Die deutsche Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye
analyse

Busemanns Olympia-Orakel Wurf Ogunleye kann mit Kugel was reißen - Speerwerfer Weber soll's richten

Stand: 02.08.2024 08:07 Uhr

Bei der Weitenjagd bei den Olympischen Spielen in Paris ist auch mit deutschen Werferinnen und Werfern zu rechnen. Ein Podestplatz im Speerwurf ist gut möglich - und im Kugelstoßen scheint er zumindest nicht ausgeschlossen. ARD-Leichtathletik-Experte Frank Busemann mit seinen Wurf-Einschätzungen.

Von Frank Busemann, Paris

Kugelstoßen

Ryan Crouser ist nicht unantastbar

Ups, welch seltener Ausrutscher des Doppel-Olympiasiegers und -Weltmeisters in London: Kugelstoßer Ryan Crouser (USA) unterliegt dem Europameister Leonardo Fabbri aus Italien. Und Weltjahresbester ist er auch nicht. Warum nur? Nix mehr drauf, der alte Mann? Oder alles auf die Mission "Triple-Gold" ausgelegt und in London morgens beim Frühstück noch zehn Tonnen Eisen gestemmt? Er wird es wissen, wir wissen es am 3. August. Das macht die anderen aber heiß.

Ein Gigant, der schlagbar ist, ist nicht unantastbar. Der Beste der Olympiasaison, Joe Kovacs aus den USA, kennt ihn aus dem Effeff, die beiden battlen sich seit Jahren. Wer pokert hier? Dennoch liegen die Asse immer noch bei Crouser. Mal schauen, was in Paris von den Dreien alles aufgedeckt wird.

Yemisi Ogunleye kann kämpfen

Frauenpower beim Kugelstoßen und zarte Hoffnungen für Deutschland. Oder ist das nur Wunschdenken? Yemisi Ogunleye wuchtete die Kugel am Ende der Hallensaison erstmals über 20 Meter und wurde knapp Zweite hinter der Siegerin, Jahresbesten und Favoritin Sarah Mitton aus Kanada. Bei der EM in Rom zitterte sie sich mit großem Kampf auf Platz drei. Das heißt, sie kann weit stoßen - und sie kann kämpfen. Genau so müssen olympische Sportlerinnen gestrickt sein.

Jessica Schilder aus den Niederlanden meldete unlängst Ansprüche auf eine dieser drei blinkenden Taler an. Aber erstmal hat die Siegesgöttin Nike vor die Medaillen die Qualifikation gesetzt. In die müssen Alina Kenzel und Katharina Maisch alles reinlegen. Kommen sie am Saisonhöhepunkt an ihre Saisonbestleistungen ran, dann könnte was gehen.

Frank Busemann, Leichtathletik-Experte bei der Sportschau

ARD-Leichtathletik-Experte Frank Busemann.

Diskuswurf

DLV-Männer-Trio weiß, was es kann

Auch im Diskuswurf besetzt der DLV wieder mit voller Mannschaft alle sechs Startplätze. Bei den Männern stehen in der Weltjahresbestenliste die drei Deutschen in den Top 20. Ihre besten Weiten erzielten sie - genau wie alle anderen auch - auf Diskusflug-begünstigten Segelwiesen. Im Stadion ist dann noch ein anderer Schnack. Die drei Big Boys, Weltrekordler Mykolas Alekna aus Litauen, Europameister Kristjan Čeh aus Slowenien und noch einer von den schweren Jungs, werfen im Stadion 70 m und mehr. Ob der Schwede Daniel Stahl noch zu den drei Großen gehört, bleibt abzuwarten.

Mit so was sollen sich Clemens Prüfer, Mika Sosna und Henrik Janssen gar nicht belasten. Sie wissen, was sie können. Sie können sich sehr realistisch einschätzen. Und sie gewinnen mit zunehmender Teilnahme an Meisterschaften und hochkarätigen Wettkämpfen Routine, die es benötigt, die Quali zu überstehen.

Marike Steinacker in Lauerstellung

Bei den Frauen hat es die Weltmeisterin Laulauga Tausaga bei den US-Trials zerrissen. Das war ein Schock, genau wie ihr Wettkampf im letzten Jahr, als nicht die etablierten und favorisierten Valerie Allman (USA), Yaime Perez (Kuba) oder Bin Feng (China) gewannen, sondern die Außenseiterin. Das wird dieses Jahr nicht passieren. Aber warum nicht?

In Lauerstellung hinter den drei Dominatorinnen dieser Saison steht schon Marike Steinacker, die sich pünktlich zu den Spielen immer weiter oben festigt. Jorinde van Klinken (Niederlande) oder Sandra Elkasevic (Kroatien) haben ebenfalls Potenzial, um bei Schwäche anderer zuzuschlagen.

Wenn Claudine Vita einer rausrutschen sollte ...

Die Olympia-Zweite Kristin Pudenz hat mit beeindruckender DM-Nervenstärke den Zug nach Paris besteigen können. Sie ist bis jetzt nicht ganz so stark wie vor drei Jahren, aber vielleicht regnet es ja wieder im Finale. Claudine Vita komplettiert das starke Trio. Auch sie kann, wenn ihr einer rausrutscht, verdammt weit werfen. Und er fehlt ihr in diesem Jahr noch, der Ausrutscher. Paris wäre gut dafür.

Speerwurf

Vorzeichen für Julian Weber stehen gut

Am 8. August soll es passieren. Eine Speerwurf-Medaille für Deutschland. Die Vorzeichen stehen gut. Der Weltjahresbeste und einer der Weltjahresbeständigsten tragen das Trikot mit dem Adler auf der Brust. Julian Weber soll es richten. Mit Jakub Vladjech duelliert er sich regelmäßig. In Rom bei der EM gewann der Tscheche endlich seine erste Goldmedaille. Reicht, finde ich. Neeraj Chopra, Olympiasieger und Weltmeister aus Indien, sollte doch jetzt auch satt sein. Finde ich. Aber was ich finde, interessiert die Jungs nicht. Die drei werden sich aber um die Goldene streiten.

Den weitesten Wurf in diesem Jahr bis jetzt hat mit 90,20 m der junge Max Dehning gemacht. In Laufe der Saison hat er sich aber um die 80 Meter eingespielt - und das ist auch der Maßstab. Wenn er die Qualifikation fürs Finale schaffen sollte, wäre das super.

Der deutsche Speerwerfer Julian Weber

Julian Weber belegte bei den Olympischen Spielen in Tokio Platz vier.

Christin Hussong braucht guten Wurf für Final-Einzug

Bei den Frauen kommt mit zunehmender Saisonlänge etwas Länge in die Würfe der Weltspitze. Die sind auch vonnöten, will frau in Paris gewinnen. Eine 70 muss da nicht stehen, aber eine 65 reicht auch nicht. Weltmeisterin Haruka Kitaguchi aus Japan und die Australierin Mackenzie Little melden Ansprüche an.

Christin Hussong hat glücklicherweise pünktlich zu den Olympischen Spielen die Form wiedergefunden. Mit einem guten Wurf kann sie ins Finale der besten Zwölf einziehen.

Hammerwurf

Katzberg wohl unschlagbar - Hummel und Klose im Finale?

Das war mal der Hammer: Merlin Hummel kreiselt wie verrückt und wirft sich bei er EM in Rom auf Platz vier. Ganz stark. Und er ist noch lang nicht fertig. Der steckt mit seinen 22 Jahren noch in den Werferkinderschuhen. Ebenso wie Weltmeister Ethan Katzberg aus Kanada. Auch wenn der 22-Jährige aussieht wie 32. Eigentlich unschlagbar, der Typ.

Aber was ist schon "eigentlich" im Sport und gerade im Hammerwerfen? Eigentlich gewinnen seit Jahren immer die Polen. Olympiasieger Wojciech Nowicki wird sich dieses Mal schwertun. Für Hummel muss das Ziel also sein, ins Finale zu kommen. Für Sören Klose wird es mitunter etwas schwerer, zumal in der Qualifikation nur drei Versuche zur Verfügung stehen. Da muss für beide einer sitzen.

Leichtes Werfen für Weltmeisterin Camryn Rogers?

Bei den Frauen ist die Weltjahresbeste Brooke Andersen aufgrund dreier Ungültiger bei den US-Trials nicht qualifiziert. Das macht es für Weltmeisterin Camryn Rogers aus Kanada und die anderen etwas übersichtlicher.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau Olympia 2024 | 31.07.2024 | 07:35 Uhr