Tennis in Paris Platzt Nadals Olympia-Traum in letzter Sekunde?
Es soll wohl das letzte Hurra eines der größten Tennisspieler der Geschichte werden. Doch nun ist offen, ob Rafael Nadal überhaupt bei den Olympischen Spielen starten kann. Sein gepeinigter Körper scheint dem spanischen Altstar einmal mehr einen Strich durch die Rechnung zu machen.
Donnerstag in Paris. Die Organisatoren des olympischen Tennisturniers stellen die Auslosung für die Wettbewerbe vor. Im Publikum sitzen viele bekannte Gesichter. Viele für die Olympia das letzte große Turnier sein wird: Andy Murray hat sein Karriereende für die Zeit nach Paris angekündigt, ebenso Angelique Kerber.
Neben dem zweifachen Olympiasieger aus Großbritannien und der dreifachen Grand-Slam-Siegerin hat Rafael Nadal Platz genommen, der 22 Mal bei einem der großen vier Turniere Australien Open, French Open, Wimbledon und US Open triumphiert hat. 14 Mal davon in Paris im Stade Roland Garros. Nicht umsonst wird er "King of Clay" - der Sandplatzkönig - genannt. Auch bei Nadal verdichten sich seit einiger Zeit die Hinweise, dass Olympia auch für ihn der letzte große Auftritt sein könnte. Bereits im Vorjahr hatte Nadal ein mögliches Karriereende für 2024 angedeutet.
Rafael Nadal neben Angelique Kerber und Andy Murray (v.r.): Zwei der drei auf diesem Bild werden ihre Karriere nach den Olympischen Spielen definitiv beenden.
Nadal-Coach: "Kann nichts garantieren"
Als die Ansetzungen im Pariser Tennisstadion bekanntgegeben werden, blitzt immer wieder das bubenhafte Lächeln auf, welches der 38-Jährige weiterhin hat. Aber man sieht auch einen nachdenklichen Rafael Nadal. Es wirkt wie ein Mix aus Anspannung und Angst. Die Angst, dass es doch nichts werden wird mit der dritten Teilnahme an Olympia. Nadal will in Paris in zwei Wettbewerben starten - im Einzel und gemeinsam mit der neuen spanischen Nummer 1 Carlos Alcaraz im Doppel. Hier sind die Chancen von Nadal vermutlich größer als im Einzel.
Einen Tag vor der Auslosung standen die beiden gemeinsam auf dem Court. Nadals rechter Oberschenkel war dabei stark bandagiert. Am Samstag sollte es eigentlich mit dem Doppel losgehen - auf dem Center Court. Doch nach der Auslosung folgt der nächste Rückschlag: Eine Trainingssession mit Alexander Zverev muss er absagen. Es gibt einen "kleinen Rückschlag", wie sein Trainer Carlos Moya später einem spanischen Radiosender sagt. Einen möglichen Start könne er nicht garantieren: "Wir müssen abwarten." Abwarten, ob und wie sich sein Zustand verbessert.
Rafael Nadal (vorne) trainiert gemeinsam mit seinem Doppelpartner Carlos Alcaraz. Sein rechtes Bein ist dabei stark bandagiert.
Nadal kämpft sich noch einmal in ein Finale
Ganze 209 Wochen stand Nadal an Position 1 der Weltrangliste, nur fünf Spieler waren länger an der Spitze. Aktuell ist er die Nummer 161, im Februar stand er gar auf Platz 652. Es zeigt zum einen, welche Leidenszeit Nadal hinter sich hat, aber auch, was der Mallorquiner alles versucht, um seinen Traum von Olympia am Leben zu erhalten. Die Chancen auf seine dritte Goldmedaille nach 2008 (Einzel in Peking) und 2016 (Doppel in Rio de Janeiro) sind klein, aber Nadal ist ein Kämpfer. Und es ist eben "sein Stadion".
Die Vorbereitung auf sein persönliches Highlight zum möglichen Karriereabschluss verlief nicht wie gewollt, insgesamt gab es in 2024 mehr Abs als Aufs. Zum Jahresauftakt verletzte er sich in Brisbane am Oberschenkel und verpasste so die Australien Open. Seine erste Rückkehr nach Paris endete mit einer Erstrunden-Niederlage gegen Zverev. Noch nie war er so früh bei "seinem Turnier" ausgeschieden.
Für Wimbledon musste Nadal absagen und ließ in der Folge die komplette Rasensaison aus. Beim letzten Turnier vor den Spielen kämpfte er sich im schwedischen Bastad bis ins Finale. Dort erwies sich aber der Portugiese Nuno Borges - die Nummer 42 der Welt - als zu stark. Nadal verliert klar mit 3:6, 2:6 und verpasst so seinen ersten Turniersieg seit den French Open 2022.
Rafael Nadal herzt die French-Open-Trophäe, die er 14 Mal gewinnen konnte.
Nadal unzufrieden mit seiner Leistung
"Mein Niveau war so weit von dem entfernt, wo es sein sollte", erklärte er nach der Final-Niederlage: "Ich bin mit dem Gefühl hier angekommen, dass ich auf einem guten Niveau spiele - doch das konnte ich die ganze Woche über nicht zeigen. Damit bin ich nicht zufrieden." Trotz des Einzugs ins Endspiel habe er sich nicht wohl genug gefühlt.
Nadals Karriere ist geprägt von vielen Verletzungen und ebenso vielen Comebacks. Ob Fuß, Knie, Rücken oder Bauch - Schmerzen an so ziemlich jeder Stelle seines Körpers haben ihn schon von der Ausübung seines Sports abgehalten. Bereits 2012 in London und 2021 in Tokio verpasst er die Olympischen Spiele. Umso mehr hatte er sich auf die Teilnahme in Paris gefreut.
Nadal war immer getrieben vom nächsten Erfolg, wirkte zeitweise vom Ehrgeiz zerfressen und schleppte sich selbst mit Verletzungen auf den Platz, die gelegentlich zu noch schlimmeren Verletzungen führten. Auch wenn er in den letzten Jahren deutlich nahbarer und entspannter wirkte, wird man den Eindruck nicht los, dass er den rechtzeitigen Absprung verpasst hat. Sein großes Ziel blieb stets mit einem großen Erfolg in seinem "Wohnzimmer" abzutreten. Das scheint aber aktuell in nicht mehr erreichbarer Ferne. Muss man sogar hoffen, dass er überhaupt spielen kann. Es wäre ihm zu gönnen.