Biathlon-WM in Oberhof Deutsche Frauen-Staffel bejubelt WM-Silber
Die Erwartungen an die Staffelrennen waren groß - und die deutschen Biathlon-Frauen haben bei der Heim-WM in Oberhof geliefert. Das Quartett lief am Samstag zu Silber. Ein Fehler beim letzten Schießen verhinderte die Goldmedaille.
Die deutsche Biathlon-Staffel der Frauen hat bei der Heim-WM in Oberhof Silber gewonnen. Das Quartett Vanessa Voigt, Hanna Kebinger, Sophia Schneider und Denise Herrmann-Wick musste sich am Samstag (18.02.2023) nur Italien um 24,7 Sekunden geschlagen geben. Auf Rang drei kam Schweden (+55,7 Sekunden).
Entscheidung im finalen Anschlag
Die siegreiche italienische Staffel mit Samuela Comola, Dorothea Wierer, Hannah Auchenthaler und Lisa Vittozzi kam dabei mit nur zwei Nachladern und ohne Strafrunde in 1:14:39,7 Stunden durch. Die deutschen Frauen leisteten sich sechs Nachlader. Ausgerechnet ein Schießfehler beim finalen Stehendanschlag von Denise Herrmann-Wick verhinderte die mögliche Goldmedaille. Im Verglech zu den anderen Medaillenkandidatinnen aus Schweden, Frankreich oder Norwegen, die zweimal, einmal oder sogar viermal in Strafrunde mussten, blieb den Deutschen die 150 Meter lange Extrarunde erspart.
"Für die Staffel-Medaille arbeiten wir das ganze Jahr"
"One Team, one Dream", freute sich Kebinger nach dem Rennen und dem Gewinn ihrer ersten WM-Medaille in der Sportschau. "Ich konnte die letzten Meter schon etwas genießen. Die Mädels haben eine Super-Vorarbeit gemacht. Ich bin überglücklich, dass wir das heute hier geschafft haben", jubelte auch Herrmann-Wick, die im Sprint und der Verfolgung schon zwei WM-Medaillen geholt hatte. "Die Team-Medaille ist die, für die wir das ganze Jahr arbeiten. Wir haben zwar schonmal den Blick aus dem Fenster gewagt. Wir haben uns nicht verunsichern lassen", sagte Herrmann-Wick mit Verweis auf starke Winde, die vor allem am Vormittag durch das Biathlon-Stadion am Rennsteig wehten.
Voigt: Fehlerfreier Auftakt
Im Vergleich zum vom Wind verwehten Männer-Rennen hatten die Frauen bessere Windbedingungen. Die deutsche Startläuferin Vanessa Voigt, die in den Einzelrennen der WM keine Top-15-Platzierung geschafft hatte, nutzte das und lief ein starkes Rennen. Die 25-jährige Oberhoferin blieb am Schießstand fehlerfrei - das gelang neben Voigt im Staffel-Starterfeld zudem nur der Italienierin Samuela Comola - und hielt die deutsche Staffel in Podestnähe. Als Fünfte mit 12,8 Sekunden Rückstand auf die führende Schwedin Linn Persson übergab Voigt an Hanna Kebinger.
"Ich bin mega-zufrieden mit dem Rennen, gerade nach den letzten Tagen, die sehr schwer für mich waren", sagte Voigt nach dem Rennen erleichtert in der Sportschau. "Ich habe den Kritikern, die an meinem Start in der Staffel gezweifelt haben, gezeigt, dass ich die Position eins gut meistern kann." Mit der insgesamt sechstbesten Laufzeit war Voigt zwar 21,4 Sekunden langsamer als Persson - den Rückstand machte sie aber beim starken Schießen teilweise wett.
Kebinger: Gute Nerven beim Stehendanschlag
Die zweite deutsche Läuferin Hanna Kebinger hatte die Lücke bis zum ihrem ersten Schießen fast zugelaufen. Während die Top drei Annais Chevalier-Bouchet aus Frankreich, Dorothea Wierer und Anna Magnusson aus Schweden aber fehlerfrei blieben, musste die Deutsche zweimal nachladen. Mit 39,5 Sekunden Rückstand auf die Spitze ging sie wieder auf die Strecke, mit 1:02,7 Minuten Rückstand kam sie zum Stehendanschlag.
Der Wind hatte jetzt etwas aufgefrischt, das Feld sortierte sich neu. Chevalier-Bouchet, Magnusson und die Norwegerin Ingrid Landmark Tandrevold mussten ein-, zwei- sowie dreimal in die Strafrunde. Kebinger traf dagegen alles und lief auf Rang drei nach vorn. Beim zweiten Wechsel hatte die 25-Jährige, die bei der WM in Oberhof als Verfolgungs-Achte zum besten Ergebnis ihrer Karriere lief, 42,8 Sekunden Rückstand auf Spitzenreiterin Wierer und 21,4 Sekunden auf Chevalier-Bouchet.
"Ich hab nicht realisiert, dass die vorn schon Strafrunden geschossen haben", sagte Kebinger nach ihrer WM-Staffel-Premiere mit Blick auf ihr zweites Schießen in der Sportschau. "Ich hab versucht, mich nicht wie beim Einzel ablenken zu lassen und fokussiert zu sein. Ich hab einfach versucht, die Schüsse reinzuhauen."
Schneider: Wechsel als Zweite
Sophia Schneider brachte das deutsche Team bei ihrer ersten Weltmeisterschaft sogar auf Rang zwei. Liegend mit einem Nachlader und Stehend mit zwei Nachladern war die 25-Jährige am Schießstand souverän. Auf der Strecke konnte sie mit der drittbesten Laufzeit mit den Top-Läuferinnen mithalten, nahm dabei der laufstarken Schwedin Elvira Öberg rund 19 Sekunden ab.
"Unsere Bedingungen waren besser als bei den Männern, es war echt beherrschbar", sagte Schneider nach dem Rennen in der Sportschau. "Ich hätte auch die Null schießen können, wenn ich besser geschossen hätte. Bei mir war es nicht der Wind, sondern Schießfehler. Aber bei mir war auch ein bisschen Nervosität im Spiel."
Während Schneider und die führende Italienerin Hannah Auchenthaller souverän schossen, fiel die Konkurrenz ab. Die Französin Chloe Chevalier musste fünfmal nachladen, die Norwegerin Ida Lien sogar in die Strafrunde. Beim dritten Wechsel übergab Schneider auf die deutsche Schlussläuferin Denise Herrmann-Wick als Zweite nur 5,6 Sekunden hinter Italien. Schweden auf Rang drei hatte schon 32,6 Sekunden Rückstand.
Herrmann-Wick: Ein Schießfehler zu viel
Herrmann-Wick und Italiens Schlussläuferin Lisa Vittozzi lieferten sich ein packendes Duell um Gold und Silber. Liegend räumten die beiden alles ab, die Entscheidung fiel beim letzten Schießen. Schnellschützin Vittozzi räumte dabei in 20,7 Sekunden alles ab, Herrmann-Wick schoss einmal daneben, musste für diesen Fehler zweimal nachladen und ging mit 31,2 Sekunden zurück auf die Strecke. Für Gold war der Abstand zu groß, Herrmann-Wick lief aber souverän zur umjubelten Silbermedaille. "Ich hab schon gemerkt, dass sie ordentlich durchgezogen hat. Ich hatte gute Beine, die Nachlader haben dann aber doch zu viel Zeit gekostet", erklärte Herrmann-Wick nach dem Rennen in der Sportschau.