Australian Open Mirra Andreeva - Tennis-Wunderkind mit Talent zur Unterhaltung
Mirra Andreeva ist ein frisches Gesicht auf der Tennis-Tour der Frauen. Die 16-Jährige sorgt bei den Australian Open mit ihrer Unbekümmertheit für Aufsehen. Die junge Russin gilt ohnehin als neues Wunderkind der Tennis-Szene.
Womöglich ist das eine Eigenschaft von Mirra Andreeva, die sich nicht erlernen lässt. Die Unaufgeregtheit bei gleichzeitiger Schlagfertigkeit ihrer Antworten vor einem breiten Publikum.
Nach ihrem atemberaubenden 6:0; 6:2-Sieg in nur 54 Minuten gegen die bei den Australian Open an sechs gesetzte Tunesierin Ons Jabeur, immerhin zweimalige Wimbledon- und einmalige US-Open-Finalistin, unterhielt Andreeva das Publikum in der riesigen Rod Laver Arena auch nach dem Match bestens.
Selbstständiger und reifer
Was sie denn an ihrem Spiel geändert hätte seit dem vergangenen Jahr, als sie im Finale des Juniorenwettbewerbs gegen ihre Landsfrau Alina Korneeva (16) verloren hatte, wurde sie beim On-Court-Interview der Veranstalter gefragt. "Sehr viel, ich denke das konnte man auf dem Platz sehen", sagte die junge Russin.
Sie sei auch selbstsicherer und reifer geworden, sagte sie wohlüberlegt und im Brustton der Überzeugung. Als die Fragestellerin darauf hinwies, dass sie ja erst 16 Jahre alt sei, antwortete sie: "Das stimmt - aber letztes Jahr war ich 15."
Keine brachialen Schläge
So systematisch und ungehemmt sie ihre Worte wählt, so leicht und locker schwingt sie zumeist auch ihren Schläger. "Ich habe wohl noch nie so gut gespielt wie im ersten Satz. Das hatte ich von mir selbst nicht erwartet. Und der zweite war auch nicht so schlecht", sagt Andreeva nach ihrem Erfolg gegen Jabeur.
Andreeva gilt nicht ohne Grund als das neue "Wunderkind" im internationalen Frauen-Tennis. Sie verfügt zwar nicht über die brachialen Schläge einer Aryna Sabalenka oder das dauerhaft druckvolle Spiel einer Coco Gauff oder einer Iga Swiatek.
Die Russin hat dagegen einen recht schnellen ersten Aufschlag und eine oftmals durchdringende Vorhand. Ihr bislang größtes Erfolgsgeheimnis aber ist es, den Ball einmal mehr über das Netz ins Feld zu spielen als ihre Gegnerinnen. Diese Art der Interpretation des Spiels hat sie schon weit gebracht.
Überschäumende Emotionen
Bei Andreevas Premiere auf der WTA-Tour in Madrid im vergangenen Jahr (da bekam sie eine Wildcard), ging es gleich ins Achtelfinale: Sie ist damit die jüngste Spielerin der Geschichte in der Runde der letzten 16 bei einem 1.000er-Turnier. Die damals gerade erst 16 gewordene Tennis-Hoffnung musste sich Sabalenka geschlagen geben.
In Paris spielte sich Andreeva durch die Qualifikation und gewann die ersten beiden Runden im Hauptfeld, bevor es gegen die US-Amerikanerin Gauff ging, gegen die sie in drei Sätzen unterlag. In Wimbledon flog sie erst im Achtelfinale gegen die US-Amerikanerin Madison Keys aus dem Turnier.
Bei beiden Turnieren machten ihr allerdings noch ihre negativen Emotionen zu schaffen, sie warf Schläger und wurde wütend. Andreeva schrammte jeweils knapp an einer Disqualifikation vorbei, was wohl vor allem noch ihrem jugendlichen Gemüt zuzuschreiben ist.
Aspekte der Verbesserung
Dennoch: Auch bei den US Open erreichte sie das Hauptfeld, wo sie in der Runde der letzten 64 Spielerinnen ausschied. Eine überaus bemerkenswerte Bilanz für das Nachwuchstalent. Und nun in Melbourne hat sie erstmals teilgenommen und die dritte Runde erreicht.
Neben ihren emotionalen Ausbrüchen muss Andreeva noch viele Aspekte ihres Spiels wie die Beinarbeit, ihre Grundschläge und ihr Volley-Spiel verbessern. Wegen ihres jungen Alters darf sie lediglich an zehn Turnieren im Jahr teilnehmen, sie steht derzeit auf Position 47 in der Weltrangliste - Tendenz steil ansteigend.
Hohe Ziele
Andreeva trainiert seit Jahren in Frankreich. Und ein wichtiger Aspekt in ihrem Leben bestimmt den Alltag auch in Melbourne - die Schule. "Ich mag Chemie immer noch nicht. Ich muss hier aber viel für die Schule machen. Vor zwei Tagen hat sie wieder angefangen", sagte sie.
Die Grundlage für eine steile Karriere ist gelegt. Und Andreeva hat große Ziele. Im vergangenen europäischen Sommer, beim Turnier in Roland Garros, hatte sie schon einmal ihn ihrer jugendlichen Unbekümmertheit ihre Erwartungen an sich selbst formuliert. "Ich will 25 Grand-Slam-Titel gewinnen." Um das schaffen zu können muss man tatsächlich sehr früh anfangen.