Saudi-Arabien im Profi-Tennis Kasatkina spricht von "Sicherheitsgarantien" für WTA-Finals
Tennis-Star Daria Kasatkina hat bekräftigt, dass es bei den WTA-Finals in Saudi-Arabien für sie als homosexuelle Spielerin Sicherheitsgarantien geben werde. Dies offenbart den schwierigen Umgang der Tennis-Tour mit dem neuen, großen Geldgeber.
In der Tennis-Saison stehen die großen Höhepunkte in Europa, die French Open und Wimbledon, erst noch bevor. Russlands Top-Spielerin Daria Kasatkina sollte im Interview mit der BBC aber schon einmal einen Ausblick auf den Jahresabschluss im November geben, die WTA-Finals in Riad.
Sicherheitsgarantien für Kasatkina bei WTA-Finals
Kasatkina ist eine der wenigen bekennenden lesbischen Profispielerinnen, deshalb wurde sie gefragt, was sie über einen möglichen Start in Saudi-Arabien denke - ein Land, in dem Homosexualität strafbar ist und streng verfolgt wird. "Mir wurden Garantien gegeben, dass ich dort nichts zu befürchten hätte", antwortete Kasatkina gegenüber der BBC.
Die WTA wollte sich auf Sportschau-Anfrage nicht näher zu den von Kasatkina angesprochenen Garantien äußern. Und auch nicht darüber, welche Maßnahmen sich konkret dahinter verbergen werden. In einem Statement der WTA hieß es lediglich, die Organisatoren hätten zugesichert, dass alle bei den WTA-Finals willkommen seien, inklusive Angehörige der LGBTQ+-Community. Man erwarte keinerlei Probleme für Fans und Spielerinnen, hieß es. Die Tennis-Dachorganisation verwies auf die "positiven Erfahrungen aus anderen Sportarten", die Veranstaltungen in Saudi-Arabien ausgetragen hätten.
Schwierige Situation für LGBTQ+-Community in Saudi-Arabien
Nach Berichten von Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch müssen Angehörige der LGBTQ+-Community in extremer Selbstzensur leben, um den Alltag im Land überleben zu können. Demgegenüber versicherte Arij Almutabagani, Präsidentin des saudischen Tennisverbandes, gegenüber der BBC, dass sich homosexuelle Tennisprofis in Saudi-Arabien nicht anders verhalten müssten als bei den Turnieren in Abu Dhabi oder Dubai.
Kasatkina gehört zu den besten Spielerinnen auf der WTA-Tour, aktuell ist sie die Nummer elf der Weltrangliste. Doch das Tennis-Jahr ist noch lang, ob sie im November überhaupt zu den acht besten Spielerinnen im Ranking zählt, die bei den WTA-Finals um den Titel spielen werden, ist ungewiss. Kasatkinas möglicher Start in Riad, wo es dann womöglich auch um ihre sexuelle Orientierung gehen könnte, ist aber bereits jetzt ein Thema.
Kasatkina mit kritischen Äußerungen - auch zu Saudi-Arabien
Schon im Vorjahr, während des Turniers in Wimbledon, hatte Kasatkina sich kritisch zur Vergabe der WTA-Finals nach Saudi-Arabien geäußert. Es gebe "viele Probleme", was Saudi-Arabien anginge, sagte Kasatkina. Die 26-Jährige gilt als eine der Spielerinnen auf der Tour, die sich mit politischen Einschätzungen nicht zurückhält. Als eine der wenigen Aktiven im russischen Sport hat sie sich kritisch über den Angriffskrieg in der Ukraine geäußert. Aus Russland halte sie sich fern, wie sie in Videos bei Social Media sagte.
In dem neuesten BBC-Interview sagte Kasatkina nun aber auch: "Wir sehen, dass die Saudis auch den Sport im Land voranbringen wollen. Wenn Jugendliche und Frauen nun die Möglichkeit bekommen, den Tennissport live vor Ort zu verfolgen, und auch selbst spielen zu können, dann ist das großartig." Dies erinnert eher an Äußerungen von Funktionären und sonstigen "Big Playern" im Sportbusiness, die damit eine Partnerschaft mit problematischen Geldgebern und Regimen verteidigen. Saudi-Arabien, mit dem Staatsfonds PIF, drängt es nach milliardenschweren Investitionen in den Fußball, den Golfsport und die Formel 1, nun auch in den Tennissport.
Dass sich eine bislang selbstbewusst auftretende Top-Spielerin wie Kasatkina nun eher zurückhaltend gegenüber Saudi-Arabien äußert, wirkt vor diesem Hintergrund zumindest verdächtig: Als ob eine potenzielle Kritikerin frühzeitig auf Linie gebracht worden sein könnte. Bevor der WTA das Thema womöglich im November, wenn das große Finale in Riad ansteht, auf die Füße fällt. Und WTA-Chef Steve Simon dann unangenehme Fragen beantworten muss, wie es denn bei seinen saudischen Gastgebern mit Themen wie Gleichstellung, Diversität - und ganz allgemein mit der Menschenrechtslage aussieht.
WTA-Chef Simon und der Umgang mit schwierigen Partnern
Die WTA hat die wirtschaftliche Kooperation mit den Saudis zuletzt vorangetrieben. Für die kommenden drei Jahre sind die WTA-Finals fest nach Riad vergeben, das Preisgeld wuchs auf mehr als 15 Millionen Dollar. WTA-Chef Simon schwärmte von "aufregenden, neuen Chancen", der Deal mit Saudi-Arabien sei "ein positiver Schritt für das langfristige Wachstum des Damentennis als globaler und integrativer Sport".
Inwieweit sich der von den Tennis-Organisatoren behauptete Anspruch, den Frauensport zu fördern, mit der Realität in Saudi-Arabien verträgt, wird sich zeigen. Simon wurde mit der Aussage zitiert, an der Entscheidung, die WTA-Finals nach Saudi-Arabien zu vergeben, seien auch Angehörige der LGBTQ+-Community, mit Inspektionen vor Ort, beteiligt gewesen.
Der WTA-Vorsitzende hat eine gewisse Reputation im Umgang mit belasteten Partnern: Nach dem Verschwinden der Tennisspielerin Peng Shuai hatte Simon die Konfrontation mit Chinas mächtigen Sponsoren gesucht, wie zuvor kaum ein anderer Sport-Funktionär, und sogar alle Turniere in China aus dem WTA-Kalender gestrichen.
Inzwischen gastiert der WTA-Zirkus wieder in China, obwohl sich an der grundsätzlichen politischen Situation und der problematischen Menschenrechtslage nichts geändert hat. Auch der Saisonhöhepunkt, die WTA-Finals, sollte nach dem ersten Gastspiel in Shenzhen 2019 eigentlich längerfristig nach China vergeben werden. Mit Saudi-Arabien hat die WTA nun aber anscheinend einen neuen Partner gefunden, mit dem sie gut leben kann.