Yemisi Ogunleye überraschte sich mit ihrer Weite selbst.

Kugelstoßerin bleibt Spitze Yemisi Ogunleye - eine Olympiasiegerin etabliert sich

Stand: 09.02.2025 22:21 Uhr

Das Jahr 2024 war für Yemisi Ogunleye das erste in der Weltspitze im Kugelstoßen. Dass die Olympiasiegerin keine Eintagsfliege ist, stellt sie aktuell eindrucksvoll unter Beweis.

Von Sebastian Hochrainer, Düsseldorf

Yemisi Ogunleye schien es selbst nicht so richtig glauben zu können. Als sie beim ISTAF in Düsseldorf die Kugel im zweiten Versuch 19,78 Meter weit stieß, schaute sie mit großen Augen in die Zuschauermenge und zuckte mit den Schultern, als wollte sie rhetorisch fragen: "Was ist denn hier los?"

Erst zweimal hat Ogunleye weiter gestoßen

Ogunleye selbst gab im gesamten Wettkampf die Antwort: Es war eine Machtdemonstration der Olympiasiegerin. Zwei Tage zuvor hatte sie sich in Karlsruhe noch mit Rang vier und 19,49 Metern zufriedengeben müssen. In Düsseldorf wurde Ogunleye nicht nur überlegen Erste (all ihre gültigen Versuche hätten zum Sieg gereicht), sie knackte dazu viermal die 19-Meter-Marke und stellte eine neue Saisonbestleistung auf.

Die Paris-Triumphatorin ist wieder da - und sie machte beim ISTAF nochmal ganz deutlich, dass ihre Errungenschaften im vergangenen Jahr, als sie auch Silber bei der Hallen-WM und Bronze bei der EM im Freien holte, keine Ausrutscher waren. Dabei ist es das eine, überraschende Erfolge zu feiern, noch viel schwieriger ist es aber, diese zu bestätigen. Und auf diesem Weg befindet sich Ogunleye.

Ogunleye: Ein riesiger Stein vom Herzen gefallen

"Nach so einem Olympiasieg ist es erstmal die Kunst, wieder in den Ring zu steigen und an die Leistungen des vergangenen Jahres anzuknüpfen. Das war die größte Herausforderung, und die haben mein Trainerteam und ich mit Bravour gemeistert", sagte Ogunleye: "Das ist natürlich ein riesiger Stein, der da einem vom Herzen fällt."

Die Zweifel, die es gegeben haben könnte, scheinen unbegründet, in Düsseldorf erzielte sie die drittbeste Weite ihrer Karriere, davor in Karlsruhe war sie auch schon weltklasse. Ihre drei Kontrahentinnen mit Stößen über 20 Metern waren aber außergewöhnlich gut an dem Tag. Abgesehen von Ogunleye und dem Trio, das sie am vergangenen Freitag geschlagen hat, ist es noch keiner Frau in diesem Jahr gelungen, über 19 Meter zu stoßen.

Yemisi Ogunleye zeigte beim ISTAF in Düsseldorf ihre Klasse.

Yemisi Ogunleye zeigte beim ISTAF in Düsseldorf ihre Klasse.

Die Leichtathletik-WM in Tokio ist ihr neues Ziel

"Ich bin total zufrieden. In den vergangenen Jahren waren 19 Meter für mich schwer zu übertreffen, jetzt so eine Konstanz sogar über 19,50 Meter zu haben, ist enorm. Ich bin gespannt, was bei den Höhepunkten in diesem Jahr noch so geht", sagte Ogunleye. Ob sie bei der Hallen-WM im März an den Start geht, ist offen, das Saisonhighlight steigt im September in Tokio bei der WM im Freien. Da soll es wieder eine deutsche Medaille im Kugelstoßen geben.

"Unser Ziel ist es immer, bei den Höhepunkten weit zu stoßen. Ich will da ganz klar vorne mitmischen", sagte Ogunleye: "Es ist eine neue Ausgangssituation, viele Athletinnen gehen mit einem anderen Gefühl in die Saison. Und ich habe eine Leichtigkeit, weil ich niemandem etwas beweisen muss. Dieser Olympiasieg bleibt, den muss man auch nie verteidigen, finde ich. Mit diesem Rückenwind gehe ich rein und will mich vorne platzieren."

Ogunleye genießt einen besonderen Moment

Und was so ein Olympiasieg noch bewirkt, hat Ogunleye in Düsseldorf eindrucksvoll erleben dürfen. Die Zuschauer feierten sie minutenlang, als sie für ihren letzten Versuch an den Ring trat. Sie genoss die Szenerie, die Menschen klatschten für sie, es lief ihr Lied, das sich jede Athletin für ihre Versuche aussuchen konnte und dann eingespielt wurde. Das Lied heißt "Goodbye Yesterday" (Deutsch: "Tschüss gestern") und stammt von der Band Elevation Rhythm.

Ogunleye stand vor dem Stoßring und sang ihr Lied mit, ging dann in den Kreis, lachte dort glücklich. Dann stieß sie ein letztes Mal - die Kugel flog wieder weit, aber sie machte den Versuch ungültig, weil sie nicht mehr einen 20-Meter-Stoß für den ISTAF-Sieg brauchte. Ogunleye mag sich vom Gestern verabschiedet haben - ihr Heute und die Zukunft scheinen aber mindestens ähnlich erfolgreich zu werden.