Ehrgeizige Ziele für 2025 Tadej Pogacar will noch ein bisschen mehr
Tiefenentspannt hielt Tadej Pogacar Hof im Trainingscamp in Südspanien. In einem im Pharaonenstil errichteten Hotel in Benidorm gab er als Vorhaben für die Saison 2025 die Titelverteidigung bei der Tour de France und den Weltmeisterschaften an. Neu soll ein Sieg beim Klassiker Mailand-Sanremo hinzukommen. Helfen soll ihm dabei auch Künstliche Intelligenz bei der Trainingsplanung.
Menschen wollen immer besser werden, Menschen mit Ehrgeiz zumindest. Pogacar macht da keine Ausnahme. Zwar hat er 2024 so ziemlich alles gewonnen, was zu gewinnen war - das Double aus Giro d‘Italia und Tour, die WM und zwei Klassikermonumente - gesättigt wirkt der Slowene aber noch lange nicht. "Klar, ich muss sagen, dass ich wirklich dankbar bin dafür, wie die Saison lief, und auch Glück hatte, dass alles superschön zusammenpasste. Ich hatte gute Form, in jedem Rennen, vom Beginn bis zum Ende. Alles fügte sich zu einer perfekten Saison zusammen: Training, Ernährung, das Umfeld und auch die allgemeine Atmosphäre", blickte er noch einmal auf sein Superjahr zurück.
Pogacar: "Halte mich noch nicht für einen alten Kerl"
Dass er nun mit weniger Motivation die kommende Saison angeht, sollte seine Konkurrenz - und auch die, denen der Radsport ob Pogacars Übermacht zuletzt etwas langweilig wurde - nicht hoffen. Nein, Pogacar will sogar noch mehr Qualität aufs Rad bringen. "Ich halte mich noch nicht für einen alten Kerl. Raum für Verbesserungen ist da immer. Es kommt mehr Erfahrung hinzu. Und an vielen kleinen Details kann man arbeiten. Wir Menschen wollen uns doch stetig verbessern. Und im Sport ist das nicht anders. Bis zum Ende der Karriere versucht man, besser zu werden. Und dass es vielleicht Zeit ist, die Karriere zu beenden, wenn es nicht mehr aufwärts geht, sondern abwärts", meinte er.
Tadej Pogacar beim Medientag des UAE-Teams in Benidorm
Als die Gebiete, bei denen er sich weiterhin Fortschritte erhofft, nannte er die Klassiker Ernährung, Training und Schlaf. Seine Trainer wurden ein bisschen spezifischer. "Was sich im letzten Jahr besonders bemerkbar gemacht hat, war die Arbeit an der körperlichen Stärke, das meint nicht nur die Beine, sondern den gesamten Oberkörper", erklärte Jeroen Swart, seit sechs Jahren Trainer bei UAE, der Sportschau. Ein stärkerer Oberkörper erlaube es unter anderem, die aerodynamisch günstigste Position auf dem Zeitfahrrad länger zu halten und damit länger die optimale Kraft auf die Pedale zu bringen. Auch bei langen Solofahrten, dem Markenzeichen von Pogacar, sei das hilfreich. Hier sieht Swart noch weiteres Potential.
Auch KI soll helfen, Mailand-Sanremo zu gewinnen
Ein vergleichsweise neues Forschungsgebiet, das der Südafrikaner ebenfalls in die Trainingslehre des Teams aus den Emiraten einbringen möchte, ist die Arbeit an der Verbesserung der Widerstandskraft. Damit ist gemeint, dass das Abflachen der Leistungskurve bei längerer Belastung hinausgeschoben werden soll. "Ermüdungswiderstandsfähigkeit ist ein Gebiet, in dem es in den letzten Jahren eine enorme Entwicklung gegeben hat. Man versteht immer besser, welche Faktoren dazu beitragen und wie man es messen kann“, erklärte er.
Helfen soll ihm beim Herausfinden neuer Trainingsanreize auch Künstliche Intelligenz. "Mit unseren Partnern in den Vereinigten Arabischen Emiraten haben wir eine eigene Datenplattform entwickelt, in die alle Daten aus den diversen Trackern der Fahrer eingehen. Das sind nicht nur Leistungsdaten, sondern auch Parameter über den Schlaf und Eigenaussagen über das Wohlbefinden. Jetzt können wir die Künstliche Intelligenz befragen. Und sie, wir nennen sie Anna, liefert uns wirklich interessante Erkenntnisse", sagte Swart. In den nächsten Tagen will er anhand der Daten Anna auch mal danach befragen, wie man Mailand-Sanremo am besten gewinnt - das große neue Ziel, das sich Pogacar vorgenommen hat für die nächste Saison.
Helfen soll dem Slowenen dabei auch ein neues, aerodynamisch optimiertes Arbeitsgerät von Colnago. Nach Ansicht von Experten hatte Pogacar da in der vergangenen Saison einen Nachteil z.B. gegenüber seinem Tour-Rivalen Jonas Vingegaard. Das neue Aerorad wurde ebenfalls in Benidorn präsentiert. Ein Mann wie Pogacar, der die langen Solofluchten liebt, könnte damit Kraft sparen.
Entscheidung über Giro- oder Vuelta-Start später
Gewöhnen muss sich Pogacar allerdings noch an das neue Rad. Auf einen Einsatz bei Mailand-Sanremo angesprochen, reagierte er etwas skeptisch, verwies auf die technisch komplizierten Abfahrten von Poggio und Cipressa, für die das auf Schnelligkeit auf gerader Straße konzipierte Aerorad vielleicht nicht ganz ideal handhabbar ist. Im Frühjahr wird man dann wissen, wie schnell und wie handlich dabei das Rad wirklich ist und wie gut das Training bei Pogacar angeschlagen hat.
Tadej Pogacar
Trotz dieser neuen Komponenten hält der Slowene ein Grand-Tour-Triple, also den Start bei Giro, Tour und Vuelta in einem Jahr, zumindest für die kommende Saison für ausgeschlossen. Wahrscheinlich ist aber ein Start bei einer zweiten großen Rundfahrt. Entscheiden will sich Pogacar erst nach der Streckenpräsentation für die Spanien-Rundfahrt. Und auch an Paris-Roubaix denkt er noch nicht.