Ana Ivanovic beim Aufschlag

Exklusiv-Interview vor Melbourne Ana Ivanović – "Australian Open habe ich immer geliebt"

Stand: 13.01.2024 14:26 Uhr

Bastian Schweinsteiger hat in seinem Leben alles gewonnen – außer einem Tennis-Match gegen seine Frau Ana Ivanović. Vor den am Sonntag (14.01.2024) beginnenden Australian Open, dem ersten Grand-Slam-Turnier der neuen Tennis-Saison, sprach die Sportschau exklusiv mit der ehemaligen Weltranglisten-Ersten - über Selbstgespräche, einen lustigen Novak Djokovic und über Popcorn zum Frühstück.

Sportschau: Haben Sie heute schon mit sich selbst geredet?

Ana Ivanović (lacht): Mit mir selbst?! Nein, hatte ich noch keine Zeit zu.

Sportschau: Ich dachte, weil das alle Tennisspieler für gewöhnlich tun, permanent mit sich selbst reden.

Ivanović: Ja das stimmt, man ist allein, man überanalysiert, so war es bei mir auch.

Sportschau: Andrea Petkovic hat das in ihrem ersten Buch beschrieben, wie einsam man als Spieler auf dem Platz ist, immer auf der Klippe zwischen Selbstsicherheit und Selbstzweifel. Haben Sie das auch so erlebt?

Ivanović: Ja, ich glaube das macht jeder durch. Es ist verdammt hart, du spielst in der Öffentlichkeit und bist doch ganz alleine. Und nicht nur auf dem Platz, hart ist es auch, wenn du alleine auf deinem Hotelzimmer bist, da hast du mal richtig viel Zeit nachzudenken. Jetzt mit Abstand merke ich erst, wie hart das Profi-Leben war und welche Opfer ich bringen musste. Aber das alles hat mich stark gemacht und hilft mir jetzt im Alltag mit Familie und Kindern, straight zu sein und Entscheidungen zu treffen.

Hätte schon langsam mal wieder Lust zu spielen
Ex-Tennisprofi Ana Ivanović

Sportschau: Sie sind befreundet mit Angelique Kerber, die gerade nach Babypause ihr Comeback feiert in Australien. War das für Sie persönlich nie eine Option, wieder mit dem Tennis anzufangen?

Ivanović: Um ehrlich zu sein, bin ich super happy, so wie ich es gemacht habe. Für mich ist es wichtig, die ersten Jahre mit den Kindern zu Hause zu sein. Jede Woche auf Tour, ständig reisen mit Kindern, das wäre nichts für mich gewesen. Auf der anderen Seite hätte ich schon langsam mal wieder Lust zu spielen (lacht), vielleicht demnächst ein paar Show-Matches oder auf der Legends-Tour. Aber als Profi nicht mehr.

Ana Ivanovic beim Aufschlag

Ana Ivanović beim Aufschlag

Sportschau: Könnten Sie sich vorstellen, als Trainerin zu arbeiten oder als Beraterin, um Ihre Erfahrung an die jüngeren Generationen weiterzugeben? Vielleicht für das deutsche Tennis? Wir haben ein paar tolle Talente hier wie Ella Seidel, 18 Jahre. Sie hat in Melbourne jetzt zum ersten Mal die Quali für ein Grand Slam geschafft.

Ivanović: Als Coach eher nicht, da wäre ich ja wieder ständig auf Tour. Aber ich könnte mir wirklich sehr gut vorstellen, als Mentorin zu arbeiten für Kids. Sowas mache ich auch schon aus der Ferne für einige junge Spieler aus Serbien. Mein Deutsch wird langsam besser, also warum nicht?!

Sportschau: In welcher Spielerin von heute finden Sie sich am ehesten wieder?

Ivanović: Ich würde sagen, in einer Mischung aus Iga Swiatek und Aryna Sabalenka. Aryna spielt sehr powervoll und sehr emotional, so war ich auch, immer on fire und immer die Faust. Und wie Iga ihre Vorhand auf dem ganzen Platz einsetzt, das erinnert mich ebenfalls an mich.

Sportschau: Sie waren zu Ihrer Zeit das Aushängeschild des Damen-Tennis weltweit, und immer und überall wurden Sie gelabelt mit dem Ausdruck "Tennis-Beauty". Hat Sie das gestört?

Ivanović: Nein, ich habe das als Kompliment genommen. Wichtig war immer nur mein Spiel, dem galt meine ganze Liebe und Aufmerksamkeit. Ich bin froh, dass es damals noch kein Social Media gab in dem Maße. Wer weiß, wie das dann Überhand genommen hätte.

Sportschau: Ihr Landsmann Novak Djokovic schickt sich an, zum elften Mal (!) die Australian Open zu gewinnen. Wird er dieses Jahr vielleicht sogar alle vier Grand Slams gewinnen?

Ivanović: Ja, und wahrscheinlich noch die Olympischen Spiele. Er ist einfach auf einem anderen Level als alle anderen, vor allem mental. Er liebt diese entscheidenden Momente, da spielt er seine ganze Erfahrung aus und sein unglaubliches Selbstbewusstsein. Die mentale Seite des Sports macht den Unterschied.

Ivanović über Djokovic - "Der Beste aller Zeiten"

Sportschau

Sportschau: Dennoch hat er nie die Liebe bekommen, die Nadal oder Federer entgegengeschlagen ist. Können Sie nachvollziehen, warum ihn einige Menschen sogar unsympathisch finden?

Ivanović: Novak und ich kennen uns, seit wir kleine Kinder waren. Er war immer der Lustigste, hat immer Späße gemacht. Ich glaube, die Zeit mit Rafa und Roger, den Publikumslieblingen, war nicht so einfach für ihn. Er hat dann einfach den Schläger sprechen lassen und alles gewonnen. Vielleicht zeigt er manchmal zu viele Emotionen, was nicht jedem gefällt. Aber wir sind Serben, wir haben nun mal viele Emotionen (lacht). Und Novak ist einfach der Beste aller Zeiten.

Morgens die Night-Session in Australien gucken. Darauf freue ich mich. Die Popcorn-Games zum Frühstück.
Ex-Tennisprofi Ana Ivanović

Sportschau: Wie sehen die nächsten zwei Wochen aus im Hause Ivanović/Schweinsteiger? Zwei Wochen Dauer-Fernsehgucken?

Ivanović: Abends nicht, weil ich als Mama früh ins Bett gehe. Aber dafür stehe ich auch früh auf und kann dann morgens die Night Session in Australien gucken, darauf freue ich mich! Die "Popcorn-Games" zum Frühstück (lacht)!

Ana Ivanovic und Bastian Schweinsteiger bei Wetten, dass..?

Ana Ivanović und Bastian Schweinsteiger

Sportschau: Spielen Sie jeden Punkt mit im Kopf? Oder können Sie abschalten und genießen?

Ivanović: Ehrlich gesagt spiele ich immer noch mit. Ich denke oft, was würde ich jetzt machen, manchmal wünschte ich, ich wäre jetzt da draußen. Die Australian Open habe ich immer geliebt als Spielerin, umso mehr vermisse ich Tennis jetzt. Also, wirklich abschalten und genießen kann ich nicht ganz.

Das Interview führte Frank Meyer.