Schweiz, Nordmazedonien und Frankreich So stark sind die deutschen Gruppengegner bei der Handball-EM
In der Vorrunde der Handball-EM 2024 trifft das DHB-Team auf die Schweiz, Nordmazedonien und Frankreich. Drei Hürden, die doch unterschiedlich hoch sind.
Zum Auftakt trifft die Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason in der Düsseldorfer Arena auf die Schweiz. Es soll das Weltrekordspiel vor mehr als 50.000 Zuschauern werden. Ob sich diese gigantische Anzahl aber auch in entsprechendem Ausmaß auf die Stimmung auswirken wird, wird zumindest abzuwarten bleiben, schließlich lebt die Atmosphäre bei Sportarten wie Handball oder Basketball auch oftmals von einer gewissen Nähe und Enge der Fan-Ränge zum Spielfeld. In der Theorie sollte das DHB-Team zum Auftakt aber eine gewaltige Unterstützung von den Rängen erfahren.
Andy Schmid - Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Schweiz
Und die wird es auch brauchen. Denn Auftaktgegner Schweiz gehört zwar nicht zur absoluten Elite, hat aber zumindest das Zeug, zum Stolperstein zu werden. Der Hauptgrund dafür ist natürlich Andy Schmid. Der mittlerweile 40 Jahre alte Spielmacher ist deutschen Handballfans bestens bekannt, zwölf Jahre zog er bei den Rhein-Neckar Löwen die Fäden, wurde dabei mehrfach Spieler der Saison und zweimal deutscher Meister.
Mittlerweile spielt er für den HC Kriens-Luzern in der Heimat und, etwas kurios, übernimmt im Sommer das Traineramt der "Nati" und beerbt damit Michael Suter, der seit 2016 im Amt ist.
Zehnder, Rubin, Portner - drei Top-Bundesligaspieler
Vor allem im linken Rückraum und eben der Spielmacherposition sind die Schweizer stark besetzt. In Manuel Zehnder vom ThSV Eisenach spielt der aktuell beste Torschütze der Handball-Bundesliga für die Schweiz und auch Wetzlars Lenny Rubin, ebenfalls Halblinks, ist in der Top 10 der Bundesligatorschützen zu finden.
Im EM-Qualifikationsspiel gegen Geheimfavorit Ungarn zeigten die Eidgenossen ihr Potenzial, führten im ersten Durchgang zwischenzeitlich mit 17:14, konnten dann aber defensiv gegen die physischen Ungarn nicht mehr ganz mithalten und verloren am Ende etwas zu deutlich mit 32:27 - dem Trio Schmid, Rubin und Zehnder gelangen 20 der 32 Treffer.
Im Tor steht in Nikola Portner vom SC Magdeburg ein absoluter Topmann, der gerade von den Außenpositionen schwer zu bezwingen ist. Insgesamt haben zehn Spieler im 20er-Aufgebot Deutschland-Erfahrung - das ganz große internationale Topniveau verkörpern aber nur wenige.
Das macht die Schweiz zwar etwas leichter auszurechnen als andere Gegner im Turnier, und auch die Defensive dürfte für die DHB-Auswahl durchaus die ein oder andere Möglichkeit bereithalten, über den Rückraum zu Torerfolgen zu kommen. Aber an einem Tag in Topform ist die Schweiz ein nicht zu unterschätzender Auftaktgegner, zumal Schmid bei seinem letzten großen Turnier als Aktiver wohl besonders motiviert sein dürfte.
Nordmazedonien - Außenseiter mit viel Kampfkraft
Der Star der Nordmazedonier sitzt auf der Bank - Kiril Lazarov war über 20 Jahre das Gesicht und die große Stärke der Nationalmannschaft seines Landes, ehe er, ganz logisch, ihr Trainer wurde. Mit Torhüter Borko Ristovski, Kreisläufer Stojance Stoilov oder Linksaußen Dejan Manaskov hatte Lazarov im Laufe seiner aktiven Zeit immer wieder gute Mitspieler, 2012 gelang sogar mal der fünfte Platz bei der Europameisterschaft. Von einer solchen Mannschaft sind die Nordmazedonier aber aktuell weit entfernt. Bei der letzten EM wurde man, auch schon unter Lazarovs Regie, 22., bei der WM 2023 landete man auf Rang 27.
In der Qualifikation unterlag das Team zweimal relativ klar gegen Portugal, hielt die Niederlage aber zumindest in Grenzen. Denn Kampfkraft und Physis hat die Mannschaft nach wie vor. Es ist ein eher "traditioneller" Handball, den das Team um die beiden Rückraum-Rechtshänder Filip Taleski und Filip Kuzmanovski spielt. Geradlinig, physisch und gestützt auf gute Torhüter wie Routinier Nikola Mitresvki.
Normalerweise dürfte das DHB-Team sich in der Partie am 14. Januar kaum überraschen lassen, das ein oder andere Rückraumtor von den mit Bundesliga-Erfahrung ausgestatteten Taleski oder Kuzmanovski ist nicht zu verhindern. Ansonsten sollte die Defensive es den Nordmazedoniern aber schwer genug machen können, um "leichte" Gegenstoßtore zu erzielen und das körperlich aufreibende Spiel gegen die stehende Abwehr der Lazarov-Sieben immer mal wieder zu vermeiden.
Frankreich - der ewige Topfavorit
Seit Jahren prophezeien Handball-Experten und -Fans einen Leistungseinbruch bei Frankreichs Handballern. Schließlich sei Starspieler XY mittlerweile nicht mehr aktiv und Routinier XYZ sei in die Jahre gekommen. Aber die Franzosen produzieren eben auch in den jüngeren Jahrgängen weiter gute Handballer und sind auf jeder Position weltklasse oder sogar doppelt auf Weltklasseniveau besetzt.
Auf wirklich jeder Position? Im Tor fehlt Vincent Gerard verletzungsbedingt und der Kieler Samir Bellahcene und das Montpellier-Gespann Remi Desbonnet und Charles Bolzinger sind allesamt gute Keeper, haben aber das absolute Top-Niveau noch nicht konstant über mehrere Jahre abgerufen. Wohlwissend hat Trainer Guillaume Gille auch gleich alle drei nominiert, ganz nach dem Motto: Einer wird schon einen guten Tag haben. So einen hatte übrigens Desbonnet im WM-Viertelfinale 2023 gegen Deutschland.
Die Franzosen können dank ihrer enormen Kadertiefe vor allem jederzeit jede Schwächephase des Gegners gnadenlos ausnutzen. In besagtem Viertelfinale 2023 spielte das DHB-Team gut mit, führte Mitte des ersten Durchgangs mit 11:7 und war bis zum 24:26 absolut im Spiel.
Dann gab es ein paar leichte Fehler und die Franzosen, die auch ihre Leistungsträger Dika Mem und Co. immer wieder auswechseln konnten, zogen in wenigen Minuten davon. Keine zehn Minuten später stand es 25:32 und die Partie war entschieden. Auch in diesem Jahr gilt: Gegen Frankreich braucht Deutschland ein nahezu perfektes Spiel, um die zwei Punkte mitzunehmen.