Frauen-Bundesliga Die Überraschung aus Leverkusen
Dass Wolfsburg und Bayern in der Frauen-Bundesliga den Ton angeben, ist keine Überraschung. Dass aber Bayer Leverkusen ebenfalls im Konzert der Großen mitspielt, schon eher.
Während der 1. FC Köln in den Tiefen des Tabellenkellers sein Dasein fristet, entpuppt sich der Nachbar von der anderen Rheinseite als das Überraschungsteam der Frauen-Bundesliga. Denn derzeit findet sich Bayer Leverkusen auf Platz vier der Tabelle wieder, nur zwei Punkte hinter den Tabellenführerinnen aus München. Gegen diese setzte es auch die bisher einzige Niederlage der Saison – wenn auch knapp, erst in der letzten Minute musste das Team von Trainer Roberto Pätzold den 2:3-Gegentreffer hinnehmen.
Erfolg trotz Umbruch im Sommer
Dass Leverkusen nun nach acht Spieltagen so weit oben steht, damit hätte auch Pätzold nicht gerechnet. Der Trainer übernahm erst in diesem Sommer, der zudem von einem Umbruch geprägt war. Mit Nationalspielerin Elisa Senß, Verteidigerin Caroline Siems sowie Stürmerin Verena Wieder verließen Leistungsträgerinnen den Verein. "Deshalb haben wir uns bewusst keine tabellarischen Ziele gesetzt, weil es einfach schwer einzuschätzen war. Was wir aber erreichen wollten, war, den Abstand zu den vermeintlich großen vier in der Bundesliga zu verkürzen", so Pätzold im Gespräch mit der Sportschau. Damit sind neben Wolfsburg und Bayern die Teams aus Hoffenheim und Frankfurt gemeint.
Momentan sieht es so aus, als ob das Vorhaben glücken würde. Einen großen Anteil daran haben auch die Neuzugänge, welche sich schnell zu neuen Leistungsträgerinnen entwickelt haben. Dazu gehört unter anderem die dänische Nationalspielerin Cornelia Kramer, mit vier Toren die derzeit beste Torschützin Bayers. Doch auch Caroline Kehrer, vom SC Braga an den Rhein gewechselt, trifft regelmäßig. Und auf Kristin Kögel, seit 2020 im Verein, ist ebenfalls Verlass. Vor allem die Intensität, die sie auf den Platz bringen würden, wäre ausschlaggebend für den Höhenflug Leverkusens, so die Stürmerin. "Wir versuchen, den Gegner früh zu Fehlern zu zwingen und offensiv zielstrebig Chancen zu kreieren. Und außerdem verstehen wir uns auch abseits des Platzes super", erzählt Kögel der Sportschau.
Vertrauen in den Nachwuchs
Neben den etablierten Spielerinnen kommt aber auch der Nachwuchs nicht zu kurz. So kam die 17-jährige Estrella Merino Gonzalez in dieser Saison regelmäßig zu Einsätzen, zudem durften Ida Daedelow (ebenfalls 17 Jahre alt) sowie die 18-Jährige Delice Bobby ebenfalls ihre Liga-Premiere feiern.
Leverkusener Eigengewächse an die Bundesliga heranzuführen ist eines der persönlichen Anliegen von Pätzold. Dies berge aber auch ein Risiko, so der Trainer. "Wir haben viele Spielerinnen integriert, die zuvor noch keine Erfahrung in der Bundesliga gesammelt haben. Da weiß man vor der Saison nicht, wie sich dies entwickeln wird, aber meiner Meinung nach ist uns das gut gelungen."
Die Ausbildung von Nachwuchsspielern und -spielerinnen sei Pätzold in seinen vorherigen Stationen bereits sehr wichtig gewesen. "Wenn die Leistung stimmt, dann schrecke ich nicht davor zurück, den jungen Spielerinnen Einsatzzeit zu geben. Auch in engen Konstellationen", fügt Pätzold hinzu. So seien viele Spiele knapp für Bayer ausgegangen - umso mehr freue er sich, dass Merino Gonzalez und Co. sein Vertrauen zurückzahlen würden, indem sie in solchen engen Endphasen einer Partie noch positiven Einfluss auf den Spielausgang nehmen.
Pätzolds erste Station in der Frauen-Bundesliga
Doch nicht nur einige Leverkusener Spielerinnen feierten in diesem Sommer ihr Bundesliga-Debüt, auch für Roberto Pätzold bedeutete der Job bei Bayer eine Premiere. Denn es ist seine erste Station im Frauenfußball auf diesem Niveau, auch wenn ihm die Arbeit mit Fußballerinnen nicht fremd ist. In seiner Zeit beim Badischen Fußballverband trainierte er die weibliche U19-Auswahl. Anschließend übernahm er für einige Jahre die Junioren des FC Ingolstadt, bevor es ihn nach Österreich verschlug. Nun also die Rückkehr zum Frauenfußball.
Leverkusens neuer Trainer Roberto Pätzold
Ob Männer oder Frauen zu trainieren, mache für ihn keinen Unterschied, sagt der gebürtige Berliner. "Ich habe das nie für mich ausgeschlossen, denn Fußball ist Fußball. Es ist keine andere Sportart und meine Art und Weise, wie ich auf dem Trainingsplatz stehe, ist auch keine andere." Für Leverkusen hätten unter anderem die professionellen Strukturen gesprochen, die es dort auch im Frauenfußball gebe. "Außerdem reizt es mich, die Entwicklung dort mit voranzutreiben und mit jungen Spielerinnen arbeiten zu können, die noch ein großes Entwicklungspotenzial haben."
Selbstbewusst gegen Wolfsburg
Die Top vier zu ärgern, das ist Leverkusen zum Teil schon einmal gelungen. Ein Hochkaräter wartet in dieser Hinrunde jedoch noch, nämlich der VfL Wolfsburg am elften Spieltag. Kristin Kögel zeigt sich selbstbewusst beim Gedanken an diese Partie. "Wir haben bereits gezeigt, dass wir gegen die Topteams der vergangenen Jahre mithalten können und natürlich wollen wir auch gegen Wolfsburg punkten und unser Spiel durchziehen", so die 25-Jährige.
Am Wochenende steht nun aber erst einmal die Partie gegen den Abstiegskandidaten aus Potsdam an. Bislang konnte Turbine keines seiner Spiele gewinnen – kein Wunder also, dass Leverkusen als Favorit in die Begegnung geht. Und auch gewinnen muss, denn um den aktuellen Tabellenplatz bis zum Ende der Saison behaupten zu können, müssen auch diese Spiele gewonnen werden. Pätzold ist sich durchaus bewusst, dass es auch schwierige Phasen geben wird. "Aber bisher haben wir es geschafft, uns peu à peu immer weiter zu verbessern. Wenn uns das weiterhin gelingt, wieso sollten wir nicht für eine Überraschung gut sein?"