Gigantenduell im Tennis Djokovic gegen Nadal - Party, Hoffnungen und ein klarer Sieger
Rafael Nadal gegen Novak Djokovic - mehr geht fast nicht im Tennis. Bei den Olympischen Spielen in Paris trafen die beiden Ausnahmekönner schon in der zweiten Runde aufeinander. Nadal wurde gefeiert, Djokovic siegte - aber wie geht es weiter?
Billie Jean King hat schon oft im Leben den richtigen Riecher bewiesen. Zwölf Grand Slam-Titel im Einzel hat die legendäre Amerikanerin im Laufe ihrer beeindruckenden Karriere gewonnen, darunter sechs auf dem "heiligen Rasen" in Wimbledon, und sich erfolgreich für Rechte von Tennisspielerinnen und Gleichberechtigung eingesetzt.
In Paris hatte die 80-Jährige vor zwei Tagen das olympische Tennisturnier eröffnet, an diesem Montag (29.07.2024) ist sie nun auf dem Weg zum Gigantenduell zwischen Rafael Nadal und Novak Djokovic. "Ich denke, es wird fantastisch", sagt sie der Sportschau auf dem Weg nach oben zur Ehrenloge.
Kein Platz mehr frei auf dem Center Court
Natürlich platzt der Court Philippe-Chatrier aus allen Nähten, es ist ein olympisches Zweitrundenmatch, das gut und gerne als vorgezogenes Endspiel deklariert werden könnte. Zum 60. Mal stehen sich die beiden Ausnahmekönner ihres Sports gegenüber, kein Duell gab es öfter. Djokovic liegt beim 30:29 knapp vorn, von den zehn Aufeinandertreffen bei den French Open gewann Nadal aber acht, darunter die Finals 2012, 2014 und 2020.
Die Hoffnungen sind bei vielen Fans groß, dass der Spanier, Publikumsliebling und mit 14 Triumphen Rekordsieger und "König" von Paris, auf seinem Lieblingsplatz noch einmal glänzt.
Die spanischen Fans fiebern dem Gigantendull zwischen Nadal und Djokovic entgegen.
Doch es soll anders kommen. Djokovic, nach seiner Operation mit Bandage am Knie, spielt präzise wie ein Uhrwerk, eine Demonstration der Stärke gegen einen seiner härtesten Konkurrenten über viele Jahre. Gleich zu Beginn nimmt der Serbe dem Spanier den Aufschlag zum 2:0 ab, die Zuschauer wirken ein bisschen geschockt, doch als Nadal wenigstens erstmals seinen Service zum 1:5 durchbringt, gibt es begeisterte "Rafa Rafa"-Anfeuerungen zum Lohn.
Der "Djoker" ist topfit, Nadal wirkt müde
Der "Djoker" bleibt dennoch dominant, jagt seinen ein Jahr älteren Gegner unerbittlich über den Platz, der allzu oft einen Schritt zu spät kommt und sich viele unnötige Fehler leistet. Nur selten lässt er seine Extraklasse auf Sand mit einigen Zauberschlägen aufblitzen. Der verletzte Oberschenkel, der schon in der Vorwoche zur Absage des Trainings führte, ist dick bandagiert, der Körper müde. Am Vortag war lange nicht klar gewesen, ob er gegen den Ungarn Marton Fucsovics überhaupt antritt.
6:1 heißt es bereits nach 39 Minuten für Djokovic, der sich topfit präsentiert. Dem Grand-Slam-Rekordchampion (24 Titel) fehlt in seiner imposanten Trophäensammlung noch das, was Nadal (22) längst hat: olympisches Gold. Während der Mann aus Manacor 2008 Gold im Einzel und 2016 in Rio Gold im Doppel holte, muss sich Djokovic bislang mit Bronze begnügen - der Spanier hatte ihn in Peking im Halbfinale ausgeschaltet.
Nadal gibt nicht auf - und sorgt für etwas Spannung
Immerhin: Im zweiten Durchgang kommt zwischendurch richtig Spannung auf, Nadal kämpft, ganz der alte Matador, und er kämpft erfolgreich. Dem Break zum 2:4 lässt er ein zweites folgen - ein starker Passierball zum 4:4 nach 0:4-Rückstand, und das Publikum rastet aus. Dafür sind sie gekommen, für den unermüdlichen Fighter, der nie aufgibt und sich imer wieder nach vorne peitscht. Die allermeisten der 15.000 Zuschauenden sind auf seiner Seite an diesem Ort, den er beherrscht hat wie kein Zweiter.
Billie Jean King reibt sich wahrscheinlich die Hände, auf jeden Fall freut sie sich gemeinsam mit Rapper Snoop Dog, der sich auf seiner Olympiatour auch diesen Höhepunkt nicht entgehen lässt. Die Sitznachbarn - sie im feinen Dress, er in mit olympischen Ringen bestickter Ballonseide - haben sich offenbar viel zu sagen und debattieren angeregt, vielleicht erklärt sie ihm auch nur, wie es hier so läuft beim Tennis.
Wahrscheinlich ist während Olympia die Aufmerksamkeit noch größer. Es gab so einen Hype um dieses Spiel, großartig für das Tennis.
Djokovic reizt das Publikum
Nadal wehrt sich nach Kräften auf "seinem" Center Court, doch Djokovic schnappt sich seinen Aufschlag, wofür er spöttisch ein wenig Bewunderung vom Publikum einfordert, allein, das kommt wie so oft nicht gut an. Mit 6:1, 6:4 gewinnt der Weltranglistenzweite schließlich nach einem abschließenden Ass in 1:43 Stunden, doch die Zuschauer feiern Nadal, der seinem ewigen Rivalen lächelnd gratuliert.
Der spielt nach dem Sieg wie immer Luftgeige für seine Tochter und dürfte das noch mehrfach tun, in dieser Form kann er nicht zuletzt in Abwesenheit der Nummer eins Jannik Sinner (Italien) sehr weit kommen. Im Achtelfinale trifft er nun auf Dominik Koepfer (Furtwangen). Der Weg zum Gold führt für Zverev und Co. nur über ihn, auch wenn das Jahr bislang nicht nach seinen Wünschen lief: Noch hat Djokovic keinen Titel gewonnen.
Nadals ewiger Abschied von Roland Garros im Einzel?
Nadal verlässt zügig den Platz und wird draußen von den Fans lautstark gefeiert. Wie auch nicht, das Aufeinandertreffen zweier der besten Tennisspieler aller Zeiten bei Olympia wurde nicht das erhofft epische Match, aber wahrscheinlich ein geschichtsträchtiges. Es dürfte die Abschiedsvorstellung des nimmermüden Matadors an seinem Sehnsuchtsort gewesen sein- zumindest im Einzel, im Doppel der Superstars ist der 38-Jährige an der Seite von Carlos Alcaraz noch im Rennen.
Wie lange wird er noch weitermachen? Die Frage hängt schon lange in der Luft. "Es war offensichtlich, dass ich nicht auf Top-Level spielen konnte. Wenn dieses Turnier vorbei ist, werde ich anhand meiner Gefühle die notwendigen Entscheidungen treffen", sagt der größten Sandplatzspieler der Geschichte nach dem Match. Auch Djokovic ist mit seinen 37 Jahren im Herbst seiner Karriere, aber noch wild entschlossen, weiter der gelben Filzkugel hinterherzujagen.
Billie Jean King hat sich auch schon so ihre Gedanken gemacht und sieht es halb pragmatisch, halb emotional: "Sie sind zwei herausragende Spieler. Seit fünf Jahren hoffe ich, dass sie weitermachen. Aber jede Generation hat ihre Top-Spieler, das war immer so. Wer weiß, was die Zukunft bringt."