Handball-WM 2023 Deutschlands Gegner Katar - die unangenehme Erinnerung
WM-Spiele gegen Katar - das war in der Vergangenheit für die DHB-Auswahl keine schöne Erfahrung. Die ganz große individuelle Klasse hat der erste deutsche Gegner aber nicht mehr im Kader.
"Wie schlägt man eigentlich Katar?" DHB-Sportvorstand Axel Kromer wollte im Medientermin am Dienstag auf diese Frage zu Deutschlands erstem Gegner im heutigen WM-Spiel (13.01.2023, live im Audiostream) nicht antworten. Er gab die Frage an den später dazustoßenden Bundestrainer Alfred Gislason.
Einen Blick in die Vergangenheit erlaubte Kromer sich dann aber doch. In seiner Zeit als Co-Trainer der Nationalmannschaft von 2014 bis 2017 traf das DHB-Team in gleich zwei WM-Pflichtspielen auf Katar. Einmal im WM-Viertelfinale 2015 und einmal im WM-Achtelfinale 2017.
Beide Partien gingen verloren, zweimal endete der Traum der deutschen Handballer früher als erhofft. Was Kromer mit dieser Gedankenreise sagen wollte, drückte er danach auch nochmal deutlich aus: Man solle Katar bitte nicht als Laufkundschaft betrachten.
Katars Kader - viele eingebürgerte Topspieler
Die Handball-Geschichte des Wüstenstaats ist in der Handballwelt ziemlich bekannt, weil außergewöhnlich: Vor der Heim-WM 2015 bürgerte man kurzerhand einige Topspieler ein - was im Handball deutlich leichter ist als beispielsweise im Fußball - und ging mit einem sehr international aufgestellten Nationalteam an den Start.
Zarko Markovic, die Torhüter Danijel Saric und Goran Stojanovic, der gebürtige Kubaner Rafael Capote und der in Frankreich geborene Bertrand Roine sind einige Beispiele aus dem damaligen Aufgebot. Sportlich stellte sich angesichts dieser starken Mannschaft und des Heimvorteils sofortiger Erfolg ein: Die Kataris holten die Silbermedaille.
Katars Capote besiegelte Ende von Deutschlands WM-Hoffnungen
Auf dem Weg dorthin schaltete man eben auch die DHB-Auswahl aus. Bester Torschütze im Spiel gegen die Deutschen war Rückraumspieler Capote mit acht Toren. Zwei Jahre später im WM-Achtelfinale war es wieder Capote, der diesmal mit neun Treffern das Ende der Titelhoffnungen der Deutschen besiegelte.
Kromer dürfte sehr daran gelegen sein, nicht auch sein drittes WM-Spiel im Dienste des DHB gegen Capote zu verlieren - denn der ist zwar inzwischen schon 35 Jahre alt, aber immer noch der gefährlichste Rückraumschütze seines spanischen Trainers Valero Rivera, der seit 2013 im Amt ist.
Rafael Capote noch wichtiger, weil Frankis Marzo fehlt
Er braucht Capote umso mehr, weil der ebenfalls einst für Kuba spielende Frankis Marzo, der bei den vergangenen beiden WM-Turnieren im Rückraum der erfolgreichste Werfer war und 2021 sogar Torschützenkönig wurde, offenbar aufgrund von Unstimmigkeiten, kurzfristig nicht dabei ist.
Bundestrainer Alfred Gislason gab, als er dann später ausführlich über den kommenden Gegner sprach, zu, dass er Teile seines Videomaterials zum Gegner "wegwerfen" musste, als er davon erfuhr, dass Marzo nicht dabei sein würde.
Marzo sei ein "sehr sehr guter Spieler" für Katar gewesen und die Last im linken Rückraum liege nun mehr auf den Schultern von Capote. Das sei aber im ersten Spiel, in dem "jeder noch frisch" sei, nicht so ein großes Problem für die Kataris, die insgesamt auch in der Breite über einen "ganz guten" Kader verfügten, so der Bundestrainer weiter.
Wurfstark, robust - unangenehm eben
Die ganz großen internationalen Stars sind mittlerweile bis auf Capote allerdings nicht mehr Teil des Kaders. Am bekanntesten dürfte deutschen Handballfans Torhüter Anadin Suljakovic vorkommen, der seit 2019 bei der HSG Wetzlar unter Vertrag steht, dort aber die klare Nummer zwei hinter Till Klimpke ist. Ein Name, den Gislason ebenfalls nannte, als er über die erste Herausforderung für seine Auswahl im Turnier sprach, ist der von Ameen Zakkar - ebenfalls ein wurfstarker Rückraumspieler, auf den es für die deutsche Defensive zu achten gilt.
Nicht nur wegen der beiden unangenehmen Erinnerungen an 2017 und 2015 ist man sich im deutschen Lager trotz aller geäußerten Ambitionen letztendlich einig: Dieser Auftaktgegner ist keine Laufkundschaft. "Katar ist unangenehm zu bespielen. Sie kommen viel über ihre Wurfstärke und körperlich starke Spieler", stieß Kapitän Johannes Golla ins gleiche Horn wie Trainer und Sportvorstand.
Deutschlands Spiel gegen Katar - direkt enorm wichtig
Feststeht, dass Katar, das zuletzt fünfmal in Serie die Asienmeisterschaft gewann, nicht in die Kategorie "Exoten" oder zu den "Kleinen" gehört. Weil aber die individuelle Klasse von Akteuren wie Saric, Marzo oder Roine, die der Rivera-Sieben in der Vergangenheit oft enge Spiele rettete, nicht mehr in dieser Form zur Verfügung steht, ist die DHB-Auswahl der klare Favorit.
Weil Katar gemeinhin stärker sein sollte als Algerien, der dritte Gruppengegner der Deutschen, ist es durchaus wahrscheinlich, dass Katar gemeinsam mit dem DHB in die Hauptrunde einzieht. Und da die Punkte gegen die Gegner, die aus der Vorrunde gemeinsam die Hauptrunde erreichen, mitgenommen werden, ist auch dieses erste Spiel direkt enorm wichtig. Und niemand im deutschen Team will nachher (wieder) auf dieses Turnier zurückblicken und sagen: "Wir haben es gegen Katar vergeigt."