Schwimmen bei Olympia Katie Ledecky krault Richtung Gold-Rekord
Katie Ledecky kann sich in Paris zur besten Olympionikin krönen. Am Mittwoch (31.07.2024) holte die Amerikanerin ihre achte Goldmedaille, sie kann noch zwei weitere holen und wäre dann die Nummer eins aller Olympia-Teilnehmerinnen.
"Wenn meine Ziele unerreichbar klingen, dann weiß ich, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Das Unmögliche ist es, was mich jeden Tag motiviert, ins Schwimmbad zu gehen." Das schreibt Katie Ledecky in ihrer Biografie "Add the water", die sie bereits im Alter von 27 Jahren auf den Markt gebracht hat. Es sei "so befriedigend, so unglaublich lohnend, wenn man anfängt, diese idealistischen Ziele zu erreichen." "Nichts" habe sie "mehr dazu gebracht, mein Training zu verfolgen, als mir ein beängstigendes Ziel auszusuchen."
Und das nächste Ziel klingt ganz besonders beängstigend: In Paris will Ledecky die beste Sportlerin der Geschichte der Olympischen Spiele werden. Die Schwimmerin ist das, worüber in den USA so häufig Filme gedreht oder Lieder aufgenommen werden: one in a million.
Unglaublicher Zeitenrekord über 800 Meter
Siebenmal hat Ledecky bei ihren bisherigen drei Olympiateilnahmen Gold gewonnen, sollte sie nach Bronze über 400 Meter Freistil und Gold über 1500 Meter bei ihren übrigen zwei Starts in Paris siegreich sein, wäre sie mit zehn Goldmedaillen die erfolgreichste Frau, die jemals an Olympischen Spielen teilgenommen hat. Einzig ihr Sportartenkollege Michael Phelps (23) war dann noch erfolgreicher, er hatte aber auch den Vorteil, deutlich häufiger bei Staffelsiegen dabei gewesen zu sein.
Ledecky kann jedoch schaffen, was nicht mal Phelps erreicht hat: Sollte sie (erwartungsgemäß) über 800 Meter gewinnen, wäre es auf dieser Distanz ihre vierte Goldmedaille in Folge. Das hat nun wirklich noch niemand bei Olympischen Spielen geschafft. Und ganz ehrlich: die Wahrscheinlichkeit, dass dies nicht passieren wird, geht sehr nah gegen Null.
Ledecky ist über 800 Meter die 29 bisher schnellsten Zeiten geschwommen, die zweitschnellste Athletin Ariarne Titmus war bei ihrer Silbermedaille bei den vergangenen Spielen in Tokio mit 8:13,83 Minuten fast neun Sekunden langsamer als die US-Amerikanerin bei ihrem Weltrekord bei den Olympischen Spielen 2016. Und doch ist abgesehen von Ledecky nie jemand schneller gewesen als Titmus.
Keine Chance "Rennen des Jahrhunderts"
Zum Auftakt der Schwimmwettbewerbe und des Rekordversuchs von Ledecky war am Samstag (27.07.2024) ist aber Titmus diejenige, die geschlagen werden musste - und die nicht zu schlagen war. Die Australierin fügte ihrer Kontrahentin in Tokio schon eine schmerzhafte Niederlage über 400 Meter zu und distanzierte sie bei den Weltmeisterschaften im vergangenen Jahr sogar um über drei Sekunden. In Paris war es nun genauso.
International wurde dieses Rennen am ersten Wettkampftag als "Rennen des Jahrhunderts" bezeichnet. Neben Titelverteidigerin und Weltrekordlerin Titmus (bei der WM 2023 3:55,38 Minuten geschwommen) und der wohl besten Schwimmerin aller Zeiten Ledecky mischte nämlich auch noch die Kanadierin Summer McIntosh, die vor Titmus' WM-Fabellauf Weltrekordinhaberin war, im Kampf um den Titel mit. Und McIntosh kam sogar noch vor Ledecky, die Dritte wurde, ins Ziel.
Und doch trotz ihrer eigenen Erfolge wird es so bleiben, dass Ledecky das Idol von Titmus bleibt. "Sie war die erste Frau, die der Welt wirklich gezeigt hat, was man erreichen kann, wenn man furchtlos schwimmt und ein Rennen hart angeht", sagte die 23-Jährige Anfang des Jahres in einem Podcast von "Code Sports". "Wenn ich sie nicht hätte jagen können, wäre ich nie die Sportlerin geworden, die ich bin. Denn ich wollte Barrieren durchbrechen - so wie sie."
Ledecky: "Ich vermisse das Wasser schon nach einem Tag"
Ledecky, deren Karriere ohne Skandal auskommt, hat das geschafft, weil das Schwimmen ihre große Leidenschaft ist. Es gibt unzählige Geschichten, in denen es darum geht, dass ihr nach großen Wettkämpfen oder am Ende einer Saison eine (kleine) Trainingspause empfohlen wurde - Ledecky aber einfach nicht in der Lage war, "trocken" zu bleiben. "Ich vermisse das Wasser schon nach einem Tag", schrieb sie in ihrer Biografie. Das Schwimmbecken sei ihr "happy place".
Deswegen gönnt sie sich während der Saison auch keinen freien Tag, auch sonntags krault sie seit einiger Zeit stundenlang durchs Becken. So oft für so lange Zeit von einer Wand zur anderen zu schwimmen, klingt eintönig und Ledecky gibt durchaus zu, dass da auch etwas dran ist. Sie hat aber einen Weg für sich gefunden, dies als Entspannung ("Die endlosen Runden werden zu einer Art Meditation") zu sehen - und nicht nur im Sport ist in diesem Zustand Bestleistung besonders gut erreichbar.
Olympia 2028 in Los Angeles das nächste Ziel - und eine Pause
Über 800 Meter und in der Staffel will Ledecky die in Paris erreichen. Auf die 200 Meter verzichtet sie, vielleicht auch, weil sie bei den Olympischen Spielen in Tokio als Fünfte sehr weit entfernt vom Sieg war. Offiziell sagte sie: "Es geht einfach um die Arbeitsbelastung und den Wunsch, bei den 400, 800, 1500 Metern und Staffelläufen wirklich gut zu sein." In einem Teamlauf wird sie antreten.
Und für die Zeit danach gibt es auch schon besondere Pläne. 2028 will Ledecky in Los Angeles die nächsten Goldmedaillen holen. "Ich plane zum jetzigen Zeitpunkt definitiv, bis 2028 dabei zu sein. Egal, ob ich an einem einzigen Rennen, mehreren Rennen, einer Staffel oder was auch immer teilnehme", sagte sie dem TV-Sender "NBC". "Nicht viele Athleten bekommen die Gelegenheit, an Heimspielen teilzunehmen" - selbst für eine derart erfolgreiche Sportlerin wäre das nochmal ein ganz besonderes Ereignis.
Doch unmittelbar nach Paris hat sie ein für sie noch außergewöhnlicheres Vorhaben: Ledecky will sich dann wirklich mal eine Pause gönnen. "Ob es eine Woche oder ein Monat oder vier Monate sind - ich habe keine Ahnung", gab sie allerdings zu. Vielleicht ist ein bisschen Ruhe das nächste unerreichbar klingende Ziel, das sie erreichen will. Doch erst will sie nicht weniger als die beste Sportlerin der Olympia-Geschichte werden.