EM-Teamcheck, Gruppe F Türkei - Çalhanoğlu soll es richten
Auf dem früheren Leverkusener Hakan Çalhanoğlu ruhen große Hoffnungen der Türken. Der Star soll das junge Team bei der EM führen. Ozan Kabaks Verletzung ist für die "Halbmond-Sterne" aber ein heftiger Schlag ins Kontor.
Mit einem Durchschnittsalter von etwas über 25 Jahren ist das türkische Nationalteam eins der jüngsten unter den 24 Teilnehmer-Nationen. Nur Cenk Tosun (32) und Torwart Mert Günok (35) sind "Ü30", wenn man die anderen drei 30-Jährigen in dieser Statistik nicht dazuzählt.
Als größten Erfolg erreichten die Türken Platz drei bei der WM 2002 in Japan und Südkorea. Bei den kontinentalen Titelkämpfen steht der Halbfinaleinzug 2008 als bestes Ergebnis in der Chronik.
Ausgangslage
In der durchaus anspruchsvollen Qualifikationsgruppe setzte sich die Türkei als Erster gegen Kroatien und Wales durch. Dabei brachte der Trainerwechsel weg von Stefan Kuntz hin zu Vincenzo Montella einen Impuls, der die Türken im Herbst 2023 der Qualifikation ein deutliches Stück näherbrachte und gewissermaßen im Testsieg gegen die deutsche Nationalmannschaft gipfelte. Frei nach dem Motto: "Ein gutes Pferd springt nur so hoch wie es muss", war dies der letzte Erfolg der "Halbmond-Sterne" ("Ay-Yildizlilar"). Und: Gegen Österreich setzte es Ende März eine 1:6-Klatsche.
Im vorletzten Testspiel vor dem Turnierstart verletzte sich der Hoffenheimer Ozan Kabak schwer und fällt mit einem Kreuzbandriss für mehrere Monate aus. Kabak hatte sich zuletzt durch sehr ansprechende Leistungen im Verein einen Stammplatz in der Innenverteidigung der türkischen Nationalmannschaft erspielt. Sein Ausfall ist ein herber Verlust für das junge türkische Team.
Trainer
Trainiert wird die Türkei seit September 2023 von Vincenzo Montella. Der 49-Jährige ist Nachfolger von Stefan Kuntz.
Der frühere Angreifer der AS Rom feierte 2001 mit der "Roma" die italienische Meisterschaft, 2007 den Pokalsieg. In seiner Nationalmannschaftskarriere (20 Spiele, drei Tore) wurde Montella 2000 Vize-Europameister.
Sein größter Erfolg als Trainer war der italienische Supercup 2016 mit der AC Mailand. Eine kurze Stippvisite führte den heute 49-Jährigen (50. Geburtstag am 18.06., dem Spieltag gegen Georgien) über Sevilla nach Florenz und dann in die Türkei, wo er nach zwei Spielzeiten bei Adana Demirspor im September 2023 Nationalcoach wurde.
Sein Lieblings-Spielsystem ist 4-2-3-1, mit dem er sowohl Kroatien als auch Deutschland schlug - aber eben auch gegen Österreich unter die Räder kam. Auch bei den letzten Testspielen gegen Italien (0:0) und Polen (1:2) ließ er seine Mannschaft so starten.
Superstar
Nach seinem Wechsel von Bayer Leverkusen nach Italien zum AC und später dann zu Inter Mailand reifte der hochveranlagte Hakan Çalhanoğlu zum europäischen Topspieler. Bei Milan spielte er unter dem heutigen türkischen Chefcoach Montella.
Mit Inter feierte Çalhanoğlu dann endlich die ersten Titel: 2022 und 23 jeweils den Pokal- und Supercup-Sieg in Italien, 2024 folgte die ersehnte italienische Meisterschaft. 2023 im Finale der Champions League verpasste der jetzt 30 Jahre alte Türke den ersten großen internationalen Titel.
Çalhanoğlu ist in der türkischen Nationalmannschaft unumstritten der "Leitwolf", der mit viel Selbstbewusstsein in die EM geht. Angesichts der Stärke der Portugiesen dürfte sich die Türkei mit Tschechien einen intensiven Kampf um Platz zwei liefern. Georgien als dritter Gruppengegner sollte für die Türkei kein größeres Problem darstellen.
Players to watch
Die türkischen Fans freuen sich besonders auf das, was der Jahrgang 2005 an Spielern hervorgebracht hat. Mit Kenan Yildiz (Juventus Turin, ein Nationalmannschaftstor), Semih Kiliçsoy (Besiktas, 0) und Arda Güler (Real Madrid, 1) stehen einige Top-Talente im Kader, die vor ihrem ersten großen internationalen Turnier stehen.
Nice to know
Für viele Spieler der türkischen Nationalmannschaft ist die Europameisterschaft so etwas wie ein Heimspiel. "Für die türkischen Fans, die hier leben, ist das etwas ganz Besonderes, die Nationalmannschaft hier vor Ort und so nah bei sich zu haben", sagt Salih Özcan.
Rund 2,9 Millionen Menschen mit türkischem Migrationshintergrund leben in Deutschland. Özcan ist einer von ihnen. Der Sohn türkischer Eltern ist in Köln geboren und aufgewachsen. Der 26-Jährige ist bei Weitem nicht der einzige türkische Nationalspieler mit einem speziellen Bezug zu Deutschland. Defensivspieler Kaan Ayhan kommt aus Gelsenkirchen, Kenan Yildiz ist in Regensburg geboren, Çalhanoğlu stammt aus Mannheim.
So könnten sie spielen
4-2-3-1 - bloß mit welchem Personal? Montella probierte in seiner Amtszeit eine Vielzahl von Spielern aus. Nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Kabak scheint ausschließlich Kapitän Çalhanoğlu gesetzt. Dennoch gab es Namen, die immer wieder auftauchten - und sich für eine mögliche Startelf empfahlen. Mehr Klarheit wird nach dem letzten Härtetest gegen Mit-EM-Teilnehmer Polen herrschen.
Die Aufstellung der Türkei