Streit auf dem Fußballplatz

Amateurfußball Amateurfußball: "Stopp-Konzept" des DFB soll Gewalt vorbeugen

Stand: 30.06.2024 13:58 Uhr

Regeländerung im Amateurfußball: Kommt es zu Auseinandersetzungen, können Schiedsrichter die Partie unterbrechen und die Teams in ihre Sechzehner schicken. Das neue Konzept greift ab dem 1. Juli - und wird in Berlin herbeigesehnt.

Auf besorgniserregendem Niveau bewegt sich weiterhin die Anzahl der Gewaltvorfälle im Amateurfußball. Jahr für Jahr veröffentlicht der Deutsche Fußball-Bund (DFB) die unselige Statistik zu den Begegnungen, die von Schiedsrichtern abgebrochen werden mussten. 961 Partien waren es während der Spielzeit 2022/23.
 
Das bedeutet: In Deutschland konnten täglich fast drei Partien nicht wie geplant beendet werden, und zwar meist, weil auf dem Platz oder daneben körperliche oder verbalen Gewalt angewendet wurde. Wenn die Gemüter hochkochen, bleibt den Referees oft nichts anderes, als das Spiel abzupfeifen, um weitere Eskalationen zu verhindern. So war es bisher.

Zwei Fußballspieler, von denen nur die Beine zu sehen sind, jagen einem Ball hinterher (Bild: Imago Images/Hanno Bode)
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Als Signal kreuzt Schiedsrichter Handgelenke

Ab dem 1. Juli führt der DFB nun mit dem sogenannten "Stopp-Konzept" in allen 21 Landesverbänden eine neue Regel ein, die für die Gemütsberuhigung im Amateurfußball hilfreich sein könnte.
 
Geraten Spieler, Trainer oder Zuschauer in Rage, können die Spielleiter die Partie unterbrechen und die Mannschaften separieren, indem sie diese in ihre jeweiligen Strafräume schicken. Als Signal kreuzt der Schiedsrichter dabei die Handgelenke über dem Kopf und streckt anschließend die Arme mit einer Stoßbewegung seitlich von sich weg.
 
Trainer und Kapitäne kann der Unparteiische zu sich in den Mittelkreis zitieren, um sie dort aufzufordern, die hitzköpfigen Spieler oder Zuschauer zu beruhigen. Auch Sicherheitskräfte können hinzugezogen werden. Zweimal pro Begegnung darf der Schiedsrichter die Mannschaften trennen und das Spiel unterbrechen. Die Dauer der Beruhigungspause liegt im Ermessen des Schiedsrichters.

805 Gewaltvorfälle in Berliner Amateurspielen

Kevin Sonder vom Berliner Fußballverband (BFV) verknüpft mit der Regeländerung große Erwartungen: "Ich hoffe tatsächlich, dass wir mehr Ruhe ins Spiel kriegen, dass wir uns im Fußball wieder darauf besinnen, auch ein eskalierendes Fußballspiel noch zu Ende bringen zu können, das heißt: weniger Spielabbrüche."
 
Dass es ein angemessenes Regel-Werkzeug für hitzige Situationen braucht, zeigt sich auch im Berliner Fußball. Aus dem im Mai veröffentlichten sogennanten Präventionsberichts des BFV [berliner-fußball.de] geht hervor, dass es in der vorletzten Saison 805 Gewaltvorfällen in Amateurspielen gab.

Der Gang in die Kabinen als letzes Mittel

Nicht zuletzt für Schiedsrichter bedeuten solche Situationen eine Zumutung. Denn bei den Auseinandersetzungen seien oft nicht nur zwei Spieler beteiligt, betont Theresa Hoffman, die die jüngste Gewaltstudie erarbeitet hat. Involviert seien "Mitspieler, vielleicht auch die Trainer und Trainerin, oder vor allem auch Zuschauende. Relativ schnell haben wir auf dem Platz eine hochgeheizte Situation, an der viele Akteure beteiligt sein können, die schnell unübersichtlich wird", sagt Hoffmann, die beim BFV für den Bereich Gewaltprävention zuständig ist.
 
Bringt auch die Anwendung des STOPP-Konzepts, also die einfache oder zweifache Beruhigungspause, in einer kritischen Gemengelage nichts, kann der Schiedsrichter immer noch auf das Hilfsmittel zurückgreifen, die Spieler in die Kabinen zu schicken. Diese Möglichkeit gab es vorher schon und sie dürfte auch weiterhin relevant sein, weil es gerade "bei Einwirkungen von Zuschauenden als ein wichtiges Instrument erscheint, zur Not den Platz auch verlassen zu können", wie Hoffmann sagt.

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In Baden-Württemberg hatte Konzept Erfolg

Das Stopp-Konzept soll nun auf Bundesebene pilotweise für die Saison 2024/25 angewendet werden, für alle Altersklassen unterhalb der Regionalliga.
 
Dass die Beruhigungspause Früchte tragen kann, das zeigte sich schon beim Württembergischen Fußball-Verband (WFV), welcher Vorreiter der Regelung war und diese in der vergangenen Saison erstmals in seinem gesamten Verbandsgebiet eingeführt hat.
 
Auf Anfrage heißt es, dass in der abgelaufenen Saison mehr als 90 Prozent der hitzigen Partien, in denen der Schiedsrichter das STOPP-Konzept angewandt und die Teams separiert hat, letztlich zu Ende gespielt werden konnten.

Sendung: rbb24 Infordadio, 27.06.2024, 16:15 Uhr