Liane Lippert bei der Flandern-Rundfahrt 2025
interview

Platz drei bei Flandern-Rundfahrt Liane Lippert - "Besitze Qualitäten, Etappen zu gewinnen"

Stand: 07.04.2025 16:13 Uhr

Liane Lippert fährt bei der Flandern-Rundfahrt auf einen starken dritten Platz. Auch für den Rest der Saison hat sie sich viel vorgenommen.

Von Stephan Klemm

Am Sonntag stand Liane Lippert (27) aus Friedrichshafen kurz vor einem großen Coup. Zusammen mit drei weiteren Ausreißerinnen war sie dem Feld am Alten Kwaremont, 18 Kilometer vor dem Ziel der Flandern-Rundfahrt, enteilt. Die Gruppe blieb bis zur Entscheidung in Oudenaarde beisammen, im Finale jedoch setzte sich die Sprintroutine der Weltmeisterin Lotte Kopecky aus Belgien durch.

Sie gewann vor der Französin Pauline Ferrand-Prévot, Lippert wurde Dritte, die polnische Tour-de-France-Siegerin Katarzyna Niewiadoma belegte Rang vier. Im Interview schildert Liane Lippert Ihren Tag in den flämischen Ardennen.

Liane Lippert (l) bei der Flandern-Rundfahrt

Liane Lippert (l) bei der Flandern-Rundfahrt

Sportschau: Frau Lipppert, wie erging es Ihnen auf der langen Zielgerade von Oudenaarde? Hatten Sie das Gefühl, Sie könnten Lotte Kopecky im Sprint bezwingen?

Ich wusste schon, dass es richtig schwer werden wird. Wenn das Ziel auf einem Anstieg gewesen wäre, also auf einer der Hellingen (Hügel, Anmerkung der Redaktion), die wir passiert haben, dann hätte ich auf jeden Fall richtig gute Chancen gehabt. Ich hatte am Sonntag wirklich richtig gute Beine. Aber im flachen Finale von Oudenaarde wusste ich schon, dass alles zusammenpassen müsste. Ich bin eigentlich auch sehr endschnell, aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich Lotte Kopecky bezwingen kann. So wurde es Platz drei, damit bin ich sehr zufrieden.

Die entscheidende Vierergruppe hatte sich im Alten Kwaremont gebildet. Wie haben Sie dort zueinandergefunden?

Lotte Kopecky hatte am Fuß des Berges das Tempo erhöht. Und plötzlich waren wir zu viert, und zwar vier sehr starke Fahrerinnen. Meine Teamkollegin Marlen Reusser aus der Schweiz hatte mich zuvor perfekt im Kwaremont abgeliefert. Ich habe im kurz nach dem Kwaremont folgenden Paterberg, der in der Spitze bis zu 20 Prozent steil ist, versucht, wegzukommen. Aber am Ende sind alle an meinem Hinterrad geblieben.

Wie haben Sie die Stimmung am Rande der Strecke wahrgenommen?

Die war richtig klasse, unbeschreiblich. Das Wetter passte ja auch, da waren unglaublich viele Menschen an der Strecke. Auch bei uns Frauen, das war schön zu sehen.

Wie fühlen sich denn Ihre Handgelenke nach der Hatz über die vielen Kopfsteinpflaster-Passagen an?

Och, die machen mir gar keine Probleme. Nächste Woche bei Paris-Roubaix wird das für meine Kolleginnen gewiss anders sein.

Sie starten nicht bei diesem Kopfsteinpflaster-Klassiker?

Nein, meine nächsten Ziele sind die Ardennenklassiker Amstel Gold Race, Flèche Wallonne und Lüttich-Bastogne-Lüttich.

Das Amstel Gold Race und der Flèche Wallonne enden nach schweren Anstiegen auf einem Berg, was Ihnen sehr entgegenkommt. Sind diese beiden Rennen Ihre großen Saisonziele?

Auf jeden Fall, zumindest im Frühjahr. Beim Flèche war ich 2023 schon mal Zweite, das Rennen und vor allem das Finale mit dem steilen Anstieg in Huy liegen mir. Das gilt auch für das Amstel Gold Race, das auf dem Cauberg in Maastricht endet.

Liane Lippert (l.) bei der Flandern-Rundfahrt 2025 in der Ausreißergruppe

Und wie geht Ihre Saison danach weiter?

Ich fahre im Mai die Spanien-Rundfahrt, im Juli den Giro und im August die Tour de France. Das klingt nun nach riesig vielen Renntagen, aber sie halten sich im Vergleich zu den Männern sehr in Grenzen. Es ist für uns Frauen gut möglich, diese drei Rundfahrten hintereinander zu bestreiten.

Werden Sie in einem der Rennen auch auf ein Top-Ergebnis in der Gesamtwertung fahren?

Ich besitze Qualitäten, Etappen zu gewinnen, bei der Tour und beim Giro ist mir das schon gelungen. Die Freiheiten, in eine Gruppe zu gehen und um den Tagessieg mitzufahren, würde ich aber nicht erhalten, wenn ich eine Kandidatin für das Gesamtklassement wäre. Deswegen möchten das Team und ich erst einmal schauen, wie meine Kletterfähigkeiten im Vergleich zu den anderen bei diesen Rundfahrten aktuell sind. Danach entscheiden wir.