Paralympics 2024 in Paris Fehlende Fördergelder im Behindertensport - "Ein Spiel mit dem Feuer"
Geht es nach dem Plan für den Bundeshaushalt 2025, muss der paralympische Sport in Deutschland sparen. Das löst am Rande der Paralympics heftige Kritik aus.
In der Diskussion um die künftige Finanzierung des paralympischen Sports hat Karl Quade, der Chef de Mission des deutschen Teams, seine Kritik untermauert. "Es geht um Summen, da denkt man: 'Das kann doch nicht wahr sein'", erklärte der 69-Jährige am Mittwoch (04.09.2024) in der ARD-Sportschau. "Wenn man den Milliardenetat sieht - und bei uns geht es um ein paar Hunderttausend Euro. Es ist schwer nachzuvollziehen."
Der Deutsche Behindertensportverband habe einigen Trainern zum 1. September bereits mitteilen müssen, dass sie zum 1. Dezember nicht weiterbeschäftigt werden, weil im Bundeshaushalt für das Jahr 2025 Geld für die Trainer fehlt.
Popow: "Ich würde nicht warten"
"Das ist ein Spiel mit dem Feuer", stimmt auch Sportschau-Experte Heinrich Popow zu: "Wenn ich in der Trainersituation wäre, würde ich nicht warten, ob ich in drei Monaten einen Vertrag habe", sagt der Paralympics-Sieger von 2012 und 2016, der eigenen Angaben zufolge in Paris selbst bereits Angebote aus dem Ausland wie Saudi-Arabien erhalten habe. "Auf Weltniveau werden Trainer gesucht."
Quade: "Es geht um 600.000 bis 700.000 Euro"
"Es geht um 600.000 bis 700.000 Euro. Wir wünschen uns, dass im parlamentarischen Verfahren diese Summe noch aufgesattelt wird", nennt Quade konkrete Zahlen. Rund einem Viertel der Trainer, die im DBS beschäftigt sind, könne keine Vertragsverlängerung zugesichert werden. "Wenn ich diese Summe höre, für ein Land wie Deutschland, müssten das doch Peanuts sein", ergänzt Popow und verweist auf Australien, wo der paralympische Sport auf dem Weg zu den Spielen 2028 finanziell deutlich gestärkt wird. Allein für die kommenden beiden Jahre verdoppelt sich das von der Regierung zur Verfügung gestellte Budget auf rund 50 Millionen Euro (82 Millionen Australische Dollar).
Tischtennis-Bundestrainer: "Wie will man Bestleistung erbringen?"
Konkret wird auch Tischtennis-Bundestrainer Volker Ziegler. Vier seiner Co-Trainer können nicht sicher über den 1. Dezember hinaus beschäftigt werden: "Sie hätten am Montag bei der Agentur für Arbeit stehen müssen und sich arbeitslos melden, damit man die Dreimonatsfrist einhält und keine Sperrfrist riskiert. Wie will man dann hier Bestleistungen erbringen?", so die rhetorische Frage des Trainers.
BMI: "Keine Streichungen vorgesehen"
Das Bundesinnenministerium (BMI) verweist in der Diskussion darauf, dass sich die Höhe der Förderung seit 2017 verdoppelt habe. Laut Behindertensportverband stehen für das Jahr 2024 rund 13,5 Millionen Euro zur Verfügung. Davon müssen neben dem Personal auch Trainingslager oder Reisen zu Wettkämpfen wie den Paralympics bestritten werden.
Das BMI weist zudem Vorwürfe zurück, dass am Etat für 2025 Kürzungen vorgenommen wurden: "Im Sporthaushalt des Bundes sind bezüglich des paralympischen Sports keine Streichungen vorgesehen", heißt es in einer Stellungnahme des Ministeriums auf Sportschau-Anfrage: "Die im ersten Regierungsentwurf 2025 zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel entsprechen in der Höhe denen des Haushalts 2024."
Quade: "Mit allen im Gespräch"
Quade ordnet das ein: "Die Planung für 2025 orientiert sich an der Planung für 2024. Beim Haushalt 2024 sind aber Mittel hinzugekommen. Und um die geht es eigentlich", erklärt der frühere Sitzvolleyballer, der 1988 Paralympics-Gold gewann. Um diese Summen noch zu bekommen, würden am Rande der Spiele von Paris bereits viele Gespräche mit Politikern geführt. Unter anderem mit Innenministerin Nancy Faeser, die am Wochenende Paralympics-Gast war. "Wir sind mit allen Ministerien im Gespräch", so Quade.