Schaukampf in Riad Saudi-Arabiens Angriff auf die Tennis-Welt?
Ein hochkarätiger Schaukampf in Riad ist keinesfalls der Anfang. Saudi-Arabien ist längst auf den Tenniszirkus aufmerksam geworden und versucht zu partizipieren. Mit welchem Erfolg, wird sich aber erst noch zeigen.
Dieses Match im saudi-arabischen Riad verspricht für die beiden Protagonisten Training auf höchstem Niveau - und gute Unterhaltung für die Zuschauer. Novak Djokovic und Carlos Alcaraz liefern sich am Mittwoch (27.12.2023) einen Showkampf in der dortigen Kingdom-Arena.
Aber natürlich geht es dabei nicht allein um die Vorbereitung auf die neue Tennissaion, die in wenigen Tagen in Australien beginnen wird. Der Weltranglistenerste und -zweite spielen diese Partie auch, um viel Geld zu verdienen.
Um wie viel genau, ist zwar nicht bekannt, aber: Schon vor einigen Jahren bekam Roger Federer für einen vergleichbaren Auftritt eine Million Dollar überwiesen. Weniger dürfte es in diesem Fall eher nicht sein. Am Dienstag spielen dort bereits die Belarusin Aryna Sabalenka und die Tunesierin Ons Jabeur ebenfalls einen Schaukampf.
ATP und WTA stehen unter Druck
Vor dem Hintergrund des jüngsten saudi-arabischen Engagements im weltweiten Sport erscheinen diese Matches allerdings als besonders pikant. "Solche Showkämpfe hat es immer schon gegeben. Aber klar ist, dass Saudi-Arabien intensives Interesse zeigt, in Tennis zu investieren", sagt Dietloff von Arnim der Sportschau. "Sowohl in die Männer-Tour (ATP) als auch in die der Frauen (WTA)."
Der Präsident des Deutschen Tennis Bundes (DTB) weiß um die intensiven Bemühungen des Landes, Teil des internationalen Tenniszirkus zu werden. "Die ATP und die WTA stehen in dieser Frage schon ein wenig unter Druck", so von Armin. Denn die große Frage wird sein, wie die beiden Spielergewerkschaften die Bestrebungen beantworten und was sie den Saudis möglicherweise anbieten werden.
Keine Überraschung
"Ich persönlich denke, es war nur eine Frage der Zeit, wann sie mit Verhandlungen oder Gesprächen im Tennis beginnen würden, um zu versuchen, ins Tennis einzusteigen", hatte Djokovic bereits im vergangenen Sommer am Rande des Wimbledon-Turniers gesagt.
Dass das Land aus dem Mittleren Osten seit einigen Jahren dabei ist, in immer mehr Sportarten zu investieren, ist kein Geheimnis. Die Beteiligungen an der Formel 1, die Gründung einer eigenen Golf-Tour (LIV) oder auch die massive Aufwertung der saudischen Pro League durch etliche teure Fußballstars (Cristiano Ronaldo, etc.) wurden von der politischen Führung Dank des Staatsfonds PIF (Public Investment Fonds) und seinen geschätzten Reserven von 650 Milliarden Dollar überaus großzügig finanziert.
Gerüchte über eine neue Tour
Tennis gehört eindeutig zum Interesse des Monarchen Mohammed bin Salman al-Saud - und die Gefahr für die bestehenden Tennis-Strukturen ist offensichtlich. Die Next Gen Finals werden in den kommenden Jahren in Saudi Arabien gespielt, 2024 wohl auch die WTA-Finals. Und: Es kursieren bereits Gerüchte, dass Saudi-Arabien bereit ist, eine neue Tour zu finanzieren, bei der nur Grand Slam- und ATP Masters 1.000-Turniere ausgetragen werden.
Sollte Saudi Arabien ähnlich wie beim Golf eine eigene Tour gründen wollen und den Tennisprofis wie im Golf ebenfalls exorbitant viel Geld anbieten, könnte damit die bisherige (Tennis-)Welt auf den Kopf gestellt werden.
Geschlossener Sportmarkt?
Fakt ist aber auch, dass es im weltweiten ATP-Tenniskalender kaum noch eine Chance gibt, sich zu integrieren, da alle Lizenzen nahezu auf Lebenszeiten an die Eigentümer vergeben sind und niemand verkaufen will, weil diese finanziell lukrativ sind. Es handelt sich demnach zwar um einen internationalen, aber einen nahezu geschlossenen Sportmarkt.
Die Saudis haben demnach im Grunde keine Chance, sich zu beteiligen. Außer, es gibt ein zusätzliches Angebot, das erst geschaffen werden müsste. Im Gespräch ist bei der ATP deshalb, ein weiteres 1.000er-Turnier vor den Australian Open in Saudi Arabien zu installieren, was aber die australischen Turnier-Veranstalter im Vorfeld des Grand-Slam alles andere als erfreuen dürfte. "Zu diesen ganzen Themen gibt es derzeit weltweite Diskussionen aller am professionellen Tennis Beteiligten", so von Armin.
Fritz kann sich neue Tour vorstellen
Taylor Fritz, US-Tennisprofi und aktuelle Nummer zehn der Weltrangliste, könnte sich eine neue Tour durchaus vorstellen und sieht darin einige Vorteile. "Das ist eine wirklich gute Idee, und ich denke, dass wir getrennte Touren haben sollten. Wenn man auf der Haupttour ist, sollte man alle großen Turniere spielen können, und zwar alle mit etwas höherem Draw, sodass im Grunde jeder aus den Top 100 dabei ist", so der 26-Jährige.
Dabei stellt sich allerdings die Frage, was mit den Spielern hinter dieser "geschlossenen Gesellschaft" passiert, die ohnehin schon sehr wenig Geld verdienen und ihr (Tennis-)Leben kaum finanzieren können? Und wie könnten die Turniere ab der 500er-Kategorie und darunter auch nur einigermaßen ihre Attraktivität erhalten?
Und: Die vielen Fragen zur umstrittenen Menschenrechtslage in Saudi Arabien sind dabei noch gar nicht gestellt.