Alba Berlins Louis Olinde am Ball (Bild: IMAGO/Kirchner-Media)

Kaum verstärkt in der Euroleague Kaum verstärkt in der Euroleague: Alba Berlins Basketballer und die Angst vor den Folgen eines harten Sommers

Stand: 10.09.2024 06:12 Uhr

Nach einer schwierigen Saison ist vor einer schwierigen Saison. Alba Berlin ist es im Sommer nicht gelungen, seinen Kader entscheidend zu verstärken. Das könnte vor allem in der mit Stars gespickten Euroleague bittere Folgen haben. Von Jakob Lobach

Zumindest was das Wetter betrifft, haben die Verantwortlichen von Alba Berlin bei ihrer sommerlichen Terminplanung gutes Timing bewiesen. Während sich der Rest der Hauptstadt diese Woche der kühlen Realität des Herbstanfangs stellen muss, werden Albas Basketballer Mitte der Woche in Antalya von knapp 30 Grad auf ihrer ersten europäischen Vorbereitungsreise empfangen.

Albas Sportdirektor Himar Ojeda nimmt auch mal selbst den Basketball in die Hand (imago images/Langer)
"Wir haben Spieler verloren, die wir halten wollten, und andere nicht bekommen"
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Zwischen zwei schwierigen Saisons und drei Problemen

Bis Sonntag wird Alba in der türkischen Millionenstadt weilen, sich dort im Rahmen des "Gloria Cups" mit den Euroleague-Klubs Anadolu Efes Istanbul und Zalgiris Kaunas sowie Tofas Bursa messen. Das Gute: Dadurch, dass sich Albas Kader nach der vergangenen Saison kaum verändert hat, dürften die Berliner Akteure auf und abseits des Parketts gut aufeinander abgestimmt in die Türkei reisen. Das Bedenkliche: Aus selbigem Grund dürften sie es spätestens in der kommenden Euroleague-Saison sportlich ungemein schwer haben.
 
Es ist ein Zustand, den man bei Alba bereits gut kennt: Magere fünf Siege aus 34 Spielen - so lautete die ernüchternde europäische Bilanz vom vergangenen Saisonende. Der Sommer sei eine Chance, die Weichen auf Besserung zu stellen - so lautete die Hoffnung all derer, die es mit Alba halten. Während die Konkurrenz anschließend einmal mehr aufrüstete, wurde Albas Kader allerdings eher dünner als hochwertiger - so lautet das Problem aus Berliner Sicht.

Kontraproduktive Konstanz in einem "harten Sommer"

"Es war ein harter Sommer, weil wir viel probiert haben und es ein paar frustrierende Situationen gab", sagte Sportdirektor Himar Ojeda jüngst im Gespräch mit rbb|24 und fasste zusammen: "Wir haben Spieler verloren, die wir halten wollten, und andere nicht bekommen, die wir gerne gehabt hätten."
 
Mit anderen Worten: Mit Johannes Thiemann verabschiedete sich Albas Kapitän, Anführer und konstanteste Leistungsträger nach Japan. Hinzu kamen der Abschied des vor allem in der Bundesliga (BBL) geforderten Center Kresimir Nikic und der von Forward Sterling Brown. Der hatte in seinen Leistungen vergangene Saison zwar sehr geschwankt, führte Alba in den Playoffs allerdings mit seiner individuellen offensiven Qualität an.

Albas Neuverplfichtung Trevion Williams im Testspiel gegen Hamburg (IMAGO/Huebner)

Einer von zwei Neuen: Trevion Williams im Testspiel gegen Hamburg. | Bild: IMAGO/Huebner

Ganz allgemein hat Alba im Umbruch der vergangenen zwei Jahre sukzessive an besagter individueller Qualität verloren. Von den nur zwei Zugängen dieses Sommers bringt am ehesten Trevion Williams sie mit nach Berlin. Der 23-jährige Big Man hat sich im Trikot von ratiopharm Ulm zuletzt als bester Rebounder der BBL und des EuroCups einen Namen gemacht. Auch als Scorer überzeugte der US-Amerikaner, stach zudem mit guten Pässen und intelligentem Spielwitz heraus.

Vom Königstransfer zum Hoffnungsträger: Hermannsson

Flügelspieler William McDowell-White hingegen muss sein europäisches Format nach zuletzt vier Jahren in der Australischen NBL erst noch unter Beweis stellen. "Unsere Stärke ist die Gruppe und ich hoffe, dass uns das auch in der Euroleague helfen wird", beschwor Sportdirektor Himar Ojeda zuletzt. Seine berechtigte Hoffnung ist, dass Spieler wie Matt Thomas oder der junge Mateo Spagnolo in ihrer zweiten Alba-Saison zu konstanteren Leistungsträgern werden. Auch der in der Vorsaison spät verpflichtete Martin Hermannsson dürfte Alba noch besser integriert in die kommende Spielzeit führen.
 
Bleibt die Frage, wie viel all das den Berlinern bringen wird? Während Hermannsson für Alba zuletzt eine Art "Königstransfer" war, haben in der Euroleague schließlich alle anderen Klubs acht bis zwölf Hermannssons bzw. Spieler noch größeren Kalibers in ihren Reihen. Und in der Bundesliga? Da mussten Albas Fans im Sommer mit ansehen, wie der FC Bayern den Weltmeistertrainer Gordon Herbert verpflichtete und dazu mit Weltmeister Johannes Voigtmann und den Nationalspielern Oscar da Silva und Kevin Yebo seine deutsche Rotation endgültig veredelte. Das einstige Berliner Faustpfand ist mittlerweile zweifelsfrei ein Bajuwarisches.

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Albas Kern als Paradebeispiel für einen undankbaren Vergleich

Bei Alba bilden unterdessen Louis Olinde, Malte Delow, Tim Schneider und Jonas Mattisseck den neuen deutschen "Kern der Mannschaft", von dem auch Himar Ojeda gerne spricht. Ein Quartett, das auf BBL-Niveau klar überdurchschnittliche Qualitäten hat. Das Problem: An die des einstigen Kerns um Luke Sikma und die Weltmeister Maodo Lo, Niels Giffey und Johannes Thiemann kommen sie ebenso klar nicht heran.
 
Aber vielleicht liegt genau hier der Fehler - im Vergleich mit dem finanzkräftigen FC Bayern, vor allem aber den so erfolgreichen eigenen Jahren von 2018 bis 2022. Schon damals betonten die Berliner Verantwortlichen stets, dass man sich in einem Ausnahmezustand befände. Sie betonten, dass Zeiten folgen würden, in denen nicht jede Verpflichtung ein Glücksgriff ist, in denen bestimmte Spieler unhaltbar sind und das sportliche Wettrüsten der Euroleague-Klubs und des FC Bayern weitere neue Sphären erreichen werde.

Alba Berlins Malte Delow im Gespräch mit Trainer Israel Gonzalez (Bild: IMAGO/Kirchner-Media)

Alba Berlins Malte Delow im Gespräch mit Trainer Israel Gonzalez. | Bild: IMAGO/Kirchner-Media

Die Erwartungen als Frage aller Fragen

Genau in diesen Zeiten ist Alba Berlin nun endgültig angekommen. Aber hätten die Berliner dies mit anderen Personalentscheidungen überhaupt verhindern können? Hätten sie das Momentum der Meisterjahre sportlich und wirtschaftlich besser nutzen können? Haben sie die (finanziellen) Möglichkeiten, den Kader nach Saisonstart noch einmal zu verstärken? Fakt ist, dass Alba ohne die zusätzlichen Mietkosten für die Arena am Ostbahnhof - dem Vernehmen nach deutlich über eine Million Euro - wohl ein bis zwei europaerprobte Spieler mehr im Kader hätte.
 
Die vielen Fragen dürften spätestens mit dem ersten Pflichtspiel Ende des Monats einer weiteren weichen: Was können beziehungsweise müssen Albas Anhänger von der neuen Saison ihrer Mannschaft erwarten? Aktuell deutet vieles auf den Finaleinzug in der BBL als realistisches Saisonziel hin, dazu eine Euroleague-Saison an der Grenze der Konkurrenzfähigkeit. Aber wer weiß: Vielleicht bescheren die Berliner ihren Anhängern diese Woche aus Antalya ja noch einmal Sommergefühle und erwärmen ihre Hoffnungen.