Leichtathletik Abendsession DLV-Athleten jubeln im Stade de France - auch Dreispringer Heß stark
Überraschend erfolgreicher Abend für die deutschen Leichtathleten bei den Olympischen Spielen in Paris: Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye gewann am Freitag (09.08.2024) sensationell die Goldmedaille, die Frauen-Staffel sprintete über 4x100 m zu Bronze. Dreispringer Max Heß erreichte mit persönlicher Bestleistung in seinem ersten Olympia-Finale Platz sieben.
Kugelstoßen: Yemisi Ogunleye gewinnt völlig überraschend Gold
Sensation im Stade de France: Im letzten Versuch stieß Yemisi Ogunleye aus Mannheim im Finale im Kugelstoßen im letzten Versuch genau auf die 20-Meter-Marke und verdrängte damit die bis dahin vorne liegende Maddison-Lee Wesche aus Neuseeland noch auf Rang zwei.
Gold bei ihrer ersten Olympia-Teilnahme - die 25-Jährige konnte nach dem Ende des Wettkampfs das gerade Geschehene selbst nicht fassen und schlug vor Freude gleich mehrmals und richtig laut auf die große Glocke im Innenraum des Stade de France. "Das ist so ein unglaublicher Moment. Ich bin so dankbar für die Menschen, die mich bis zum heutigen Tag begleitet haben und daran geglaubt haben - auch in Momenten, wo ich nicht dran geglaubt habe", sagte eine überglückliche Ogunleye im Sportschau-Interview.
Für Wesche bleibt knapp geschlagen Silber
Ogunleyes ärgste Konkurrentin Wesche hatte sie im allerletzten Stoß des Wettkampfs nicht mehr übertrumpfen können, kam mit 19,68 aber noch einmal ziemlich nahe an die 20 m heran. Am Ende blieb für sie mit dem Stoß auf 19,86 m aus dem fünften von insgesamt sechs Durchgängen Platz zwei. Die Chinesin Jiayuan Song kam auf 19,32 m und holte sich die Bronzemedaille.
Das bislang letzte deutsche Kugel-Gold bei Olympischen Spielen hatte Astrid Kumbernuss 1996 in Atlanta geholt. 2004 in Athen hatte Nadine Kleinert Silber gewonnen. Alina Kenzel aus Stuttgart wurde in Paris Neunte, sie stieß die Kugel auf 18,29 m.
Nervenstark im letzten Versuch in der Qualifikation
Dass Ogunleye äußerst nervenstark ist, hatte sie schon in der Qualifikation am Vortag unter Beweis gestellt: Erst im letzten Versuch stieß sie die nötige Weite für die Final-Teilnahme. Es fehlte also gar nicht so viel, und sie hätte den Kampf um die Medaillen verpasst.
Ins Finale im Stade de France ging sie dann aber mit dem Ziel, eine Medaille zu gewinnen. "Ich habe die Chance einfach gepackt und gesagt: Du gibst nicht auf und machst weiter." Als sie Gold gewonnen hatte, nannte sie als einen Grund dafür auch ihren Glauben an Gott. "Ich war so in dem Moment. Ich habe mir gesagt: Hab einfach Glaube und stoß, soweit du kannst."
4x100 m: DLV-Frauen-Staffel läuft auf Rang drei
"Mit uns muss man definitiv rechnen. Wir brauchen uns nicht zu verstecken", hatte Gina Lückenkemper nach dem erfolgreichen Vorlauf der deutschen 4x100-m-Staffel (42,15 Sek.) gesagt. Im olympischen Finale hielt die Berlinerin mit ihren Teamkolleginnen Alexandra Burghardt (Burghausen), Lisa Mayer und Rebekka Haase (beide Wetzlar) gegen starke Konkurrenz dann tatsächlich Wort und sprintete zu Bronze. "Wir haben es einfach allen gezeigt, wir haben unser Herz hier gerade eben alle auf der Bahn gelassen und gemeinsam eine starke Teamperformance abgeliefert", sagte Lückenkemper im Sportschau-Interview.
In Saisonbestzeit von 41,97 Sekunden musste sich das DLV-Quartett nur den schnellen Amerikanerinnen (41,78) und den Britinnen (41,85) geschlagen geben. Beim letzten Wechsel trat Haase bei der Übernahme des Stabes von Lückenkemper auf die Markierung der Laufbahn. Das Ergebnis wurde aber nicht beanstandet, weil die DLV-Läuferin die direkt neben ihre laufende Konkurrentin Daryll Neita aus Großbritannien nicht behindert hatte.
Mayer: "Das war wirklich eine Willensleistung"
"Wir laufen schon zehn Jahre zusammen Staffel, wir waren schon so oft so nah dran. Es war einfach nur eine Frage der Zeit. Es war uns allen klar, dass es heute klappt", sagte Burghardt im Sportschau-Interview. "Das war wirklich eine Willensleistung", ergänzte Mayer. "Wir hatten auch das Quäntchen Glück auf unserer Seite und haben die Medaille mit nach Hause genommen", stimmte Haase in den Chor der glücklichen Stimmen ein. Das Quartett betonte, dass auch die beiden Ersatzläuferinnen Sophia Junk (kam im Vorlauf zum Einsatz) und Lisa Marie Kwayie großen Anteil am gemeinsamen Erfolg haben.
Erste Staffel-Medaille der deutschen Frauen seit 1988
Zuletzt hatte das Frauen-Quartett aus der damaligen DDR 1988 in Seoul mit Silber eine olympische Staffel-Medaille für Deutschland gewonnen. Die Staffel der BRD hatte vor 36 Jahren Rang vier belegt.
2021 in Tokio waren die deutschen Frauen auf Platz fünf gelaufen, bei der WM im vergangenen Jahr in Budapest auf Rang sechs. Bei der EM in Rom in diesem Jahr gingen die Europameisterinnen von 2022 als Vierte leer aus.
Dreisprung: Heß springt im Finale persönliche Bestleistung
Wie alle anderen Entscheidungen im Stade de France am Freitagabend war auch das Dreisprung-Finale der Männer eine packende und knappe Angelegenheit. Aus deutscher Sicht überzeugte Max Heß aus Chemnitz, der mit 17,38 persönliche Bestleistung unter freiem Himmel sprang und damit in einer starken Konkurrenz Siebter wurde. "Ich bin mehr als zufrieden. Seit acht Jahren stand meine Bestleistung bei 17,20 m. Ich bin überglücklich, die Platzierung ist am Ende scheißegal. Da geht kaum mehr", sagte Heß im Sportschau-Interview.
Gold sicherte sich mit zwei Zentimetern Vorsprung Jordan Alejandro Diaz Fortun aus Spanien mit seinem Sprung auf 17,86 m vor dem Portugiesen Pedro Pichardo (17,84). Bronze gewann Andy Diaz Hernandez aus Italien (17,64).
4x100 m Männer: USA nach missglücktem Wechsel disqualifiziert
Im Staffel-Rennen der Männer gab es eine faustdicke Überraschung: Die favorisierten US-Amerikaner verpatzten den ersten Wechsel von Christian Coleman zu Kenneth Bednarek und kamen nur als Siebte ins Ziel. Später wurden sie noch disqualifiziert. Von dem Missgeschick der USA profitierte das Quartett aus Kanada, dass mit Schlussläufer Andre De Grasse in 37,50 Sekunden zum Olympiasieg sprintete. Südafrika gewann Silber (37,57) knapp vor den Briten (37,61). Die Italiener, in Tokio noch mit Gold dekoriert, gingen als Vierte leer aus. Die deutsche Staffel hatte im Vorlauf den Einzug ins Finale verpasst, 2021 war sie Fünfte geworden.
400 m Frauen: Weltmeisterin Paulino gewinnt in Olympia-Rekordzeit
Über 400 m der Frauen lief Weltmeisterin Marileidy Paulino aus der Dominikanischen Republik einen Favoritensieg nach Hause: Die 27-Jährige gewann in olympischer Rekordzeit von 48,17 Sekunden. Salwa Eid Naser aus Bahrain musste sich in 48,53 Sekunden mit Silber begnügen, auf Platz drei lief die Polin Natalia Kaczmarek (48,98) ins Ziel. Die zweimalige Olympiasiegerin Shaunae Miller-Uibo von den Bahamas hatte es nicht ins Finale geschafft.
10.000 m Frauen: Kenianerin Chebet gewinnt zweites Gold
Beatrice Chebet hat nach Gold über 5000 m auch den Olympiasieg über die doppelt so lange Strecke für ihr Land Kenia geholt. In einem bis zum Schluss spannenden Rennen über 25 Runden im Stade de France hatte sie im Spurt um die Medaillen die besseren Reserven als die Konkurrenz. In 30:43,25 Minuten lief sie ganz knapp als Erste ins Ziel. Silber gewann die Italienerin Nadia Battocletti in Landesrekordzeit von 30:43,35 Minuten. Dritte wurde Sifan Hassan aus den Niederlanden (30:44,12).
400 m Hürden Männer: Benjamin gewinnt vor Tokio-Sieger Warholm
Was für ein Finish von Rai Benjamin: Nachdem der US-Amerikaner im Finale über 400 m Hürden lange gleichauf liegt mit Tokio-Olympiasieger Karsten Warholm aus Norwegen, setzt er sich am Ende doch noch entscheidend ab. In 46,46 Sekunden gewinnt dieses Mal er Gold - vor drei Jahren hatte er sich noch mit Silber begnügen müssen. Warholm kommt in 47,06 Sekunden ins Ziel, auf Platz drei wird der Brasilianer Alison dos Santos (47,26) als Bronzemedaillen-Gewinner in die olympische Geschichte eingehen. Joshua Abuaku (Frankfurt) und Emil Agyekum (Berlin) waren im Halbfinale ausgeschieden, bereits im Hoffnungslauf kam das Aus für Constantin Preis (Sindelfingen).