Hochrisikospiele Thüringen-Derby Erfurt gegen Jena: Wer zahlt die Polizeikosten?

Stand: 16.01.2025 17:28 Uhr

Fußballspiele mit erhöhtem Sicherheitsrisiko sind nicht nur sportlich, sondern auch sicherheitstechnisch ein Großereignis. Als Hochrisikospiel eingestuft, sind umfangreiche Polizeieinsätze nötig - mit erheblichen Kosten, welche die Steuerzahler tragen. Die Debatte darüber, wie diese Ausgaben verteilt werden, gewinnt durch die Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts über den Polizeieinsatz bei einer Bundesligapartie an Brisanz.

Von Jana Maier, MDR THÜRINGEN

Ende Januar beginnt der Vorverkauf für das mit Spannung erwartete Thüringen-Derby zwischen Rot-Weiß Erfurt und Carl Zeiss Jena. Das Spiel, das für den 23. Februar geplant ist, zieht traditionell zahlreiche Fans an - und bringt zugleich hohe Sicherheitsanforderungen mit sich. Die Einsatzkosten für die notwendigen Polizeikräfte stellen eine erhebliche Belastung dar.

Sicherheitsmaßnahmen bei Fußballspielen

Vor jeder Partie der Regionalliga bewertet die Polizei die potenziellen Risiken für Ausschreitungen. In diese Einschätzung fließen mehrere Faktoren ein:

•          Die Sicherheitslage am Spielort,
•          das Verhältnis der beiden Fangruppen untereinander,
•          mögliche Beteiligung befreundeter Fangruppierungen und
•          frühere Begegnungen der Teams.

Erhält ein Spiel die Einstufung "Hochrisiko", werden entsprechend mehr Polizeibeamte eingesetzt. Die Thüringer Polizei berechnet die Kosten solcher Einsätze anhand eines pauschalen Stundensatzes von 16 Euro pro Viertelstunde. Insbesondere Beamte im mittleren Dienst sind hierbei im Einsatz.

Profi-Fußball muss für Polizei-Mehrkosten zahlen

Polizeikosten steigen kontinuierlich

Laut Angaben der Polizei kam es in Thüringen im Jahr 2024 zu zehn Hochrisikospielen. Die geschätzten Personal- und Sachkosten beliefen sich dabei auf rund 1,5 Millionen Euro - eine Steigerung von ungefähr einer halben Million Euro im Vergleich zu 2022. Damals wurden lediglich sechs solcher Spiele registriert. Die Kosten solcher Einsätze tragen die Steuerzahler.

Der Nordostdeutsche Fußballverband (NOFV) berichtet von einer zunehmenden Zahl an Ausschreitungen im Fußball, was die Polizei bei Planung und Einsatz belaste.

Nordostdeutscher Fußballverband gegen Kostenumlage

Der NOFV sieht die Verantwortung für Sicherheitskosten bei Hochrisikospielen im Fußball primär beim Staat. NOFV-Präsident Hermann Winkler betonte: "Die Vereine sollten nicht an den Polizeikosten für Hochrisikospiele beteiligt werden. Zwar müssen wir als Verbände und Vereine gemeinsam zur Lösung des Problems beitragen, doch die Hauptverantwortung für die Sicherheit liegt beim Staat."

Die öffentliche Kernaufgabe für öffentliche Ordnung- und Sicherheit zu sorgen, wird dann mittelbar auf die private Ebene übertragen. Reike Meyer | Aufsichtsratsvorsitzender FC Rot-Weiß Erfurt

Der Aufsichtsratsvorsitzende von Rot-Weiß Erfurt, Reike Meyer, sieht darin eine prinzipielle Gefahr, dass auch Polizeikosten für andere Großveranstaltungen umgelegt werden könnten. "Es könnte bedeuten, dass alle öffentlich ausgetragene Veranstaltungen, die einen gewissen Umfang haben, einem Risikobereich zugeordnet werden und dementsprechend von den Veranstaltern Gebühren verlangt werden. Die öffentliche Kernaufgabe, für öffentliche Ordnung- und Sicherheit zu sorgen, wird dann mittelbar auf die private Ebene übertragen."

Bundesverfassungsgericht stellt Weichen nach langem Rechtsstreit

Zuvor war die Deutsche Fußball Liga (DFL) mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert. Die Karlsruher Richter entschieden, dass die Stadt Bremen der DFL die zusätzlichen Kosten für Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen in Rechnung stellen darf. Damit wies das Gericht die Verfassungsbeschwerde der DFL ab. Auslöser des Rechtsstreits waren Forderungen der Stadt Bremen in Höhe von 400.000 Euro. Das Urteil bezieht sich jedoch ausschließlich auf die ersten beiden Bundesligen.

Die DFL sieht diese Kostenbeteiligung als unzulässig und zog deshalb vor Gericht. Sollte zukünftig zuungunsten der DFL entschieden werden, könnten auch andere Bundesligavereine zur Übernahme von Polizeikosten verpflichtet werden. Diese Regelung hätte vor allem Auswirkungen auf die erste und zweite Liga, doch auch in der Regionalliga könnten vergleichbare Diskussionen aufkommen, etwa bei spannungsgeladenen Derbys wie zwischen Erfurt und Jena.

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Landesregierung will sich mit Vereinen austauschen

Die neue CDU-geführte Landesregierung in Thüringen hat sich derweil noch nicht eindeutig positioniert. Das Innenministerium erklärte, dass es dazu bislang keine abschließende Entscheidung gebe. Wenn es so weit sei, wolle man sich mit den großen Vereinen an einen Tisch setzen. Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) sagte bei der Pressekonferenz: "Klar muss sein, wir wollen die Freude am Sport damit verbinden, dass die Gemeinschaft nicht für diejenigen bezahlen muss, die andere Interessen bei solchen Spielen haben."

Eine bundesweit einheitliche Regelung werde weiterhin angestrebt, so ein Sprecher der Landesregierung.

MDR (jm/cfr)