Reiten bei Olympia 2024 Fall Dujardin: Deutscher Reitsport fordert Kontrollen und Sperren
Nach dem Skandal-Video von Charlotte Dujardin bangt der Reitsport auch um seine olympische Zukunft. Die deutsche Dressur-Ausbilderin Kerstin Gerhardt fordert drastische Sperren.
Wer das vor einigen Tagen geleakte Skandal-Video von Charlotte Dujardin gesehen hat, der konnte die Bilder wahrlich schwer verdauen. Die britische Dressur-Olympiasiegerin schlägt in dem vier Jahre alten Clip unverdrossen mit einer langen Peitsche auf ein Pferd ein, auf dem eine ihrer Schülerinnen trainiert.
Deutschlands Reiterinnen haben das schon in den vergangenen Tagen in Sportschau-Interviews heftig kritisiert. '"Das ist ein absolutes No-Go. Das ist scheiße, weil das ein wahnsinnig schlechtes Licht auf unseren Sport wirft", sagte etwa die Doppel-Olympiasiegerin von Tokio, Jessica von Bredow-Werndl: "Es gibt keine Entschuldigung dafür."
Bundestrainerin Monica Theodorescu fordert Trainingskontrollen
"Das sind keine guten Nachrichten für den Dressursport. Ich bin sehr froh, dass die Verbände unmittelbar reagiert haben und eine Suspendierung ausgesprochen worden ist, dass reagiert worden ist", sagt Dennis Peiler, Deutschlands Chef de Mission. Dujardin ist erst einmal für ein halbes Jahr gesperrt. "Genau darum geht es: Missstände, wenn sie da sind, zu identifizieren, sie aufzuklären und - wenn es erforderlich ist - zu sanktionieren."
Die Dressur-Bundestrainerin Monica Theodorescu würde gerne noch früher ansetzen: "Es gibt unangemeldete Dopingkontrollen für Reiter und Pferd", sagte sie und zieht daraus den Schluss, dass es künftig auch unangemeldete Trainingskontrollen - das Tierwohl betreffend - geben sollte. "Bisher ist das juristisch noch nicht machbar." In der Kürze der Zeit dürfte sich das auch noch nicht ändern.
Ausbilderin Kerstin Gerhardt fordert: "Zwei Jahre sperren"
Kerstin Gerhardt, Ausbilderin bei der Reiterlichen Vereinigung, geht es deshalb auch um etwas anderes. Dressurpferde werden lange ausgebildet, bis zu zehn Jahre dauert es, dass am Ende ein gutes Pferd im Viereck steht. "Reiten ist wie eine Ehe. Du gewinnst nur durch Nachgeben", sagt Kerstin Gerhardt. Sie setzt sich für die harmonische Zusammenarbeit zwischen Pferd, Reiter und Reiterin ein.
Daher hat sie eine klare Meinung, wie nun mit Dujardin und ihrem Stall umzugehen sein sollte: Sie würde "alle Pferde sperren, die in diesem Stall miteinander was zu tun haben, die in den Papieren von den gleichen Besitzern sind. Zwei Jahre lang", sagt sie. "Damit täten wir ihnen mal richtig weh."
Reitsport bangt um seine Olympia-Zukunft
Die Distanzierung des deutschen Reitsports ist ausdrücklich zu begrüßen. Die Vehemenz und die Forderung nach Ängerungen zeigen aber auch, wie sehr sich der Reitsport um seine Zukunft sorgt. "Es ist ein Riesenthema hier. Alles sind frustriert, enttäuscht, traurig. Damit gerät der Sport mal wieder so dermaßen in Misskredit, dass alle quasi in einer Art Rechtfertigungszwang sind", sagt die Sportschau-Reporterin Sabine Hartelt, die bereits seit einigen Tagen vom Pariser Reitsport-Ort Versailles berichtet.
Schließlich werden immer häufiger problematische Fälle in bekannten Reitställen bekannt. Es besteht gar die Gefahr, dass die Reiten, seit 1912 Olympia-Sportart, aus dem olympischen Programm fliegt.
Maßnahmen fürs Tierwohl bei Olympia in Paris
Bei Olympia in Versailles gab es vom Weltverband diverse Maßnahmen, um das Tierwohl auch sichtbar und explizit zu fördern. Als die Reiter ankamen, durften sie nicht direkt lostrainieren mit ihren Pferden, sondern nur für etwa zehn Minuten auf den Platz reiten, um einmal die Atmosphäre samt Schloss wahrzunehmen.
Dalera, das Pferd von Jessica von Bredow-Werndl habe dann erst einmal fünf Minuten lang den historischen Platz auf sich wirken lassen, erzählt die Reiterin der Sportschau-Reporterin Hartelt. Vielleicht nicht schlecht, dann ist sie auf den Wettbewerb ab Dienstag (30.7.2024) schon einmal gut vorbereitet. Denn dann starten die olympischen Dressur-Wettkämpfe. Ohne die gesperrte Britin Charlotte Dujardin, die trotzdem ein großes Thema in Versailles bleibt.