Biathlon in Oslo Märchenhaftes Karriereende für Herrmann-Wick im Sprint
Biathletin Denise Herrmann-Wick hat zum Abschluss ihrer Karriere den Sprint beim Weltcup-Finale in Oslo gewonnen. Damit sicherte sich die Weltmeisterin auch die kleine Kristallkugel.
Besser hätte man die Geschichte kaum schreiben können: Am legendären Holmenkollen fuhr Herrmann-Wick am Samstag (18.03.2023) ihren dritten Weltcupsieg in dieser Saison ein. Erst vor wenigen Tagen hatte die 34-jährige Olympiasiegerin ihr Karriereende verkündet. Mit ihrem Erfolg in Oslo verteidigte sie auch ihre Führung in der Sprint-Gesamtwertung und sicherte sich die kleine Kristallkugel. Das war ihr bereits in der Saison 2019/20 gelungen.
"Es ist sehr emotional. Ich war wirklich nervös und habe die ganze Woche nur Kristallkugel und Sprintwertung gehört", gab Herrmann-Wick nach dem Rennen einen Einblick in ihre Gefühlswelt: "Aber ich brauche wohl doch ein bisschen Druck, um richtig zu performen. Ich bin unglaublich stolz und froh. Vor so vielen Freunden und der Familie - das ist der reinste Genuss."
Herrmann-Wick: "Angriff ist die beste Verteidigung"
Grundlage für ihren insgesamt elften Weltcupsieg in einem Einzel-Rennen war eine fehlerfreie Leistung am Schießstand. Auch in der Loipe zeigte sie sich gewohnt laufstark und sicherte sich mit der schnellsten Laufzeit über die 7,5 Kilometer (21:06,5 Minuten) in einem Herzschlagfinale den Sieg vor der ebenfalls fehlerfreien Schwedin Hanna Öberg (+3,5 Sekunden). Dritte wurde deren Landsfrau Anna Magnusson (0 Fehler/+33,1 Sek.).
"Ich habe versucht, offensiv reinzugehen", erklärte Herrmann-Wick ihre Taktik. Frei nach dem Motto: "Angriff ist die beste Verteidigung. Es ging gut auf. Ich hatte gute Ski unter den Füßen. Auch am Schießstand bin ich bei mir geblieben und froh, dass ich meine Nerven im Zaum halten konnte."
Simon holt Sieg im Gesamtweltcup
Julia Simon sicherte sich vorzeitig den Sieg in der Gesamtwertung. Die Französin wurde im Sprint Fünfte und kann im abschließenden Massenstart am Sonntag (15.10 Uhr im Sportschau-Livestream) nicht mehr von Platz eins im Gesamtweltcup verdrängt werden. Dort winkt ihr auch noch die kleine Kristallkugel.
Die noch amtierende Gesamtweltcup-Siegerin Marte Olsbu Röiseland wurde 31.. Wie die Französin Anais Chevalier-Bouchet, Landsfrau Tiril Eckhoff und Herrmann-Wick beendet die dreimalige Olympiasiegerin am Sonntag ihre Laufbahn.
Schrecksekunde beim ersten Schießen
Nach der wetterbedingten Verschiebung am Vortag ging Herrmann-Wick bei dieses Mal besten äußeren Bedingungen mit der Startnummer 19 ins Rennen. Auch wenn die Strecke durch den stumpfen Schnee schwer zu laufen war, absolvierte sie eine gewohnt starke erste Runde und zeigte auch beim Schießen keine Nerven. Allerdings repetierte sich eine Patrone aus dem Gewehr, wodurch sie wertvolle Sekunden verlor.
Packendes Finale auf den letzten Metern
Die Sächsin legte die zweitschnellste Runde aller Konkurrentinnen hinterher und zeigte am Schießstand erneut ihre ganze Klasse: Die fünf Scheiben stellte sie im Eiltempo von schwarz auf weiß. Dorothea Wierer, ihre ärgste Konkurrentin im Kampf um die Sprint-Gesamtwertung, hatte zu diesem Zeitpunkt bereits einen Fehler geschossen, wodurch Herrmann-Wick die kleine Kristallkugel nicht mehr zu nehmen war.
Im Kampf um den Tagessieg wurde es aber noch einmal spannend. Denn auch Öberg hatte keinen Fehler am Schießstand gezeigt und war auf der Strecke ähnlich schnell unterwegs. Herrmann-Wicks Vorsprung nach dem Schießen betrug sechs Sekunden, die sie, angefeuert vom norwegischen Publikum, auf den letzten Metern nach Hause lief.
Hettich-Walz überrascht in den Top Ten
Ein starkes Rennen lieferte auch Janina-Hettich Walz ab. Wie Herrmann-Wick blieb auch sie fehlerfrei und kam mit einem Rückstand von 43,7 Sekunden als Achte ins Ziel. Hanna Kebinger leistete sich einen "ärgerlichen und selbstverschuldeteten" Fehler und wurde 17.. Trotzdem war sie "nicht unglücklich mit ihrem Rennen".
Vanessa Voigt musste sich als 41. deutlich weiter hinten im Feld einordnen, obwohl sie fehlerfrei blieb. Aber läuferisch passte es bei der Thüringerin - wie so oft in dieser Saison - nicht zusammen. "Wenn die Ski nicht passen, sieht man das auch am Ergebnis", lautete ihr Fazit. Viel mehr freute sie sich aber für Herrmann-Wick: "Was mich beeindruckt hat ist, wie cool Denise geblieben ist. Es steht fest, dass sie die Kugel verdient hat."
Grotian und Spark mit gelungener Premiere
Mit Selina Grotian, die bei den Junioren-Weltmeisterschaften mit vier Goldmedaillen für Furore gesorgt hatte, und Einzel-Europameisterin Lisa Maria Spark feierten auch zwei DSV-Talente ihr Weltcupdebüt. Grotian begann stark und lag nach einem ersten fehlerfreien Schießen sogar in Schlagdistanz zur Spitze. Nach zwei Fehlern im Stehendanschlag fiel sie noch zurück. Mit Rang 44 konnte sie bei ihrere Premiere aber zufrieden sein.
Spark blieb hingegen fehlerfrei. In der Loipe war sie zwar deutlich langsamer als Grotian, feierte als 53. aber ebenfalls ein gelungenes Debüt. Anna Weidel landete mit drei Fehlern abgeschlagen auf Platz 82. Für Sophia Schneider, WM-Fünfte im Sprint, ist die Saison hingegen vorzeitig beendet. Die 25-Jährige verpasst die Oslo-Rennen infolge ihrer Virusinfektion aus der Vorwoche.
"Unsere Mami" Herrmann-Wick verlässt die Biathlon-Bühne
Mit Herrmann-Wick verlieren die deutschen Biathlon-Frauen ihr Aushängeschild der vergangenen Jahre. Die ehemaligen Langläuferin wurde unter anderem 2022 in Peking Olympiasiegerin im Einzel, 2019 gewann sie WM-Gold in der Verfolgung und 2023 bei ihrer Heim-WM in Oberhof ebenfalls Gold im Sprint.
Welche Bedeutung Herrmann-Wick für die deutsche Mannschaft hatte, unterstrich zuletzt bei der Heim-WM die junge Sophia Schneider. Sie sei "unsere Mami. Und wenn es der Mami gut geht, geht es uns allen gut".