
Kampf gegen die Krise Alexander Zverev sucht in Miami nach Licht am Ende des Tunnels
Alexander Zverev ist nach seiner Final-Niederlage in Melbourne gegen Jannik Sinner in ein sportliches Loch gefallen. Die Miami Open könnten ihm einen Weg heraus zeigen. Am Samstag (22.03.2025) beginnt das Turnier für ihn mit dem Match gegen den Briten Jacob Fearnley.
Im Tennis, wo jeder Schlag zugleich auch zum Selbstgespräch wird, ist mentaler Druck ein ständiger Begleiter. Die Geschichte vom wahren Gegner, der nicht hinterm Netz sondern im eigenen Feld steht, kann jeder Amateur-Spieler erzählen. Aktuell beschreibt sie Alexander Zverevs Situation so gut wie selten zuvor in seiner Karriere. Seit seiner dritten Grand-Slam-Finalniederlage bei den Australian Open im Januar ist das Spiel der Nummer zwei der Welt aus dem Takt geraten.
Zverevs Auftritte beim "Golden Swing" in Südamerika sollten den Final-Kater mit Titeln heilen. Doch die beiden Turniere in Buenes Aires (Viertelfinal-Aus) und Rio de Janeiro (Viertelfinal-Aus) wurden zur sportlichen Enttäuschung. Das anschließende ATP-Hartplatz-Event in Acapulco endete für ihn sogar schon in der zweiten Runde.
Zverev - "Spiele furchtbar"
Der vorläufige Tiefpunkt von Zverevs "Australien-Loch" fiel dann Anfang März ins erste Turnier des "Sunshine Doubles" – bestehend aus den ATP Masters-1000-Turnieren Indian Wells und Miami. Zverev war in Indian Wells an Nummer eins gesetzt, wollte mit den Weltranglisten-Punkten an den dopinggesperrten Jannik Sinner heranrücken, schied aber schon in der ersten Runde aus. Für die Miami Open in Florida (18. bis 30. März 2025) muss Zverev neue Visionen entwickeln, um aus der mentalen Erschöpfung seiner dritten Major-Finalniederlage nachhaltige und positive Lehren zu ziehen.
"Ich muss mein Spiel finden, bevor ich darüber nachdenke", sagte Zverev, "um die Nummer eins der Welt zu werden, musst du Turniere gewinnen." Davon war er beim Hartplatzevent in Kalifornien weit entfernt: "Ich komme im Moment nicht über die erste, zweite Runde hinaus, das muss ich erstmal hinbekommen." Er denke zwar weiterhin an die Chance, die Nummer eins zu werden, derzeit aber "weniger, weil ich einfach furchtbar spiele".
Offenes Feld in Miami
Das Teilnehmerfeld bei den Miami Open ist in diesem Jahr besonders offen. Jannik Sinner darf nicht teilnehmen. Novak Djokovic, der das Turnier in der Vergangenheit sechsmal gewann, befindet sich in einer Formkrise. Als Top-Favorit gilt der vierfache Major-Sieger Carlos Alcaraz. Er wird hinter Zverev an Position zwei der Setzliste geführt, Zverev kann also frühstens im Finale auf ihn treffen.
Der Spanier verbindet gute Erinnerungen mit dem Turnier: 2022 triumphierte er hier im Hard Rock Stadium und wurde mit nur 18 Jahren zum jüngsten Sieger der Turniergeschichte – doch auch Alcaraz ist aktuell nicht unantastbar. In der vergangenen Woche verpasste der 21-Jährige in Indian Wells die Chance auf eine erfolgreiche Titelverteidigung. Im Halbfinale scheiterte er überraschend an Jack Draper.
Der 23-jährige Brite galt lange als herausragendes Talent, wurde jedoch immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen. Draper schöpfte aus seinem Erfolg gegen "Carlitos" großes Selbstvertrauen: Mit seiner kraftvollen Linkshänder-Vorhand dominierte er auch das darauffolgende Endspiel gegen Holger Rune. Durch den prestigereichen Titelgewinn in Kalifornien schaffte Draper erstmals den Sprung unter die Top 10 der Weltrangliste. In Miami werden nun besonders viele Augen auf ihn gerichtet sein.
Mögliches Duell mit Draper
Draper könnte auch für Zverev zum Thema werden. Sollten beide ihre ersten Runden überstehen, treffen sie im Viertelfinale zum ersten Mal in ihrer Karriere aufeinander – der eine in schwacher Form, der andere mit breiter Brust. Trotz der Schwächephase gibt es für Zverev im möglichen Duell mit Draper positive Vorzeichen: Der gebürtige Hamburger hat 28 seiner vergangenen 30 Matches gegen Linkshänder gewonnen. Kein anderer Profi kann auf eine bessere Statistik verweisen.
Zverevs kraftvolle Rückhand stellt ein essenzielles Werkzeug im Match-Up gegen Linkshänder dar, da diese statistisch häufiger in die Rückhandecke von Rechtshändern spielen. Sich allein auf Erfahrungswerte zu verlassen, wird für "Sascha" nicht genügen. Tennislegende Boris Becker warnt vor Drapers beeindruckendem Potenzial und sieht in dem Briten eine wachsende Bedrohung auf der Tour – besonders neben dem dominanten Duo Sinner und Alcaraz.
Wohlfühlfaktor Miami
Einen kleinen Hoffnungsschimmer für den Olympiasieger von Tokio birgt die positive Erinnerung an das Vorjahr: 2024 erreichte er in Miami erstmals seit 2018 wieder das Halbfinale – sein erster Erfolg seit dem Umzug des Turniers von Key Biscayne in das NFL-Stadion der Miami Dolphins im Jahr 2019. "Miami ist meine Lieblingsstadt in den USA", sagte Zverev, im pinken Miami-esquen Shirt gekleidet, vor Turnierbeginn. "Hier spielt meine Lieblingsmannschaft Miami Heat, ich bin wirklich gerne hier." Der Wohlfühlfaktor von Miami Beach könnte die erhoffte Wende bringen. Zverev greift mit einem Freilos erst in der zweiten Runde ins Turniergeschehen ein. Dort trifft er dann auf Jacob Fearnley (Großbritannien). Zverevs wahrer Gegner wird vermutlich aber wieder in seinem eigenen Feld stehen.