Deutschlands Maximilian Schachmann in Aktion

Frühjahrs-Rundfahrt im Radsport Schachmann sucht nach alter Stärke - schon bei Paris-Nizza

Stand: 06.03.2025 19:02 Uhr

Er gehörte einst zu den besten der Welt, doch nach drei Jahren voller Tiefen und Krankheiten ist Maximilian Schachmann gerade erst wieder dabei zu entdecken, zu was er als Radfahrer fähig ist. Zurück bei Soudal Quick-Step, wo er 2017 Profi wurde, startet er ab Sonntag (09.03.2025) bei Paris-Nizza als einer der Kapitäne.

Die Zeit bei Red-Bull-bora-hansgrohe hat viele Narben im Kopf des 31-Jährigen hinterlassen hat. "Was da abging, hätte ich auch gern verstanden, verstehe ich aber bis heute nicht", beschreibt Schachmann die Entfremdung von seinem langjährigen Rennstall.

Es war eine Beziehung, die sportlich extrem hoffnungsvoll begann: Zweimal gewann der gebürtige Berliner in den Jahren 2020 und 2021 die Rundfahrt Paris - Nizza. In insgesamt sechs Jahren bei seinem Ex-Team stand er bei den schweren Ardennen-Klassikern Lüttich - Bastogne - Lüttich und dem Amstel Gold Race auf dem Podium. Seit Sommer 2021 aber hat Schachmann nur ganz selten zu seinem alten Niveau zurückgefunden. Es waren frustrierende Jahre voller Krankheiten und Rückschläge. "Im Team herrschte wohl überwiegend die Meinung, dass meine Profikarriere vorbei ist, dass ich nicht mehr zurückkomme", sagt Schachmann im Gespräch mit der Sportschau.

Corona-Infektionen warfen ihn zurück

Diese Zeit, geprägt von gegenseitigen Zweifeln, nahm seinen Anfang in einer Corona-Infektion. Eine zweite sollte seine Saison 2022 weitgehend ruinieren. Schachmann, eingeplant für eine Kapitänsrolle im Team, konnte nicht mehr das abrufen, was von der Teamleitung erwartet wurde.

2023 folgte im Frühjahr die nächste schwere Erkrankung. Wie Schachmann später berichtet, habe ihm selbst die Treppe in seinem Haus Schwierigkeiten gemacht - er habe völlige Erschöpfung gespürt, über Wochen. Dem Team wirft er vor, in dieser Phase nicht genügend Unterstützung gegeben zu haben. "Wenn man seine Leistung nicht abliefern kann, hat man im Kopf schon genug Probleme. Was ich ganz schwierig fand, war der komplette Vertrauensverlust. Mir wurden Dinge vorgeworfen, die man keinem Sportler vorwirft", sagt Schachmann. Das Team, sagt er, sprach von Burn Out, fehlender Motivation.

Deutschlands Maximilian Schachmann im Trikot von Red Bull-Bora-Hansgrohe

Deutschlands Maximilian Schachmann im Trikot von Red Bull-Bora-Hansgrohe

Alles auf Null nach einer schwierigen Diagnose

Nach erfolgreicher Diagnose - dem Zytomegalievirus, einer Erschöpfungskrankheit - und anschließender Therapie ging es ab Ende 2023 wieder bergauf. Ein neuer Coach setzte praktisch alles auf Null. So konnte Schachmann beim Giro d'Italia im Mai 2024 beinahe für einen Paukenschlag sorgen, als er bei der Auftaktetappe fast das Führungstrikot übernahm. Letztlich trennten ihn im anspruchsvollen Finale Zentimeter vom Sieg.

Für seine Zukunft im Team war das aber ohnehin nicht mehr ausschlaggebend, sagt Schachmann heute: "Selbst ein Erfolg dort hätte wohl nichts mehr geändert. Da war das Kind schon in den Brunnen gefallen." Schachmann orientierte sich neu, schloss sich im vergangenen Sommer Soudal Quick-Step an. Jenem Team, bei dem er 2017 Profi geworden war und das heute mit Olympiasieger Remco Evenepoel an den Start geht. "Ich habe in den Gesprächen gemerkt, dass die mich wirklich wollen. In meiner Situation ist es sicher hilfreich, mit Leuten zusammenzuarbeiten, die man schon kennt und die einen ebenfalls kennen", so Schachmann.

Schachmann: "So stark wie noch nie"

Heute fühlt sich der 31-Jährige "so stark wie noch nie", hat sich zuletzt drei Wochen in der Höhe Kolumbiens auf die neue Saison vorbereitet. Auch sein Renndebüt im neuen, alten Team, verlief vielversprechend: Schachmann wurde Fünfter bei der Algarve-Rundfahrt Mitte Februar, die Jonas Vingegaard gewinnen konnte.

Mit Paris - Nizza steht nun das erste große Highlight auf dem Programm. Seine beiden Erfolge bei der Rundfahrt lassen Schachmann mit Zuversicht auf das am Sonntag beginnende Rennen blicken: "Ich gehe da ganz sicher mit der Einstellung rein, dass mir die Berge dort zu liegen scheinen". Im Team ist er einer von drei Kapitänen. Europameister Tim Merlier soll bei den Sprints für Siege sorgen, Schachmann und der Belgier Ilan van Wilder in der Gesamtwertung möglichst weit vorn landen.

Neue Freiheiten - bald auch wieder Tour?

Diese neuen Freiheiten will Schachmann gerne nutzen, bevor es zu den Ardennen-Klassikern geht, wo möglicherweise auch Evenepoel wieder am Start sein wird. Der belgische Superstar arbeitet nach längerer Verletzungspause an seinem Comeback. Schachmann könnte ein wichtiger Faktor werden, den 25-Jährigen als Helfer zu unterstützen - womöglich sogar bei der Tour de France im Sommer.

Für Schachmann wäre auch das ein Comeback. Zuletzt war der Berliner dort 2022 dabei. "Das ist die größte Bühne. Aber ich bin nicht angetrieben von der Bühne. Ich fahre einfach gern Radrennen", sagt er: "Wieder zu gewinnen, wird schwer, aber im Hinterkopf habe ich es schon".