BR24 Sport Almuth Schult fehlt Respekt und Förderung für den Frauensport
Almuth Schult ist zu Gast im BR-Podcast "Pizza und Pommes". Die ARD-Fußballexpertin spricht mit Host Felix Neureuther über Geschlechtergerechtigkeit im Sport.
Olympiasiegerin, Europameisterin, Champions-League-Siegerin, sechsfache deutsche Meisterin, Welttorhüterin: Almuth Schult hat im Fußball fast alles erreicht. Dass der Bekanntheitsgrad der 32-Jährigen dennoch deutlich unter dem von Torhüterkollegen wie Oliver Kahn und Manuel Neuer liegt, ist vor allen Dingen durch die kleine Endung "in", die hinter jedem ihrer Erfolge steht, zu erklären. Denn Frauenfußball ist in Deutschland noch immer weitaus weniger populär als Männerfußball.
Almuth Schult berichtet von Skepsis gegenüber Frauenfußball
"Heute gibt es immer noch sowas, dass du irgendwo hinkommst und die sagen: ,Nee, Frauen sollen keinen Fußball spielen. Die haben da mal gar nichts verloren. Das kann man sich ja nicht angucken", sagt Schult im BR-Podcast "Pizza & Pommes". Mit der Argumentation, die ihr immer wieder begegnet, kann sie wenig anfangen: "Frauen sind ja sowieso langsamer. Und mit unserer Kreisligatruppe würden wir ja gegen die Bundesliga gewinnen. - Das liegt aber daran, dass man körperlichen Unterschied hat. Man wird ja auch im 100-Meter-Sprint nicht Männer gegen Frauen laufen lassen. Obwohl vielleicht eine Frau einen besseren Laufstil hat, wird sie nicht gewinnen können", so Schult.
Für den großen Unterschied an Aufmerksamkeit, den Frauenfußballerinnen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen bekommen, sieht Schult vor allen Dingen historische Gründe: "Die Männer haben zu einer Zeit angefangen, wo es noch kein Fernsehen gab. Als das Fernsehen erfunden wurde, haben die ein komplettes weißes Feld eingenommen. Als der Frauenbereich kam, war der Sendeplatz komplett belegt." Diese Diskrepanz gäbe es auch in anderen Sportarten. "Die einzige Veranstaltung, bei der nahezu gleichberechtigt berichtet wird, ist Olympia. Und das ist einmal in vier Jahren, einmal im Winter, einmal im Sommer."
Schult über männliche Fußballer: "Könnten einen Fortschritt anstoßen"
"Pizza und Pommes"-Host Felix Neureuther verweist auf den Skisport als mögliches Vorbild: Gleiche Bezahlung. Auch der Stellenwert in der Gesellschaft ist beim Skisport sehr gut, was die Frauen betrifft. Es wird viel darüber berichtet. Wenn eine Mikaela Shiffrin fährt, verbreitet man sowas auch über die sozialen Medien". Ich habe das Gefühl in Amerika, wenn du im Basketball, in der Frauenliga, wenn du irgendeine krasse Aktion machst, dann feiern das die Männer da drüben auch."
Schult hofft darauf, dass die männlichen Kollegen im Fußball zu einer Veränderung beitragen werden: "Sie wären diejenigen, die einen Fortschritt anstoßen könnten. Wenn eine Mala Grohs im Tor eine Superparade macht und Manuel Neuer das posten würde, hätte das einen gesellschaftlichen Wert."
Schult: "Fehlende Förderung beginnt im Jugendbereich"
Schult sieht zwei große Baustellen, die es beim Frauenfußball zu verbessern gilt: "Es geht ganz viel um Respekt und um Förderung." Die fehlende Förderung beginne schon im Jugendbereich: "Wir haben in Deutschland Nachwuchsleistungszentren, aber eigentlich wird da nur der männliche Nachwuchs gefördert. Da wird keine einzige Frau drin gefördert. Wie sollen dann die Spielerinnen gleich gut werden?", fragt Schult.
Auch die finanziellen Unterschiede hindern in den Augen von Schult die Weiterentwicklung des Leistungsniveaus der Frauen. "Wenn du in der Bundesliga einen Vertrag unterschreibst, ist das Minimumgehalt von 250 Euro im Monat. Euro, nicht Tausend oder irgendwas, sondern wirklich 250 Euro", erklärt Schult und schätzt das Durchschnittsgehalt in Deutschlands höchster Spielklasse auf "800 bis 1.200 Euro brutto". Doch es gäbe Ausnahmen: "Es gibt drei Vereine, die professionell bezahlen: der VfL Wolfsburg, der FC Bayern München und Eintracht Frankfurt. Da kann es sein, dass du als Top-Top-Spielerin im oberen vierstelligen Bereich im Monat, vielleicht sogar jetzt schon im unteren fünfstelligen Bereich verdienst."
Forderung an Bundesliga: 0,5 Prozent der Einnahmen an Frauensparte
Auch hier nimmt Schult die männlichen Kollegen in die Pflicht: "Wenn jeder Bundesligist 0,5 Prozent seiner Einnahmen in die Frauensparte geben würde, würde es vermutlich reichen, dass man da eine gewisse Förderung hat." Dabei stellte Schult klar, dass die Fußballerinnen nicht fordern würden, genauso viel zu verdienen wie die Männer: "Es hat keine Nationalspielerin gefordert, wir brauchen jetzt Equal Pay. Es geht wirklich eher darum, was man für eine Lebensgrundlage hat. Es geht darum, was in der Bundesliga passiert. Dass sich Mädels frei nehmen müssen von ihrem Job, weil ein Spiel unter Woche am Montag oder am Freitag stattfindet."
"Pizza & Pommes": Alle Folgen im Überblick
Staffel 2:
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Quelle: BR24Sport im Radio 17.01.2024 - 08:55 Uhr