Mit Toptalenten gegen Georgien Startschuss für die goldene Generation der Türkei?
Bei der EM 2024 gilt die Türkei noch als Außenseiter. Talente wie Arda Güler und Kenan Yildiz lassen das Land aber von einer großen Fußballzukunft träumen.
Schon vor einem Jahr hatte Toni Kroos so eine Ahnung, als er Arda Güler als neuen Mitspieler bei Real Madrid kennenlernte. "Man muss wirklich sagen, dass er für sein Alter ein großes Talent ist. Er hat ein sehr, sehr feines linkes Füßchen. Das wird man noch häufig sehen. Er hat einen super Linksschuss, ist technisch gerade auf engem Raum wirklich herausragend gut", sagte der DFB-Star damals in seinem Podcast "Einfach mal Luppen".
Güler will sich gegen die Real-Stars durchsetzen
Zeigen konnte das Güler bei den "Königlichen" nur in zwölf Spielen über insgesamt 440 Minuten. Verletzungen und die riesige Konkurrenz verhinderten mehr. Diese geringe Einsatzzeit reichte aber, um sechs Tore zu erzielen.
"Er hat nicht die Minuten bekommen, die er verdient hätte. Aber mit seiner guten Einstellung, seiner Art zu arbeiten und seiner Entschlossenheit kann er jederzeit spielen", sagte sein Trainer Carlo Ancelotti.
Was Gülers Charakter unterstreicht: Eine Leihe ist für ihn kein Thema, er will sich mit Vinicius Jr., Rodrygo, Jude Bellingham und nun auch Kylian Mbappé messen, von ihnen lernen, sie aber auch hinter sich lassen. "Ich will eine Legende dieses Klubs werden. Wenn Real Madrid mir die Chance gibt, zum Einsatz zu kommen, werde ich sie nutzen", sagte der 19-Jährige.
Arda Güler von Real Madrid jubelt nach einem Treffer
Güler: EM-Erfolg von 2008 wiederholen
In der Champions League kam Güler sogar gar nicht zum Einsatz, hat aber trotzdem Historisches geschafft. Er ist der erste Titelträger aus der Türkei in der Königsklasse.
Dort ist er aber nicht deswegen schon eine große Nummer. Er ist das Aushängeschild einer Generation, die das Zeug haben könnte, an die Erfolge der 2000er-Jahre anzuknüpfen, als sein Heimatland noch vor seiner Geburt 2002 WM-Dritter wurde und es 2008, als Güler drei Jahre alt war, ins EM-Halbfinale geschafft hat.
"Jedes Kind träumt natürlich davon, für die türkische Nationalmannschaft zu spielen und bei einer EM dabei zu sein. Als Kind haben wir uns immer die Höhepunkte der EM 2008 angesehen, das war eine unglaubliche Leistung - und ich hoffe, dass wir sie wiederholen können", sagte Güler im Sportschau-Interview vor dem Auftakt seines Teams am Dienstag (18.06.2024, 18.00 Uhr, Radioreportage und Liveticker) gegen Georgien.
Yildiz und Kilicsoy auch schon auf Top-Niveau
Güler ist nicht der einzige Youngster, der schon jetzt angreifen will, vor allem aber in den nächsten Jahren die Türkei wieder zu einer großen Nummer im internationalen Fußball machen könnte. Kenan Yildiz von Juventus Turin hat die deutsche Nationalmannschaft Ende 2023 schon zur Weißglut getrieben, Semih Kilicsoy hat in der heimischen Süper Lig bei Besiktas gerade für Furore gesorgt.
Auch diese beiden Spieler sind noch keine 20 Jahre alt und ein türkisches Zukunftsversprechen. Ebenso der Noch-Nürnberger Can Uzun, der es nicht in den finalen Kader geschafft hat.
Calhanoglu bleibt der Anführer
Und diese Teenager werden in den nächsten Jahren auch qualitativ hochwertige Begleiter haben. Torhüter Altay Bayindir (Manchester United), die starken Verteidiger Merih Demirel (Al-Ahli SFC), Ahmetcan Kaplan (Ajax Amsterdam) und Ferdi Kadioglu (Fenerbahce) bilden ebenso ein starkes Gerüst wie die Mittelfeldspieler Salih Özcan (Borussia Dortmund), Ismael Yüksek (Fenerbahce) und Orkun Kökcü (Benfica Lissabon) sowie das Stürmerduo Kerem Aktürkoglu und Baris Alper Yilmaz von Galatasaray Istanbul. Keiner dieser Spieler ist älter als 26.
Die Zukunft ist verheißungsvoll und das Team dürfte auf Jahre zusammenwachsen können. Um aber bei dieser EM schon erfolgreich zu sein, braucht es die Stärke der erfahrenen Leute, vor allem von Hakan Calhanoglu. Der 30-Jährige soll seine hochtalentierten Vorderleute aus dem Mittelfeldzentrum heraus leiten, ihnen den nötigen Rückhalt geben, sollte ihr riesiges Talent noch nicht ausreichen, um auf der europäischen Bühne glänzen zu können.
Montella: "Unser Herz wird wichtig sein"
Die zweite große Aufgabe wartet auf Trainer Vincenzo Montella, der eine Mischung für den sofortigen Erfolg hinkriegen muss. Drei Spiele vor Schluss der EM-Qualifikation übernahm der Italiener den Job von Stefan Kuntz, um die Türkei zum Turnier zu bringen - und es gelang.
Vincenzo Montella ist der Trainer der türkischen Nationalmannschaft.
Und das ohne Güler, der aufgrund seiner Verletzungen Ende 2023 noch nicht bereit war. Mit ihm lief es in diesem Jahr sogar deutlich schlechter. Keines der vier Testspiele wurde siegreich bestritten, zu den drei Niederlagen gehörte ein 1:6 gegen Österreich.
Aber kein Grund zur Sorge für Montella, der auch mithilfe der vielen türkischen Fans einen erfolgreichen Start hinlegen will. "Jeder Fan erwartet, dass wir gewinnen, und das mache ich auch. Wir sind bereit", versprach der 49-Jährige: "Wir würden gerne unsere türkischen Mitbürger stolz machen und werden unsere Flagge bis zum Ende ehren. Unser Herz wird wichtig sein, und dass die Spieler bis zum Ende kämpfen." Das ist auch für eine goldene Generation der erste Schritt.