
Nations League in Italien Nagelsmanns gute Entscheidungen verstärken den Glauben
Mit Plan A hat Julian Nagelsmann danebengelegen. Aber mit Plan B traf er wieder mal gute Entscheidungen, die zum Sieg in Italien führten und den Glauben stärken, dass die deutsche Fußballnationalmannschaft wieder unter den ganz Großen ist.
Noch sind es nur Pläne, und die sind auch noch vage, aber das Jahr dürfte nicht mehr allzu weit entfernt sein, in dem die beiden Großstadtklubs aus Mailand ein neues Stadion bauen. Es soll, so die vagen Pläne, direkt neben dem ikonischen Giuseppe Meazza gebaut werden, das im Volksmund immer noch San Siro genannt wird. So hieß es früher, benannt nach dem Stadtteil, in dem es seit nun fast einem Jahrhundert steht.
Ein letzter Abend im San Siro?
Die deutsche Fußballnationalmannschaft wird das San Siro vor allem wegen der Weltmeisterschaft 1990 in bester Erinnerung behalten, denn hier bereitete sie den Weg zum späteren Titelgewinn, unter anderem mit einem 2:1-Sieg im Achtelfinale in einem epischen Spiel gegen die Niederlande.
Möglicherweise trat die Auswahl des deutschen Fußball-Bundes (DFB) am Donnerstag (20. 03.2025) zum letzten Mal im San Siro an. Sie würde auch dieses Spiel in sehr guter Erinnerung behalten, denn es wurde auch mit 2:1 gewonnen.
Das DFB-Team ist wieder beliebt
Wie in den vier Jahren zuvor gelang im ersten Spiel des Kalenderjahres ein Sieg. Die Erfolge gegen Island, Israel und Peru - jeweils im Heimspielen - sind als pflichtgemäß abgehakt worden. Ganz anders sah das vor etwa zwölf Monaten aus, als Deutschland mit 2:0 in Frankreich gewann und damit eine Trendwende einleitete.
Die deutschen Fußballfans mögen ihre Nationalmannschaft wieder. Am Donnerstag waren etwa 3.500 deutsche Fans im Giuseppe Meazza. Sie feierten den Hinspielerfolg im Viertelfinale der Nations League noch lange nach Abpfiff.
Das Spiel in Frankreich vor etwa einem Jahr begann traumhaft für die Auswahl des DFB, denn Florian Wirtz traf schon nach acht Sekunden. Er fehlte nun wegen seiner Verletzung in Mailand, und das trug dazu bei, dass Bundestrainer Julian Nagelsmann nach dem Spiel in der Sportschau analysierte: "Die erste Halbzeit war zäh. Wir waren nicht gut in der Struktur. Wir sind ein bisschen wild rumgelaufen, kaum in die Abläufe gekommen."
Nagelsmann forderte viel. Zu viel?
Er hatte dazu beigetragen, etwa indem er Leroy Sané in den Sturm an die Seite von Jonathan Burkardt stellte. Nadiem Amiri spielte auf der rechten Seite, anders als beim 1. FSV Mainz 05. "Das waren viele neue Abläufe, sowohl mit dem Ball als auch gegen den Ball", sagte Rückkehrer Amiri, "Julian fordert viel von uns, aber das darf er auch."
Als Julian Nagelsmann den Job als Bundestrainer antrat, sagte er, dass er es eher einfach halten wolle, unter anderem, weil er viel weniger Trainingseinheiten mit der Nationalmannschaft habe als mit einer Vereinsmannschaft.
In Italien forderte Nagelsmann seinen Spielern zunächst sehr viel ab, vielleicht überforderte er sie auch. Jedenfalls hatte die Mannschaft kaum Ideen, wie gegen weitestgehend manndeckende Italiener Chancen herausgespielt werden sollen. Dribblings von Jamal Musiala wären vielleicht eine Idee gewesen, aber der Münchener war meistens zu weit weg vom Tor und den gefährlichen Räumen.
Kleindienst in den Sturm, Schlotterbeck als Linksverteidiger
Nagelsmann war also in der Halbzeitpause gefordert, und er präsentierte Lösungen, die überzeugten und zum Erfolg führten. Mit Tim Kleindienst stellte er nun einen kopfballstarken Mittelstürmer auf, der auch mal aussichtsreich mit Flanken bedient werden konnte. Dass gleich die erste von Joshua Kimmich perfekt auf Kleindiensts Kopf landete, und der Kopfball perfekt zum 1:1 im Tor, ist von einem Trainer kaum zu planen. Aber es passierte nun einmal, genau nach Anleitung, und so war nicht nur Struktur in das Spiel gekommen, sondern auch der Schwung, der letztlich sogar zum Sieg führte.
Die Idee, den etatmäßigen Innenverteidiger Nico Schlotterbeck ans linke Ende der Viererkette zu stellen, statt den schwachen David Raum nach der Pause mit Linksverteidiger Maximilian Mittelstädt zu ersetzen, war ebenfalls gut. Zum einen stabilisierte Schlotterbeck die Defensive, zum anderen erlaubte er mit seiner guten Spieleröffnung, dass Goretzka - wie von Nagelsmann gewünscht - seine Grundposition in der zweiten Halbzeit weiter vorne fand.
Der Glaube ist zurück
Noch steht am Sonntag das Rückspiel in Dortmund an, und der Vorsprung ist knapp. Aber als Zwischenfazit der ersten Länderspielphase im Jahr 2025 steht, dass Julian Nagelsmann die Zahl seiner guten Entscheidungen weiter erhöht hat.
Dass er Torwart Oliver Baumann den Vorzug vor Alexander Nübel gab, dass er Leon Goretzka überhaupt zurückholte, gehört ebenfalls auf die Liste.
Die deutsche Nationalmannschaft hat wieder den Glauben, in jedem Stadion der Welt, auch im San Siro gegen ein gutes Italien nach Rückstand gewinnen zu können. Die Gewissheit, dass der Trainer verschiedene Pläne hat und sie über den Haufen wirft, wenn sie nicht funktionieren, um einen besseren auszupacken, verstärkt diesen Glauben.