Jonathan Rottmann (vorne)

Debütanten bei der Deutschland Tour Nervosität runterschlucken und von den Großen lernen

Stand: 23.08.2023 20:18 Uhr

Mit einem Prolog startete die Deutschland Tour. Mit dabei ist auch eine Reihe junger deutscher Fahrer, die ihr Debüt feiern durften.

Zum Auftakt der Deutschland Tour 2023 mussten die 119 Starter ein Zeitfahren hinter sich bringen, welches mit 2,3 Kilometern zwar kurz, dafür aber aufgrund seiner Kurven umso kniffliger war. Am besten kam der Brite Ethan Vernon klar, der Fahrer vom Team Soudal Quick-Step geht als Gesamtführender in die erste Etappe von St. Wendel nach Merzig. Nils Politt (BORA – hansgrohe), der die Rundfahrt 2021 gewinnen konnte, wurde Fünfer und bester Deutscher.

Während Politt bei seiner Ankunft wenige Stunden vor dem Start direkt von kleinen und großen Fans belagert wurde - und geduldig Autogramme schrieb - bereiteten sich die Fahrer der kleinen deutschen Continental Teams ein paar Meter weiter unbehelligt auf den Arbeitstag vor. Die Aufregung vor deren Campern war mit Händen zu greifen, denn anders als Routinier Politt sind die Fahrer der kleinen deutschen Teams die große Bühne nicht gewohnt.

Selten so einen hohen Puls gehabt

Dank einer Wildcard nehmen in diesem Jahr vier deutsche Continental Teams an der Deutschland Tour teil. Neben Bike Aid und P&S Benotti sind dies Rad-Net Oßwald sowie das Saris Rouvy Sauerland Team. Sie alle geben jungen deutschen Fahrern die Chance, während der nächsten fünf Tage in den Profi-Radsport reinzuschnuppern. So zum Beispiel Jonathan Rottmann, 19 Jahre alt und in seinem ersten Jahr bei den Männern unterwegs. "Hier teilnehmen zu dürfen, ist ein absolutes Highlight. Vor allem, weil die Tour durch meine Heimat, das Sauerland, geht", so der Fahrer vom Team Saris Rouvy Sauerland. Er würde sich jetzt schon auf seine Familie und Freunde am Streckenrand freuen.

Bis die Tour im Sauerland ankommt, musste aber erst einmal der Prolog gefahren werden. Die Nervosität vor dem Start war riesig. "Ich habe selten so einen Puls vor einem Rennen gehabt, aber es hat Spaß gemacht. Es war richtig schön, durch so eine große Menschenmenge zu fahren", erzählt Rottmann, der nebenbei noch Wirtschaftswissenschaften studiert. Kein Wunder, dass nach seinen 2,3 Kilometern erst einmal durchpusten musste. Am Ende belegt der Debütant den 92. Platz.

Fünf Tage Zeit, sich zu zeigen

Er ist nicht der Einzige, der bei der Deutschland Tour sein Debüt gibt - 78 Fahrer sind zum ersten Mal dabei. Darunter auch Vincent John, er ist mit erst 18 Jahren der jüngste Starter der Tour. "Das ist schon ein überwältigendes Gefühl, es wird mir aber auch zeigen, wo ich stehe", so der Rad-Net Oßwald-Fahrer gegenüber der Sportschau.

Zu Beginn des Jahres fuhr der Chemitzer noch für P&S Benotti, löste dann aber seinen Vertrag auf. "Es hat dort nicht so geklappt, wie ich es mir vorgestellt hatte. Nun bin ich in meinem neuen Team aber sehr glücklich." Seitdem können sich Johns Ergebnisse sehen lassen, er zählt zu den vielversprechendsten Nachwuchsfahrern Deutschlands.

Normalerweise sind die jungen Fahrer mit ihren Teams auf kleineren UCI-Rennen und in der Rad-Bundesliga unterwegs. Umso mehr ist die Deutschland Tour eine wichtige Bühne, auf der sie sich präsentieren können. Denn das Ziel Voll-Profi zu werden, wie es zum Beispiel Johannes Adamietz nach einem starken Auftritt bei der vergangenen Tour geschafft hat, haben sie alle.

Um die vorderen Plätze mitzufahren, dürfte allerdings schwierig werden, gibt Silas Köch zu Bedenken. Der 20-Jährige fährt wie Rottmann für das Saris Rouvy Sauerland Team, genauso wie Adamietz früher. "Deshalb muss das Ziel sein, die Fluchtgruppen zu besetzen und so zu zeigen, dass wir auch hier sind“, so Köch.

Von den Großen lernen

Doch es geht nicht nur darum, sich den großen Profi-Teams und Zuschauern zu präsentieren. So große Rennen wie die Deutschland Tour bieten auch die Möglichkeit, von den Großen im Peloton zu lernen. Köch ist da eher skeptisch. "Es wird schwierig, sich was abzuschauen. Die sind ja auf einem ganz anderen Level und trainieren doppelt so viel.“

Moritz Czasa vom Team Rad-Net Oßwald möchte auf jeden Fall etwas von den erfahrenen Fahrern lernen, insbesondere von denjenigen, die er selbst bewundert. "Selbst im Fernsehen schaut man ja immer, wie die das machen. Wenn man dann selbst neben denen fährt, guckt man noch einmal genauer hin." Also ganz nach dem Motto: Schaltet Nils Politt runter, tue ich das auch, so der 21-Jährige.

Moritz Czasa

Moritz Czasa

Die Erleichterung war allen Vieren nach dem Rennen anzumerken. "Hoffentlich kommen in der Zukunft noch viel mehr Starts bei einer Deutschland Tour hinzu. Aber jetzt wollen wir erst einmal in die Spitzengruppen und in Bremen ein Top-Ergebnis rausfahren", kündigt Rottmann an. John, dessen großer Traum die Tour de France ist, freut sich besonders auf die fünfte und letzte Etappe. Lachend sagt er: "Das ist das größte Highlight, wenn man es dann nämlich geschafft hat."