Der Pariser Eifelturm mit dem Symbol der Paralympischen Spiele (imago images/Stevens Tomas)

Paris 2024 Paris 2024: Das waren die größten Berliner und Brandenburger Erfolge bei den Paralympics

Stand: 08.09.2024 20:18 Uhr

"Paris toppt alles", sagt Friedhelm-Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbands, über die Stimmung und Organisation der Paralympics 2024. Für diese Berliner und Brandenburger Sportler galt das auch in sportlicher Hinsicht.

Die 17. Paralympischen Sommerspiele von Paris sind beendet. Nach insgesamt 549 Wettbewerben belegt das sogenannte "Team Deutschland" im Medaillenspiegel den elften Rang. Zehn Gold, 14 Silber und 25 Bronze-Medaillen konnten die Athleten und Athletinnen mit dem Adler auf der Brust holen. Einige davon finden zukünftig auch in Berlin und Brandenburg einen Ehrenplatz.
 
Am erfolgreichsten war dabei Schwimmer Josia Topf. Der gebürtige Erlanger, der für den Brandenburgischen Präventions- und Rehabilitationssportverein (BPRSV) antritt, tritt die Heimreise mit einem kompletten Medaillen-Satz an. Die stolze Bilanz: Gold über 150 Meter Lagen, Silber über 50 Meter Rücken und Bronze über 50 Meter Freistil zeigen, was für ein kompletter Schwimmer der gerade einmal 21-Jährige ist. Topf galt dabei durchaus als Medaillen-Kandidat, holte bei den Weltmeisterschaften 2022 ebenfalls Silber und Bronze. Das folgende Jahr jedoch war von familiären Todesfällen und einer Krankheit geprägt. Umso beeindruckender nun dieses vollumfängliche Comeback an der Weltspitze.

Behindertensportverband: "Paris toppt alles"

Am Sonntag gehen in Paris die Paralympics 2024 zu Ende. Friedhelm-Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbands und des Nationalen Paralympischen Komitees (DBS) ist schon vor dem Ende mehr als zufrieden und lobt die "unwahrscheinliche Stimmung".mehr

Eine sprachlose Elena Semechin

Dort und ebenfalls im Wasser fühlt sich die Berlinerin Elena Semechin seit Jahren zu Hause. In Paris siegte Semechin in ihrer Paradedisziplin, den 100 Metern Brust, und das in Weltrekordzeit. Schon vor drei Jahren, bei den Spielen in Tokio, hatte die 30-Jährige triumphiert. Doch auch sie hatte zuletzt einen schweren Schicksalsschlag zu verkraften. Direkt nach den Spielen 2021 erhielt sie die Diagnose Hirntumor. Semechin jedoch kämpfte nicht nur erfolgreich gegen die Krankheit an, sondern sich auch zurück in die Weltklasse.
 
Nach dem Gold-Wettkampf ließ sie ihren Gefühlen entsprechend freien Lauf: "Die Diagnose nach Tokio hat mich aus dem Leben erstmal rausgehauen. Ich hätte nicht gedacht, dass mein Trainer aus dem körperlichen Wrack wieder eine Sportlerin macht, die dann auch noch Weltrekorde schwimmt. Ich bin sprachlos." Auch deshalb wurde ihr anschließend die Ehre zu teil, bei der Abschlussfeier im Pariser Stadion St. Denis deutsche Fahnenträgerin zu sein.

Die erfreuliche Bilanz bei den Schwimm-Wettkämpfen wurden von der Potsdamerin Gina Böttcher und der Berlinerin Mira Jeanne Maack abgerundet. Die 20-jährige Maack holte Bronze über 100 Meter Rücken. Die 23-Jährige Böttcher, amtierende Europameisterin, schwamm über 50 Meter Rücken zu Silber. Was auch deshalb ganz besonders besonders ist, weil Böttcher das Element Wasser nach einem Unfall im Jahr 2013, bei dem sie fast ertrunken wäre, jahrelang mied. Im Schulsport der achten Klasse dann überwand sie ihre Furcht. Und entdeckte eine Leidenschaft, die sie nun bis zur Silbermedaille bei den Paralympics führte.

Die Vielseitigkeit von Maike Hausberger

Dass Ruder-Wettbewerbe nicht nur bei Olympia, sondern auch bei den Paralympics eine Berliner-Brandenburger Domäne sind, bewiesen Hermine Krumbein und Felicia Laberer. Krumbein kam im Mixed-Zweier und zusammen mit dem Dortmunder Jan Helmich über die 2.000 Meter zu Ruder-Bronze. Und ärgerte sich hinterher vermutlich doch. Schließlich gelang dem Duo, das schon bei der Europameisterschaft in diesem Jahr Silber gewann, im Vorlauf die zweitschnellste Zeit. Im Fotofinish-Finale dann fehlten zwölf Hundertstel auf die zweitplatzierten Briten.
 
Kanutin Felicia Laberer hingegen kam über die 200 Meter mit etwas mehr Abstand auf Rang zwei ins Ziel, dürfte in ihrer Bronze-Medaille allerdings auch so etwas wie einen guten Bekannten entdecken. Schließlich komplettierte sie mit der Britin Laura Sugar und der Französin Nelia Barbosa exakt dasselbe Podium, dass sich in diesem Wettkampf bereits in Tokio 2021 ergeben hatte.

Gleich zwei Medaillen eingefahren hat die Cottbuserin Maike Hausberger. Die Radweltmeisterin holte auf der 14,1 Kilometer langen Straßen-Strecke von Paris die Goldmedaille im Einzelzeitfahren. Zuvor hatte die 29-Jährige allerdings auch schon im Bahnrad-Zeitfahren überzeugt und Bronze geholt. "Ich bin sehr, sehr stolz und froh, dass es jetzt eine Medaille geworden ist. Ich bin den Lauf immer wieder durchgegangen, habe rausgehauen, was in mir ist — es hat gereicht", sagte Hausberger hinterher. Man möchte hinzufügen — und wie! Und zwar mit persönlicher Bestzeit.

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Großer Sport auf Platz acht

Ebenfalls Bronze auf der Bahn holte das Zeitfahr-Duo um den Berliner Thomas Ulbricht und seinen Piloten Robert Förstemann. Und auch sie fuhren eine neue Bestzeit. In der Qualifikation blieben sie als erste Deutsche überhaupt unter der magischen Marke von einer Minute. Weshalb am Ende auch Wehmut in den Stolz über die eigene Leistung drängte. So sagte Ulbricht: "Ich denke, wir können stolz und zufrieden sein. Aber wir sind auch enttäuscht. Gold wäre heute drin gewesen."

Gold wäre theoretisch auch für Tischtennis-Duo Stephanie Grebe (Berlin) und Juliane Wolf (Eisenhüttenstadt) drin gewesen. Doch nach dem Finale gegen die favorisierten Chinesinnen sollte es letztlich Silber werden. Angesichts des wilden Ritts durch das Turnier war aber allein die Final-Teilnahme ein riesiger Erfolg. So war Grebes Schläger vor dem Auftaktmatch durch die Kontrolle gefallen, weshalb sie fortan mit einem Ersatz-Modell spielen musste. Vielleicht auch deshalb stand das Duo im Halbfinale gegen das an Nummer eins gesetzte Norwegen schon so gut wie sicher vor dem Aus. Nur zwei Punkte fehlten den Nord-Europäern noch zum Sieg. Doch Grebe und Wolf blieben nervenstark und stürmten in dem erstmals seit 1976 bei Paralympics ausgetragenen Doppel-Wettbewerb noch ins Endspiel und auf Rang zwei. Für Juliane Wolf war es damit noch nicht getan. Die 26-Jährige sicherte sich im Einzel auch noch die Bronze-Medaille.

Dass großer Sport nicht zwangsläufig etwas mit Medaillen zu tun hat, ist allerdings auch klar. Und manchmal noch etwas mehr. So wie bei Maike Naomie Schwarz vom SC Potsdam. Die 30-Jährige hat mit Depressionen zu kämpfen, wegen derer sie auf die Spiele in Tokio 2021 noch verzichten musste. In Paris nun war sie dabei, sicherte sich das letzte Finalticket, wurde Achte und erklärte hinterher: "Ich bin stolz, dass ich noch ein zweites Mal ins Wasser gesprungen bin.“ Vor allem in den zwei, drei Stunden vor den Rennen habe sie zu kämpfen. "Ich versuche alles durchzugehen, was ich in der Therapie gelernt habe." Dabei sein ist alles. Manchmal im wahrsten Sinne des Wortes.

Sendung: rbb24, 08.09.2024, 22:00 Uhr