Favoriten und Abstiegskandidaten Berlin, Kiel, Flensburg - wer kann Meister Magdeburg stürzen?
Die neue Handball-Bundesliga-Saison steht in den Startlöchern. Wer spielt um den Titel? Wer kämpft gegen den Abstieg? Sportschau-Experte Dominik Klein wagt einen Blick in die Glaskugel.
Topfavoriten in der Bundesliga - Magdeburg und Berlin
An der Tabellenspitze erwartet Dominik Klein ein Déjà-vu: "Man muss an Berlin und Magdeburg vorbei, wenn man etwas mit dem Titel zu tun haben will", so der Weltmeister von 2007. In der vergangenen Saison feierte der SC Magdeburg die deutsche Meisterschaft. Fünf Punkte dahinter wurden die Füchse Berlin Vizemeister. Die beiden Klubs könnten auch in dieser Saison wieder das Maß der Dinge werden.
Und das obwohl der SCM mit Verletzungssorgen zu kämpfen hat: Rechtsaußen Tim Hornke und Rückraumspieler Felix Claar kamen verletzt von den Olympischen Spielen in Paris zurück. Zum SCM stoßen wird dagegen Manuel Zehnder.
Für Klein einer der Top-Transfers des Sommers: "Zehnder ist Torschützenkönig der letzten Saison und passt genau zu Trainer Bennet Wiegerts Spielsystem. Magdeburg wird auch langfristig zu den ganz Großen zählen, weil Bennet Wiegert langfristig denkt. Wiegert ist in führender Position am Spielfeldrand, aber auch im Hintergrund ein großer Vorteil für den Verein."
Beim Supercup am vergangenen Wochenende ging der erste Titel der Saison allerdings an Berlin. Für Mathias Gidsel, aktuell einer der besten Handballer der Welt, nur der Anfang: "Wir wollen versuchen, jeden Titel zu holen. Ich glaube, dieses Jahr haben viele Mannschaften eine Chance, deutscher Meister zu werden, aber das ist unser Ziel", sagte er nach dem Supercup.
HBL: Verfolger aus dem Norden
Direkt hinter dem SCM und den Füchsen sieht Klein die beiden Nordklubs: den THW Kiel und die SG-Flensburg-Handewitt. "Der Transfer von Andreas Wolff im Tor ist ein klares Zeichen, dass der THW Kiel den Anspruch hat, ein Wörtchen um die Meisterschaft mitzureden", so Klein, der selbst zehn Jahre für die Kieler spielte.
Mit der Verpflichtung des Nationalkeepers reagiert der THW auf Schwächen in der vergangenen Saison. "Sie haben da auch wirklich Geld in die Hand genommen, um die Stärke wieder zurückzuholen."
Dennoch: Der THW befindet sich in einem Umbruch, muss neue Spieler wie Lukas Zerbe, Bence Imre und Emil Madsen integrieren und gleichzeitig verletzungsbedingt auf mehrere Spieler verzichten, darunter im Rückraum auf Harald Reinkind und im Tor auf Tomas Mrkva. "Kiel hat eine herausfordernde Bundesliga-Saison vor sich", so Klein.
Bei der SG Flensburg-Handewitt ist Niclas Kirkelokke im rechten Rückraum zusammen mit Co-Trainer Anders Eggert die einzige Neuverpflichtung. Die beiden Dänen passen ins Konzept der Flensburger, die für ihre schnelle "dänische" Spielweise bekannt sind. Insgesamt acht Spieler im Flensburger Kader kommen aus Dänemark, fünf von ihnen waren in Paris dabei und kommen mit Olympia-Gold zurück zum Verein.
Kampf um die internationalen Plätze - Gummersbach nicht vergessen
Ein Quartett aus Melsungen, den Rhein-Neckar-Löwen, Hannover und Gummersbach wird hinter den Titelkandidaten und Champions-League-Anwärtern um die internationalen Plätze kämpfen, vermutet Klein. Platz eins und zwei lösen das Champions League Ticket, Platz drei bis sechs qualifizieren sich für die European League. "Diese vier Teams können den Top-Teams immer wieder ein Bein stellen, so wie sie es vergangene Saison auch schon gemacht haben."
Die Löwen haben ihren Kader nach einer enttäuschenden Saison im Sommer personell neu aufgestellt. Neun Spieler haben den Verein verlassen, sechs Spieler stoßen dazu, darunter Nationalspieler Sebastian Heymann.
Besonderes Augenmerk legt Handball-Experte Klein aber auch auf den VfL Gummersbach, der in dieser Saison das erste Mal seit zwölf Jahren wieder international spielt. "Der VfL entfacht in seiner Region gerade eine Euphorie. Die harte Arbeit von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson wird belohnt."
Das zieht hochkarätige Spieler zum Altmeister: Kentin Mahé, Welt- und Europameister und Olympiasieger mit Frankreich und der kroatische Keeper Dominik Kuzmanovic verstärken Gummersbach zur neuen Saison. "Das kann eine der spannendsten, abwechslungsreichsten und ausgeglichensten Bundesliga-Saisons der Geschichte werden. Das ist mein Gefühl, wenn ich mir die ganzen Entwicklungen und Neuzugänge anschaue: Jeder schraubt am Optimum", freut sich Klein.
Mittelfeld - Ambitionen bei Leipzig, Lemgo und Co.
Das "ambitionierte Mittelfeld" bilden mit "viel positiver Ungeduld" Leipzig, Erlangen, Göppingen, Lemgo und auch der HSV Hamburg, prophezeit Klein: "Diese Teams wollen angreifen, wollen in die obere Tabellenhälfte und rechnen sich für ihre Möglichkeiten ein bisschen was aus."
Für Wetzlar und Stuttgart werde es vor allem darum gehen, möglichst schnell Punkte zu sammeln, um frühzeitig nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben. "Diese drei Teams haben mehr Anspruch, als sich am Ende der Saison mit dem Abstieg beschäftigen zu müssen. Sie wollen zeitig in ruhige Fahrwasser kommen, um an ihrer Entwicklung zu arbeiten."
Auch wenn Eisenach bei vielen als Abstiegskandidat gilt, sieht Klein Potenzial für mehr: "Die letzte Saison hat gezeigt, dass man sie mit ihrer Vereinsphilosophie und ihrem Willen auch etwas höher einordnen kann." Die vergangene Saison beendete der letztjährige Aufsteiger auf Tabellenplatz 14.
Abstiegskampf - hartes Brot für die Aufsteiger
Die Aufsteiger zählen in der HBL eigentlich immer zu den ersten Abstiegskandidaten. "Potsdam und Bietigheim werden sich bemühen, den Kampf um den Klassenerhalt zu bestehen, aber auch versuchen, in gewisser Weise die Liga zu genießen“, meint der Sportschau-Experte. Für viele Spieler ist es das erste Mal, dass sie Bundesligaluft schnuppern können. Für sie ist es eine Chance, den nächsten Schritt in ihrer Karriere zu machen und ins Blickfeld größerer Vereine zu geraten.