Nick Kyrgios reagiert auf einen gewonnenen Punkt beim Brisbane International

Australian Open Nick Kyrgios - das Genie bangt um sein Comeback

Stand: 08.01.2025 21:31 Uhr

Geniale Tennisspieler wie Nick Kyrgios gibt es nicht alle Tage. Der Australier will nun bei den Austalian Open nach langer Verletzungspause wieder angreifen - muss aber um seine Rückkehr bangen.

Es könnte sehr knapp werden. Eine Bauchmuskelzerrung 1. Grades sorgt dafür, dass Nick Kyrgios zittern muss, ob es mit seiner Teilnahme an der Australian Open (12. bis 26. Januar) klappen wird. Zuletzt lief gesundheitlich ohnehin vieles gegen Kyrgios.

Er hatte wiederholt Handgelenks- und Kniebeschwerden. Sein letztes Match auf der ATP-Tour bestritt Kyrgios im Sommer 2023. Jetzt, bei seinem Heimat-Turnier in Melbourne, sollte es wieder so richtig losgehen.

Sollte sich Kyrgios nicht rechtzeitig erholen, wäre wohl nicht nur er selbst, sondern auch viele Tennisfans auf der ganzen Welt tief enttäuscht. Schließlich gehört Kyrgios einer sehr seltenen Spieler-Spezies an, die Tennis-Liebhaber nicht sehr häufig zu Gesicht bekommen - und die vermisst werden.

Kyrgios hat keinen Trainer

Kyrgios ist schließlich von schier überbordenden Talent geküsst. Zudem ist er mit einem enorm großen Maß an Ball- und Spielgefühl ausgestattet. Und zu allem Überfluss wird er auch noch von einem großem Selbstvertrauen angetrieben. So wie einst etwa der Tscheche Miloslav Mecir, heute 60 Jahre alt.

Ähnlich wie Kyrgios heute war Mecir - auch liebevoll "die Katze" genannt - in den 1980er Jahren seinen Gegenspielern in den allermeisten (Tennis-) Kategorien überlegen - allerdings nicht in Sachen Trainingseifer.

Miloslav Mecir in Aktion

Miloslav Mecir galt in den 1980er Jahren vielen Tennisfans als Genie.

Während die Konkurrenten Stunden um Stunden auf den Courts oder in Krafträumen verbrachten, teilte sich Mecir - freundlich gesagt - seinen Aufwand ein. Und Kyrgios hat ähnliche Angewohnheiten, hat nicht mal einen Trainer engagiert.

Noch kein Grand-Slam-Titel

Wie so oft im Sport lässt sich echtes Genie offenbar nicht in strukturierte Bahnen lenken. Oder wie ist es sonst zu erklären, dass Kyrgios kurz vor seinem ersten Halbfinale in Wimbledon 2022 lieber seiner Freundin Übungsstunden erteilte, während gleich nebenan sein Kontrahent Rafael Nadal trainierte, als ginge es um sein Leben?

Deshalb hat es auch weder bei Mecir noch bei Kyrgios - trotz einiger Titelgewinne - für einen Grand-Slam-Titel gereicht. Immerhin: Der Australier ist mit seinen 29 Jahren noch jung genug, um dieses große Ziel zu erreichen. An der nötigen Überzeugung an seinen eigenen Fähigkeiten mangelt es jedenfalls nicht, auch wenn Kyrgios sein erstes Finale in London gegen Novak Djokovic am Ende verloren hat.

"Ich weiß nicht, ob es in der Geschichte des Tennis jemand ohne Trainer ins Finale von Wimbledon geschafft hat. Beim IQ würde ich also wahrscheinlich mich selbst nehmen", sagte Kyrgios kürzlich, als er in einer australischen Fernsehshow einen perfekten Tennisspieler zusammenstellen sollte. Außerdem bevorzugte er seinen eigenen Aufschlag.

Selten offene Art

Was Kyrgios neben seinem außergewöhnlichen sportlichen Können von vielen seiner Profi-Kollegen - auch Sportart-übergreifend - unterscheidet, ist seine offene Persönlichkeit. Den Mund verbieten lässt er sich jedenfalls nicht, auch wenn das nicht immer überall gut ankommt. Zuletzt gut wahrnehmbar in der Causa Jannik Sinner.

Der Italiener wurde im März 2024 zweimal positiv auf das verbotene Steroid Clostebol getestet, wurde aber nicht von der ATP-Tour verbannt. "Du wirst zweimal auf eine verbotene Substanz getestet, du solltest für zwei Jahre gesperrt werden. Die Leistung wurde gesteigert", sagte Kyrgios in einem Podcast. "Wenn ich gegen ihn spielen würde, dann würde ich jede Person in der Menge dazu bringen, sich gegen ihn zu stellen."

Sinner dürfte die Drohung von Kyrgios durchaus ernst nehmen. Dafür müsste der Australier aber erstmal für das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres spielfähig werden.