Krönung einer atemberaubenden Saison Novak Djokovic - das unermüdliche Phänomen
Novak Djokovic lehrt die Tennis-Konkurrenz unentwegt das Fürchten. Der 36-Jährige ist in dieser Saison der unumstrittene Dominator der ATP-Tour. Und ein Ende ist auch 2024 nicht in Sicht.
Als Novak Djokovic auf seinem Stuhl am Spielfeldrand saß, war ihm anzusehen, dass er nichts anderes als Zufriedenheit, Glück und Stolz empfand. Auch diesen Titel hatte er sich wieder gesichert - die ATP Finals gegen den italienischen Emporkömmling Jannik Sinner überaus souverän gewonnen (6:3, 6:3). Eine erneute Machtdemonstration.
Es ist im internationalen Tennis mittlerweile so wie in der deutschen Fußball-Bundesliga, wo auch immer der FC Bayern München Meister wird. Wenn Novak Djokovic will, dann gewinnt er. Eigentlich ganz einfach. "Es ist eine der besten Saisons, die ich in meinem Leben gespielt habe", sagte Djokovic nach seinem Triumph. 55 Siege und lediglich sechs Niederlagen skizzieren seine Bilanz. Dass er dieses Jahr als Nummer eins der Weltrangliste beenden wird, ist selbstverständlich.
Ein Berg von Rekorden
Sieben Titel in 2023, davon drei Grand-Slam-Siege (Australian Open, French Open, US Open) und die Finals (Turin) sprechen eine deutliche Sprache. Im Wimbledon-Endspiel scheiterte er zudem nur hauchzart am spanischen Shootingstar Carlos Alcaraz.
Das unermüdliche Phänomen Djokovic. Im Sport werden (zu) häufig Superlative inflationär vergeben. In diesem Fall ist die einmalige sportliche Brillanz aber nicht mehr anderweitig zu beschreiben. Der Serbe hält mittlerweile so viele Rekorde auf der ATP-Tour, dass es den Rahmen sprengen würde, alle hier aufzuzählen. Er ist zweifellos der bislang beste Spieler, der den Tennisschläger professionell geschwungen hat.
Dauerhafte Konkurrenten nicht vorhanden
Die einzigen, die ihm dauerhaft die Stirn bieten konnten, sind ja nicht mehr da. Der Schweizer Roger Federer (42) ist seit 2021 (Tennis-)Rentner, der Spanier Rafael Nadal ist rekonvaleszent. Wer weiß, ob es Nadal im kommenden Jahr - nach dann wohl ausgestandener Fuß-Verletzung - nochmal auf altem Niveau zurück auf die Tour schafft? Eher unwahrscheinlich im Alter von mittlerweile 37 Jahren und rund einem Jahr Wettkampfpause.
Das Alter spielt natürlich auch bei Djokovic eine Rolle. Er ist schließlich auch schon 36 Jahre alt. Aber Djokovic ist so gut wie nie verletzt. Seine Professionalität, sein Trainingseifer (auch außerhalb des Bälleschlagens), seine körperliche Flexibilität und Beweglichkeit haben ihn anscheinend unverwundbar gemacht.
Und noch viel mehr: Um die Geschwindigkeit und die Power der hochtalentierten Nachwuschsspieler Sinner, Alcaraz oder auch Holger Rune noch händeln und die Jungstars in die Schranken weisen zu können, hat Djokovic körperlich nochmal zugelegt in dieser Saison. Wer Bilder Djokovics aus dem Vorjahr mit dem heutigen Erscheinungsbild des Spielers vergleicht, erkennt eine deutlich gewachsene Muskelmasse - ein Mittel, um konkurrenzfähig zu bleiben.
Variableres Spiel
Novak Djokovic stagniert nicht, er entwickelt sich auch in seinem fortgeschrittenen Alter in vielen Bereichen stets weiter. Auch sein Spiel ist variabler geworden. Er stürmt häufiger überraschend ans Netz, versucht Punkte schneller zu beenden. Was wohl auch daran liegt, dass er seit einiger Zeit mit Goran Ivanisevic einen ehemaligen Wimbledon-Sieger in seinem Team etabliert hat, der einst Serve-and-Volley praktiziert hat und sein Glück vor allem am Netz suchte. Dieser Einfluss hat sich in den vergangenen Monaten immer stärker bemerkbar gemacht.
Wodurch Djokovic aber nichts von seiner Kernkompetenz, dem nahezu perfekten Grundlinienspiel, einbüßt. Selbst Ballwechsel von über 20 Schlägen in höchstem Tempo kann er gegen die Jungspunde noch eingehen und für sich entscheiden - ohne im Nachgang entkräftet die sich anschließenden Rallyes zu verlieren.
Zum Abschluss des Jahres steht nun noch das Finale im Davis Cup (21. bis 26. November) für Serbien und Djokovic an. Dass er auch diesen Titel noch gewinnen will, ist sicher - ehe es für Djokovic in die Pause geht. Dass er angesichts des großen Erfolgs im kommenden Jahr nachlassen wird, in denen noch die Olympischen Spiele in Paris als Zusatzmotivation ausgetragen werden, davon ist nicht auszugehen.
"Wie kann ich es besser machen? Gewinne vier Slams und die Goldmedaille. Mal sehen. Eines ist sicher: Es wird sich 2024 nichts ändern", sagte Djokovic. "Ich werde meine geistige Frische und meine Motivation behalten." Das ist auf jeden Fall keine gute Nachricht für die Konkurrenten.