Fußball | Regionalliga Von Überfliegern, Pechvögeln und Enttäuschten - das Regionalliga-Zwischenfazit
Zwölf von 34 Spieltagen sind in der Regionalliga Nordost gespielt. Zeit für ein mitteldeutsches Zwischenfazit. Wer überrascht, wer hat Luft nach oben und wer muss sich strecken, um nicht früh für die Oberliga planen zu müssen?
Der Überflieger: Lok Leipzig
Zwölf Spiele, keine Niederlage: Lok Leipzig stiefelt fast beängstigend für die Konkurrenz vornweg und hat schon einen satten Vorsprung von acht Punkten auf Verfolger Hertha BSC II. Das Erfolgsrezept? Die bärenstarke Defensive! Lok hat erst sechs Gegentore kassiert. Torhüter Andreas Naumann (31, kam vom FC Eilenburg) ist Ruhepol und Rückhalt zugleich, dazu verteidigt die ganze Mannschaft abgezockt und nutzt die Chancen gnadenlos. Wenn aus dem Spiel nichts geht, sorgen Standards für den Dosenöffner. Wenn es läuft, dann läuft es eben.
Leipzigs Rückkehrer Alexander Siebeck fliegt mit Lok von Sieg zu Sieg.
Übrigens ist Lok gleichauf mit den Bayern, RB Leipzig und Karlsruhe. Nur diese vier Vereine der ersten vier Ligen sind noch ungeschlagen. "Wir bleiben fokussiert und haben ein charakterstarkes Team. Die Jungs wissen auch, dass es jetzt eher schwieriger wird, weil jeder motiviert ist, uns die erste Niederlage beizubringen", sagte Trainer Jochen Seitz. Nur den Verantwortlichen treibt es angesichts ungeahnter Siegprämien wohl etwas die Schweißperlen auf die Stirn.
Der Pechvogel: Carl Zeiss Jena
Carl Zeiss Jena legte einen Traumstart hin, gewann die ersten sechs Spiele - und zwar beeindruckend. Höhepunkt war das 5:1 gegen den Erzrivalen Rot-Weiß Erfurt. Vom Überflieger-Fußball ist nicht mehr viel übrig. Vier der letzten sechs Spiele verloren die Thüringer. Ein Leistungseinbruch ist dafür nicht verantwortlich, sondern eine schier unglaubliche Pechsträhne. Die Topstürmer Cemal Sezer und Elias Löder fallen Monate verletzt aus, zwischendurch war auch Erik Weinhauer noch außer Gefecht. Das Verletzungspech war nicht aufzufangen. Die zweite Reihe von Carl Zeiss stellt ein gutes Mittelfeld-Team, aber keine Spitzenmannschaft.
Die Aufstrebenden: Halle, Meuselwitz, Erfurt & Plauen
Drittliga-Absteiger Hallescher FC hat von der Papierform her vielleicht die stärkste Mannschaft der Nordost-Staffel, auf dem (fremden) Platz gelang es dem HFC aber zu selten, das gewaltige Potential zu zeigen. Und auch zu Hause wurden Punkte liegengelassen, u.a. der sicher geglaubte Sieg gegen den FC Eilenburg (2:2). Nach einer Achterbahnfahrt zu Saisonbeginn kam Halle zuletzt ins Rollen, gewann gegen Jena sowie in Babelsberg und ist mit zehn Punkten Rückstand auf Lok zumindest noch in Schlagdistanz.
Rot-Weiß Erfurt schielt nicht Richtung Staffelsieg, Trainer Fabian Gerber dürfte aber nach einer langen Durststrecke zwischendurch froh sein, dass Ruhe eingekehrt ist. Defensiv steht RWE deutlich stabiler als zu Saisonbeginn, wo es gegen Halle vier Mal und im Derby gegen Jena sogar fünf Mal schepperte. Während Erfurt im Liga-Spiel noch chancenlos war, verkaufte sich das Team im Pokalduell gegen Jena teuer und verlor nur knapp mit 0:1. Seit fünf Liga-Spielen ist Erfurt ungeschlagen, stockte das Konto auf 18 Punkte und pirschte sich nach vorn ins Mittefeld.
Dort hat sich auch der ZFC Meuselwitz einsortiert. Die Schützlinge von Georg-Martin Leopold ließen zu Saisonbeginn sehr viel vermissen. Mit einem Mini-Kader am Start schwante Böses. Doch die Ostthüringer, die sich seit Jahren in der Liga etabliert haben, rissen das Ruder herum, feierten in Plauen (3:2) sowie Erfurt (1:0) Big Points und gewannen zuletzt glücklich gegen Viktoria Berlin. Dreh- und Angelpunkt im Spiel des ZFC ist Luca Bürger, Sohn von Jena-Trainer Henning. Einen, wie Luca, könnte Henning gerade gut in seinen Reihen gebrauchen ...
Das Spielglück meinte es lange Zeit nicht gut mit dem Aufsteiger VFC Plauen. Nach gutem Start (4 Punkte aus den ersten drei Spielen) musste der Neuling lange auf den nächsten Sieg warten, bezog nicht nur einmal Prügel - und bekam von Trainer Karsten Oswald klare Ansagen. Nach der 1:4-Heimniederlage gegen Carl Zeiss Jena schimpfte der Ex-Profi: "Ich hoffe, der Letzte wacht jetzt auf." Hat offenbar gefruchtet. In Chemnitz bejubelte der VFC nun auch den ersten Auswärtssieg der Saison. Johan Martynets (Oswald: "Der hat einen Schuss wie ein Pferd") und Lucas Will ragen mit zwölf der 15 geschossenen Plauener Tore heraus.
Die Wundertüten: Chemie Leipzig & FSV Zwickau
Chemie Leipzig zauberte zu Saisonbeginn oder besser der mosambikanischer Nationalspieler Stanley Ratifo zauberte. Der 29-jährige Afrika-Cup-Teilnehmer glänzte mit vier Toren und zwei Vorlagen. Als es bei ihm nicht mehr lief, schwächelte auch Chemie und rutschte mit drei Niederlagen in Folge ab. Am letzten Wochenende folgte die Wiederauferstehung: Ratifo traf per Kopf doppelt gegen den FC Eilenburg und ließ alle Chemiker aufatmen.
Eine Berg- und Talfahrt legt bisher auch der FSV Zwickau auf das Regionalliga-Parkett. Die Westsachsen sind ganz schwer auszurechnen. Zu Saisonbeginn wackelte die Defensive gehörig, während es in der Offensive passte. Mittlerweile ist es umgekehrt - was Trainer Rico Schmitt lieber sein dürfte. Drei der letzten vier Spiele überstand Keeper Lucas Hiemann ohne Gegentor.
Die Sorgenkinder Chemnitzer FC & FC Eilenburg
Der Chemnitzer FC ist bisher eine der großen Enttäuschungen der bisherigen Saison. Auch der Trainerwechsel - Christian Tiffert musste gehen, Benjamin Duda übernahm - fruchtete (noch) nicht. Zuletzt verlor der CFC - allerdings wieder einmal ersatzgeschwächt - gegen Plauen. Die Hoffnung, dass der Pokalsieg gegen Dynamo Dresden Flügel verleiht, erfüllte sich nicht. Das liegt vor allem an der harmlosen Offensive. Sechs (!) magere Treffer hat der CFC erzielt - das ist der Negativwert der Liga.
Mit 13 Treffern ist der FC Eilenburg deutlich torgefährlicher, dafür defensiv wackliger. Die Gegner kommen zu leicht zu Toren. Beim letzten 1:2 gegen Chemie Leipzig waren zwei individuelle Fehler ausschlaggebend. Nach der starken letzten Saison verlor der FCE seine gesamte Abwehrreihe, inklusive Torwart-Rakete Naumann (Lok Leipzig). Auch wenn die Elf von Sascha Prüfer (wird heute 38) oft gut mitspielt, steht unterm Strich erst ein Sieg gegen Luckenwalde zu Buche.
Fazit
Lok Leipzig mischt bisher die Liga auf, spielt konstant und abgeklärt. Wenn die Probstheidaer keinen Einbruch erleben, wird es schwer für die Konkurrenz. Im Tabellenkeller geht es nach einem Drittel der Spiele enger zu. Die letzten fünf Teams trennen nur fünf Punkte.
Sanny Stephan