Die Haupttribüne des Stadions von Energie Cottbus | Bild: IMAGO/Matthias Koch

Falsches Flutlicht und fehlende Dachstücke Energie Cottbus: Ein altes Stadion als millionenschweres Hindernis im Aufstiegsrennen

Stand: 05.02.2025 06:09 Uhr

16 Spiele trennen Energie Cottbus vom Traum-Durchmarsch in die 2. Bundesliga. 16 Spiele und die Stadion-Auflagen der DFL. Energie müsste bis zu 2,5 Millionen Euro investieren, um die zu erfüllen – und bittet nun um Hilfe.

Eine gute Woche ist es her, dass die Vorboten der 2. Fußball-Bundesliga ins Stadion der Freundschaft einzogen. Dort, wo Energie Cottbus sich zuletzt an die Tabellenspitze der 3. Liga schoss, waren Vertreter der Deutschen Fußball Liga (DFL) zu Gast. Hände schütteln, durch das Stadion spazieren, Notizen machen. Ein noch lockeres Wiedersehen mit dennoch ernstem Hintergrund: 16 Spieltage vor Saisonende darf Energie nicht mehr nur vom Durchmarsch in die 2. Bundesliga träumen. Der Verein muss für den freudigen Fall der Fälle planen.

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Das Stadion erfüllt die Lizenzanforderungen nicht

Der Besuch der DFL offenbarte hierbei eine wenig freudige Planungsgrundlage: Das Stadion von Energie ist knapp elf Jahre nach dem bis dato letzten Cottbuser Spiel in der zweiten Liga für diese heute nicht mehr geeignet. Bis zu zweieinhalb Millionen Euro müssten in kurzfristige Umbauarbeiten investiert werden, um bis zum Sommer die Stadion-Kriterien der DFL zu erfüllen. Viel Geld verbunden mit einer wichtigen Frage: Wo soll es herkommen? Eine Frage, in der die Energie-Verantwortlichen einen regionalen Scheidepunkt sehen.
 
"Mit diesem Stadion, in diesem Zustand gibt es keine Chance, hier eine Lizenz für die zweite Liga zu bekommen", fasst Energie-Präsident Sebastian Lemke im Stadioninneren am rbb-Mikrofon zusammen. "In die Jahre gekommen", sagt Lemke über den Bau. Man sieht es ihm an. Die schiefen Schwingtüren am Eingang des Spielertunnels, abbröckelnde Ecken an den Tribünentreppen, alte Werbebanner statt LED-Banden, ausgebleichte Plastikschalen für die Auswechselspieler – das Gegenteil von Moderne. Dennoch bleibt der Eindruck, dass im Cottbuser Stadion durchaus Zweitligaspiele ausgetragen werden könnten.

100 Seiten wird im "Regelwerk für Stadien und Sicherheit"

Das Problem liegt im Detail des "Anhang VI" der DFL-Lizensierungsordnung. Auf knapp 100 Seiten wird im "Regelwerk für Stadien und Sicherheit" unter anderem erklärt, dass Sitzplätze mindestens 50 Zentimeter breit sein müssen, es in den Kabinen mindestens je sechs Einzelduschen braucht und das Flutlicht mit mindestens 1.200 Lux Helligkeit leuchten muss. "Wir haben aktuell gerade mal 800 Lux", fasst Präsident Lemke eines der Probleme zusammen.
 
In anderen Worten: Steigt Energie tatsächlich im Mai in die 2. Bundesliga auf, braucht sein Stadion eine neue Flutlicht-Anlage. Hinzu kommen weitere Hindernisse: Nicht überdachte Sitzplätze in den vier Ecken des Stadions, Auswechselbänke mit vier Plätzen zu wenig, auf denen man noch dazu bei Regen nasse Füße bekommt, fehlende technische Kapazitäten und Anschlüsse für Medien und Fernsehübertragungen.

Es wäre schlimm, wenn dieser Verein sportlich das Wunder des Aufstiegs schafft und der dann an der Infrastruktur scheitert.

Energie als kulturelles Angebot

Unabhängig davon, ob der Aufstieg tatsächlich gelingt, muss Energie bis zum 1. März vorsorglich eine Zweitliga-Lizenz bei der DFL beantragen. Weder Flutlicht noch Dach müssen bis dahin ausgebessert sein, aber der Verein muss dem Verband einen wasserdichten Plan vorlegen, wann und wie dies geschieht – die Finanzierung inklusive. "Es wäre schlimm, wenn dieser Verein sportlich das Wunder des Aufstiegs schafft und der dann an der Infrastruktur scheitert", sagt Präsident Lemke.
 
Energie Cottbus bemüht sich schon länger um zusätzliche finanzielle Förderungen vonseiten der Stadt Cottbus, den umliegenden Gemeinden und dem Land Brandenburg. "In der ganzen Region kennt man Cottbus durch Energie Cottbus", sagt Lemke. Er sieht Energie als kulturelles und emotionales Angebot, das das Leben in der Lausitz bereichert und interessant macht. "Wer in dieser Region schafft es sonst, alle 14 Tage 10.000 Menschen in ein Stadion, in ein Theater oder in einen Tierpark zu bekommen", fragt Lemke.
 
In den vergangenen Jahren warb Energie mit vielen Gesprächen und Anträgen bei der Wirtschaftsregion Lausitz (WRL) um Fördermittel. Rund 10,3 Milliarden Euro wurden dem Land Brandenburg rund um den Kohleausstieg für regionale Investitionen vom Bund zugesichert. Rund 3,6 Milliarden darf das Land selbst vergeben. Den Antrag von Energie Cottbus lehnte die WRL vergangenen Sommer allerdings ab. Energie protestierte energisch und erreichte immerhin etwas: Zusammen mit der WRL und der Stadt Cottbus wird der Verein in einer Studie untersuchen, ob und wie sich sein Stadion und dessen Umfeld langfristig im großen Stil modernisieren und nutzen lassen.

Das Flutlich im Stadion von Energie Cottbus | Bild: IMAGO/Matthias Koch

Leuchtet zwar, aber nicht hell genug: Das Flutlicht im Energie-Stadion | Bild: IMAGO/Koch

30 bis 40 Millionen für ein modernes Stadionumfeld

Hierfür werden 2,5 Millionen Euro selbstverständlich nicht reichen. "Ich mag die Zahl kaum aussprechen", sagt Präsident Lemke, tut es dann aber doch. Schätzungsweise 30 bis 40 Millionen Euro brauche man, um das Stadion als sportliches Energie-Heimat, aber auch als moderne Veranstaltungsstätte und Wirtschaftsstandort herzurichten. Bis hin zu einem Stadion-Neubau scheint dabei alles möglich. "Die Stadt hat sich klar positioniert, dass sie helfen will", sagt Lemke. Bürgermeister Tobias Schick erklärte dem rbb am Montag etwa, zeitnahe Energies Trainingsplätze in städtischer Hand modernisieren zu wollen.
 
Schick betonte aber auch, dass es für mehr Modernisierung "die Finanzierungsquellen des Landes" brauche. Auch Energies Lemke fordert ein Bekenntnis monetärer Natur auf Landesebene: "Möchte das Land Brandenburg, möchte die Wirtschaftsregion der Lausitz einen Zweitligisten haben", fragt er. Wenn ja, müsse man sich gemeinsam mit Stadt und Verein an einen Tisch setzen. Die 30 bis 40 Millionen für den großen Umbau wären dabei erstmal zweitrangig. Im Fokus stünden das kurzfristig benötigte Geld für Flutlicht und Co.
 
Zurück zur Ausgangsfrage: Wo soll dieses Geld herkommen? Alleine kann Energie Cottbus als Drittligaaufsteiger mit ohnehin hohen Mehrkosten im Aufstiegsfall die Umbaumaßnahmen nicht stemmen. Selbst bei großer Hilfe durch Sponsoren ist die Hürde groß. "Auch wir als Stadt, die Gemeinden und das Land müssen gucken, was wir möglich machen können", sagt Bürgermeister Schick. Zahlen will er allerdings vorerst keine nennen.

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"Die Gefahr eines Aufstiegs rückt näher."

Anders als die umliegenden Landkreise. Die Verwaltung von Oberspreewald-Lausitz etwa, erklärte auf rbb-Anfrage, "weder willens noch in der Lage" zu sein, "Sanierungsmaßnahmen am Stadion des FCE mit öffentlichen Mitteln zu unterstützen". Auch der Landkreis Spree-Neiße erteilte dem mit Blick auf die "schwierige Haushaltssituation" eine Absage. Und das Ministerium für Bildung und Sport vom Land Brandenburg erklärte dem rbb gegenüber, für Profisport-Vereine wie Energie Cottbus nicht zuständig zu sein.
 
Bleibt die Frage, ob ein anderer Teil der Landesregierung sich für eines seiner sportlichen Aushängeschilder finanziell verantwortlich fühlt? Oder ob Energie und seine Sponsoren notfalls nicht doch in der Lage wären, zumindest erste wichtige Modernisierungen in Eigenregie zu tragen? "Wir haben nicht viel Zeit, um die Auflagen der DFL zu erfüllen", mahnt Cottbus Bürgermeister Schick jedenfalls. Und Energie-Präsident Lemke ergänzt: "Die Gefahr eines Aufstiegs rückt näher."

Sendung: rbb DER TAG, 04.02.2025, 18 Uhr