Wintersport | Skispringen Der Mann, der den Tournee-Mythos brach: Sven Hannawald wird 50
Der ehemalige Skispringer feiert am 9. November runden Geburtstag. Sven Hannawald bescherte dem deutschen Skisprung einen der größten Sportmomente der Geschichte.
50 - Das ist eine besondere Zahl im Leben von Sven Hannawald. Mit der Startnummer 50 gelang dem Skispringer bei der 50. Auflage des Vierschanzentournee im Jahr 2001/2002 das, was bis dahin alle für unmöglich gehalten hatten: Er gewann alle vier Springen und besiegte so den Mythos der Tournee.
Es sind Bilder, die jedem Wintersport-Fan bis heute präsent sind. Ein Rückblick auf den 6. Januar 2002: Nach seinem letzten Sprung in Bischofshofen ballt Sven Hannawald im Auslauf die Fäuste, lässt seinen Gefühlen freien Lauf. Bundestrainer Reinhard Heß eilt zum Triumphator, verbeugt sich und zieht seinen Hut, in diesem Fall seine Baseballmütze. Hannawald war im Skisprung-Olymp angekommen.
Hannawald zog die Notbremse
Drei Jahre später endete die Karriere von Hannawald nach zahlreichen Erfolgen. Olympiasieger und Weltmeister mit dem Team, Olympia-Silber von der Normalschanze - um nur einige zu nennen. "Man konnte fast damit rechnen, aber jetzt geht es mir trotzdem sehr nah", sagte der Technische Direktor Rudi Tusch damals. "Es bewegt mich, wenn ein Sportler, der Zeichen in der Welt und im Sport gesetzt hat, zurücktritt."
Am Ende der Laufbahn hatte Hannawald unter großen psychischen Problemen gelitten, klappte im Urlaub zusammen und begab sich umgehend in psychosomatische Behandlung. Er hatte die Notbremse gezogen. "Sven wollte die Last von seinen Schultern haben", so sein damaliger Manager Werner Heinz. Gerade noch rechtzeitig, wie er zuletzt der "Sport Bild" sagte. Ansonsten hätte ihm womöglich das gleiche Schicksal gedroht wie dem Fußballtorhüter Robert Enke, der unter Depressionen litt und sich 2009 das Leben nahm, so Hannawald.
Hannawald fand den Weg zurück. Das Skispringen an sich fehlte ihm nicht, das Adrenalin aber schon. Es brauchte eine neue Herausforderung. Hannawald fand sie im Motorsport, wo er als Quereinsteiger noch eine beachtliche Zweitkarriere hinlegte. Im Jahr 2011 trat er mit dem früheren Formel-1-Piloten Heinz-Harald Frentzen im ADAC GT Masters an.
YouTube-Video von SWR Sport: "Sven Hannawald: Ein Superstar und sein Sprung ins Burnout | SWR Sport"
Als TV-Experte für die Sportschau im Einsatz
Hannawald gab Seminare, in denen er seine Erfahrungen aus dem Spitzensport und seinen Umgang mit den psychischen Tiefs weitergab. Dann zog es ihn wieder zum Skispringen. Auf der Schanze steht er dabei aber nur noch, wenn er den Wettkampf analysiert oder Prognosen abgibt: Er ist jetzt TV-Experte. Zunächst für Eurosport, seit 2020 für Das Erste. Dabei kommt er ebenso locker und sympathisch rüber wie 2001/2002, wenn auf den möglichen Grand-Slam bei der Tournee angesprochen immer mit den selben Worten antwortete: "Ich mach' mein Zeug."
Sein Zeug wird er auch in Zukunft machen. Vor den Kameras und nicht mehr im hautengen Anzug. Zu beweisen hätte er sportlich ohnehin nichts mehr: Er ist der Mann, der den Mythos der Tournee brach.
Sendung am So., 3.11.2024 22:05 Uhr, SWR Sport, SWR