhpolding: Nur zwei Fehler in zehn Schießen
Preuß ist in der Form ihres Lebens und stellte das in Ruhpolding eindrucksvoll unter Beweis. Umgeben von den Chiemgauer Alpen hatte sie in drei Rennen und ingesamt zehn Schießen nur zwei Schießfehler. Und das unter Druck, zum Beispiel im Massenstart: "Ich wusste, ich muss Null schießen, weil die da vorn auch Tempo machen. Stehend habe ich echt einen Flow gehabt." Mit durchschnittlich 91 Prozent Trefferquote ist sie am Schießstand so stark wie noch nie – im Gesamt-Weltcup sind nur acht Schützinnen besser als Preuß (von denen bis auf Lou Jeanmonnot aber sieben auf der Strecke langsamer sind als Preuß).
Preuß so schnell wie noch nie
Dazu präsentierte sich die dreifache Weltcupsiegerin läuferisch konstant in den Top 5, ist im Gesamt-Weltcup auch die fünftschnellste Läuferin. Die Statistik zeigt auch: So schnell wie aktuell war Preuß in ihrer gesamten Karriere noch nicht. Und auch das: Geplagt von vielen Infekten der Vergangenheit erschien sie mit Atemmaske zu Pressegesprächen – die Botschaft: Ich will auf keinen Fall einen Rückfall in frühere infektbedingte dunkle Zeiten riskieren.
"Hier ein bissel, da ein bissel, im Kopf ein bissel"
Was macht Preuß derzeit so stark und so konstant? Eine Nasennebenhöhlen-Operation im Frühjahr des vergangenen Jahres war offensichtlich erfolgreich, Preuß ist bisher von Infekten verschont geblieben. Und was noch? Preuß lacht: "Ich glaube, der größte Anteil am Erfolg ist das harte Training im Sommer. Da habe ich ganz gut gemerkt, wo der Fehler lag und konsequent daran gearbeitet", sagte sie in der Sportschau und antwortete auf die Nachfrage nach den konkreten Fehlern lachend: "Hier ein bissel, da ein bissel, im Kopf ein bissel. Der größte Schlüssel war, dass ich es im Kopf gecheckt habe, worauf es ankommt, damit man keine unnötigen Fehler schießt."
Gelb "verteidigen, so lange es geht"
Und so fährt die beste Franziska Preuß der Geschichte nicht nur mit dem Gelben Trikot zum Weltcup in dieser Woche nach Antholz. Sie ist auch eine der Top-Favoritinnen bei der WM im Februar in Lenzerheide. Nach sechs WM-Medaillen in der Staffel könnte sie die erste WM-Einzelmedaille ihrer Karriere feiern.
Im Kampf um die Krone der besten Skijägerin des Jahres setzte Preuß in Ruhpolding ein Statement. "Es war heute ein Genuss, mit Gelb im Heimstadion zu laufen. Das hätte ich mir nie geträumt", erklärte sie. "Das will ich jetzt verteidigen, so lange es geht."
Preuß, Jeanmonnot, Öberg - Dreikampf um Gelb
Der Vorsprung auf die Konkurrenz ist in Ruhpolding sogar etwas angewachsen: Die Weltcup-Zweite Lou Jeanmonnot aus Frankreich ("Ich liebe die Rolle der Jägerin") folgt nach Rang neun im Massenstart mit einem Abstand von 142 Punkten, die Gesamt-Dritte Elivira Öberg ("Gelb ist mein großes Ziel.") gewann zwar den Massenstart, verlor aber Punkte durch Rang sieben im Einzel. Öberg hat 178 Punkte Rückstand.
In Antholz stehen in dieser Woche zwei Einzelrennen an, die Chancen stehen glänzend, dass Preuß auch nach Ende des zweiten Biathlon-Trimesters in Gelb bleibt. Bei der WM werden keine Weltcuppunkte vergeben. Dem perfekten Abschluss von Ruhpolding könnte für Preuß ein perfektes Ende des Winters folgen.