Olympische Spiele in Paris 5. Team-Gold: China bleibt die Übermacht im Tischtennis
Die schwedische Mannschaft um Silbergewinner Truls Möregardh bot den Chinesen im olympischen Finale von Paris einen mitreißenden Kampf. Der 3:0-Sieg wirkt deutlicher, als er war. Doch China bleibt Dauer-Olympiasieger.
Von den 6.400 Fans in der South Paris Arena 4 kam am Freitagnachmittag die große Mehrheit aus China und sie sorgte mit orchestriertem Gesang und Geschrei für eine ohrenbetäubende Kulisse. Inmitten der schwedischen Fans hatte sich König Carl Gustaf als Unterstützer gesellt - und der sollte einen mitreißenden Kampf seines Tischtennis-Teams miterleben.
Die schwedische Mannschaft gab sich alle Mühe, in diesem olympischen Finale zum Spielverderber zu werden - die Aufgabe hätte aber kaum schwieriger sein können. Mit China stand ihnen der absolute Dominator im Tischtennissport gegenüber. Und der sollte am Ende wieder obenauf bleiben, obwohl der 3:0-Sieg deutlicher klingt, als er war. Jedes Duell ging in den Entscheidungssatz. Schweden hatte China eine echte Höchstleistung abverlangt.
China zeigte erstmals leichte Schwäche
Seit der Team-Wettbewerb 2008 bei den Spielen in Peking eingeführt worden war, hatte sich China alle vier olympischen Goldmedaillen (2008, 2012, 2016, 2020) geschnappt. 2008 war auch das letzte Mal, dass kein Chinese den Olympiasieg im Einzel geholt hatte. Der Rest der Welt muss sich im Tischtennis meist mit Platz zwei begnügen – wenn überhaupt.
Mit dem "Drachen" Ma Long haben sie, obwohl inzwischen 35 Jahre alt, den wohl besten Spieler aller Zeiten in ihren Reihen. Fan Zhendong hat in Paris Gold im Einzel gewonnen, Wang Chuqin dominiert als Nummer eins der Welt die Szene. Doch in Paris hatte ihre Übermacht erstmals kleine Risse bekommen. Wang schied im Einzel früh aus, Fan Zhendong stolperte fast im Viertelfinale. Der Rest der Welt war in dieser Olympia-Woche etwas näher herangerückt - und so witterte auch der amtierende Team-Europameister Schweden seine Chance.
Am Ende jubelte Wang Chuqin mit dem chinesischen Team und den Fans in der Halle.
Schweden zwingen das Doppel in Entscheidungssatz
Und direkt im Auftaktdoppel merkten die Chinesen, dass der Weg zum fünften Team-Gold kein Spaziergang werden würde. Ma Long und Wang Chuqin standen Anton Källberg und Kristian Karlsson gegenüber. Und den 0:6-Rückstand im ersten Satz drehten die Schweden noch mit einer furiosen Sieben-Punkte-Serie zum 9:7, der erste Satz ging an die Herausforderer.
In den nächsten beiden Sätzen dominierten die Chinesen wieder, bis sich die Schweden mit Weltklasseballwechseln in den Entscheidungssatz kämpften. Die Halle tobte. Doch einmal mehr war es Ausnahmespieler Ma Long, der besonders mit seiner einzigartigen Vorhand den Unterschied machte. Mit einem irrwitzigen Paradeschlag durch die Tischmitte besorgte er den 3:2 (8:11, 11:4, 11:3, 6:11, 11:7)-Sieg für China. Der "Drache" hatte sich noch einmal aufgebäumt und der Jubel explodierte.
Möregardh gelingt die Revanche nicht
Die Schweden waren dran, für den Sieg aber reichte es knapp nicht. Nun lag es an Schwedens Nummer eins Truls Möregardh, das Duell auszugleichen. Im Einzel hatte er Wang Chuqin aus dem Turnier befördert und im Finale um Gold Fan Zhendong einen harten Kampf geboten, den der 22-Jährige mit 1:3 verlor. Umso mehr wollte der Schwede die Revanche - und sie sollte fast gelingen.
In einer spektakulären Partie, in der sich beide die Bälle mit bis zu 170 Kilometer pro Stunde entgegen hämmerten und teils atemberaubende Ballwechsel auf den Tisch zauberten, war Fan Zhendong gezwungen, sein allerbestes Tischtennis auszupacken. Denn Möregardh gab keinen Millimeter nach. Den ersten Satz hatte sich der Schwede mit 12:10 geschnappt, der vierte wurde zum Knackpunkt.
Wang Chuqin muss zittern
Mit einer unglaublichen Hochgeschwindigkeitsrallye wehrte Möregardh den Matchball ab und konterte zum Satzgewinn. Im Entscheidungssatz demonstrierte Fan Zhendong jedoch, warum er jahrelang die Weltrangliste angeführt hatte und behielt beeindruckend die Nerven. Möregardh konnte nicht mehr genug Konstanz in seine Schläge bringen und so gewann der Chinese erneut, dieses Mal mit knapp 3:2 (10:12, 11:8, 11:9, 11:13, 11:5).
Mit dem schweren 0:2-Rückstand ging danach Karlsson gegen Wang Chuqin an den Tisch. Und die Nummer 61 der Welt gab sich als Außenseiter nicht kampflos geschlagen. Nachdem der Chinese die ersten beiden Sätze diktiert hatte, kippte mit dem abgewehrten Matchball im dritten Durchgang auf einmal die Partie. Karlsson gewann nicht nur den dritten Satz, der 33-Jährige glich sensationell in den Sätzen aus. Die Halle hielt es nicht auf den Sitzen.
Schwedens Truls Möregardh streckte sich gegen Fan Zhendong gewaltig, musste sich aber 2:3 geschlagen geben.
Doch auch im dritten Duell war Schweden zwar dran, der entscheidende Push gelang aber nicht. Und so demonstrierte der Beste der Welt am Ende angepeitscht von den tosenden Fans in der Halle seine Stärke und holte den 3:2 (11:9, 11:5, 10:12, 10:12, 11:2)-Sieg und damit Gold. Auch der schwedische König Carl Gustaf konnte nur anerkennend applaudieren.